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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Teil von ihm, und er nennt sie alle Augenblicke ›mein Leben‹, ›meine Seele‹, seine Stütze und seinen Stab –, der kann und muß sich für sie geißeln und allen nötigen Fleiß auf ihre Entzauberung wenden; aber daß ich mich geißeln sollte? Abernuncio.«
    Kaum hatte Sancho diese Worte gesprochen, als sich die silberne Nymphe erhob, die neben dem Geiste des Merlin saß, den durchsichtigen Schleier aufhob und ein Gesicht zeigte, welches allen mehr als überflüssig reizend erschien, mit männlichem Anstande und einer nicht zu zarten Stimme sich gerade gegen Sancho Pansa wandte und sagte: »O du nichtsnutziger Stallmeister, du gemeine Seele, du Felsenherz, du mit dem Gemüt von Kieseln, mit Eingeweiden von Feuerstein! Wenn man dir Spitzbuben, Henkersknecht beföhle, daß du dich von einem hohen Turme herabstürzen solltest; wenn man von dir, du Abschaum der Menschen, verlangte, daß du ein Dutzend Kröten, zwei Dutzend Eidechsen und drei Dutzend Schlangen essen solltest; wenn man dich überredete, dein Weib und deine Kinder mit einem mörderischen scharfen Säbel zu schlachten, dann wäre es nicht zu verwundern, daß du Umstände machtest und Winkelzüge, aber dreitausendunddreihundert Streiche wichtig zu nehmen, die jedes Waisenkind, wenn es auch noch so schwächlich ist, jeden Monat davonträgt, das erstaunt, erschüttert und entsetzt alle frommen Eingeweide derer, die es hören, ja aller derjenigen, die die Kunde davon in den zukünftigen Zeitläuften vernehmen werden. Wende, o du verächtliches und verhärtetes Vieh, wende, sag ich, deine feigen, nichtswürdigen Blicke auf den Glanz meiner Augen, die den funkelnden Gestirnen verglichen sind, und du wirst sehen, wie sie Träne auf Träne, ja Strom auf Strom vergießen und Furchen, Wege und Straßen auf den schönen Gefilden meiner Wangen verursachen. Laß dich das rühren, Schuft und niederträchtiges Untier, daß mein so blühendes Alter, das noch immer nur in den Zehnern steht – denn ich bin erst neunzehn Jahr alt und habe das zwanzigste noch nicht erreicht –, verzehren und verdorren soll unter der Rinde einer Bauerndirne; und wenn ich heut nicht so erscheine, so ist es nur eine besondere Gunst des Herrn Merlin, der hier gegenwärtig ist, damit du durch meine Reize bewegt werden sollst: denn die Tränen einer betrübten Schönheit verwandeln die Steine in Seide und Tiger in Lämmer. Gib dich, gib dich in diese Geißelhauung, ungebändigtes Menschvieh, stöbere deinen Entschluß auf, der dich bloß antreibt, mehr und mehr zu fressen, und erlöse die Zartheit meiner Haut, die Anmut meines Wesens und die Schönheit meines Angesichts; und willst du dich meinetwegen nicht erweichen oder zur Vernunft bringen lassen, so tu es jenes armen Ritters wegen, der dir zur Seite steht, ich meine deinen Herrn, der, wie ich gewahr werde, seine Seele schon quer in der Kehle sitzen hat, die nur zehn Fingerbreit von den Lippen entfernt, bloß deine grausame oder freundliche Antwort erwartend, um durch den Mund auszufahren oder in den Magen zurückzukehren.«
    Als Don Quixote dies hörte, faßte er sich an den Hals und sagte zum Herzoge gewandt : »Bei Gott, gnädiger Herr, Dulcinea hat die Wahrheit gesprochen, denn die Seele sitzt mir hier schon quer im Halse, wie ein Schuß in der Armbrust.«
    »Was sagt Ihr nun hierzu, Sancho?« fragte die Herzogin.
    »Ich sage, gnädige Frau«, antwortete Sancho, »was ich schon gesagt habe in Ansehung der Schläge, abernuncio.«
    »Abrenuncio müßt Ihr sagen, Sancho, und nicht jenes Wort«, sagte der Herzog.
    »Eure Hoheit mag mich nur lassen«, antwortete Sancho, »denn ich bin jetzt nicht in der Verfassung, auf Subtilitäten oder einen Buchstaben mehr oder weniger achtzugeben, denn die Streiche, die man mir geben soll oder die ich mir selber zuteilen muß, setzen mich so in Verwirrung, daß ich weder weiß, was ich rede, noch, was ich tue. Das möchte ich doch aber wohl von meiner allergnädigsten Dame Doña Dulcinea von Toboso wissen, wo sie denn ihre Art zu bitten gelernt hat; da kömmt sie her und verlangt, ich soll mir mein Fleisch entzweihauen, und nennt mich gemeine Seele und ungebändigtes Menschvieh, nebst einem Hack Mack von Ekelnamen, die der Teufel selbst nicht leiden möchte. Ist denn mein Fleisch etwa aus Eisen? oder habe ich etwas davon, wenn sie entzaubert wird? Was für Weißzeug bringt sie mir denn, was für Hemden, Mützen, Strümpfe, ob ich gleich keine trage, um sich bei mir beliebt zu machen? Nennt sie mich

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