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Drachenei

Drachenei

Titel: Drachenei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert L. Forward
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gebildet werden. Eine zu hastige Knochenbildung ergab jedoch schlechte Qualität: Die Knochen wurden allein aus den kristallisierten inneren Säften hergestellt; es fehlten ihnen die eingebetteten Fibern, die die Pflanzenstruktur so stark machten. Diese Prozedur kostete zu viel Zeit.
    Ungleich den Pflanzen mussten die Tiere mit dem Magnetfeld des Sterns ringen. Die Pflanzen bewegten sich nicht, und so machte es ihnen nichts aus, dass sie von den Magnetfeldlinien zu langen Ellipsen verzerrt wurden. Die Körper der Tiere wurden ebenfalls zu langen Ellipsen gezogen, aber da das gleichermaßen auf ihre Augen zutraf, waren sie sich der Verzerrung nicht bewusst. Doch stellten sie fest, dass es viel schwerer war, sich quer über die Magnetfeldlinien zu bewegen als entlang der Linien. Die meisten gaben den Versuch auf. Für sie war die Welt beinahe eindimensional. Die einzigen Richtungen, in die sie leicht wandern konnten, waren » Osten« und » Westen« – auf die magnetischen Pole zu.
    Nach langer Zeit gab es überall auf der Oberfläche des Neutronensterns Pflanzen und Tiere. Einige der klügeren Tiere pflegten zum dunklen Himmel hochzublicken und sich Gedanken über die Lichtpunkte zu machen, die sich, der Drehung des Neutronensterns entsprechend, langsam über die Schwärze bewegten. Die Tiere auf der südlichen Hemisphäre waren besonders beeindruckt von dem sehr hellen Lichtfleck, der unbeweglich über dem Südpol stand. Das war die Sonne der Erde. Das Licht war so hell und so nahe, dass es nicht funkelte wie die anderen Pünktchen. Aber abgesehen davon, dass das seltsame Licht sehr praktisch als Leitstern war, der ihren magnetischen Orientierungssinn ergänzte, machte sich keines der Tiere die Mühe, weiter darüber nachzudenken. Die ständig wachsenden Pflanzen und die kleineren Tiere lieferten immer genügend Nahrung. Ein Tier hat es nicht nötig, Neugier und Intelligenz zu entwickeln, wenn es keine Probleme gibt, die es zu lösen gilt.
    Zeit: 2000 Anno Domini
    Der schimmernde, strahlende, wirbelnde Neutronenstern war jetzt ein Zehntel Lichtjahr von der Sonne entfernt. Nach einer Million Jahre hatte er sich abgekühlt und seine Rotationsgeschwindigkeit auf nur fünf Umdrehungen pro Sekunde verlangsamt. Er sandte immer noch Radiowellen aus, aber sie waren nur noch schwache Erinnerungen an seine glorreichen frühen Tage.
    In ein paar hundert weiteren Jahren würde der Neutronenstern in einer Entfernung von 250 astronomischen Einheiten am Sonnensystem vorbeiziehen. Seine Schwerkraft würde die äußeren Planeten – besonders Pluto, 40 astronomische Einheiten von der Sonne entfernt – stören. Aber die Erde, in ihrer Umlaufbahn mit einem Radius von nur einer AE dicht an die Sonne geschmiegt, würde sein Vorbeiziehen kaum bemerken. Dann würde der Stern das Sonnensystem verlassen – um nie wieder zurückzukehren.
    Inzwischen hatten die Lebensformen auf der Erde das Teleskop erfunden, aber auch das genügte nicht, um das winzige Lichtpünktchen in den weiten Himmeln zu erkennen, wenn man nicht genau wusste, wo man hinsehen musste.
    Würde der Stern ungesehen vorüberziehen?

Der Pulsar
    Zeit: Donnerstag, 23. April 2020
    Jacqueline Carnot trat an einen langen Tisch im Datenverarbeitungsraum des CCCP - NASA - ESA -Raumforschungszentrums im California Institute of Technology. Ein Stirnrunzeln verdüsterte ihr hübsches Gesicht. Der Schnitt ihres schulterlangen braunen Haars und die Wahl ihrer Kleidung kennzeichneten sie sofort als Europäerin.
    Heute trug sie nur Rock, Bluse und Clogs. Nicht etwa, dass sie keine Strümpfe, Handtaschen, Make-up, Ringe, Parfums und andere weibliche Accessoires besessen hätte. Es lag einfach daran, dass sie an diesem Morgen zu sehr in Eile gewesen war, um sich mit ihnen abzugeben, denn sie hatte viel Arbeit vor sich. Die französische Regierung hatte ihr das Stipendium für das International Space Institute nicht gewährt, damit sie den ganzen Vormittag mit Ankleiden verbrachte.
    Die schlanke Frau befreite den Tisch schnell von den angesammelten Papieren und warf eine lange Aufstellung auf die Schmalseite hinüber. Die Papierrolle wickelte sich gehorsam über den Tisch ab, fiel über die Kante und legte dann noch fünf Meter auf dem Fußboden zurück. Jacqueline ließ sie liegen und begann, die Daten zu analysieren. Normalerweise hätte diese Sklavenarbeit ein Computer besorgt. Unglücklicherweise verlangte der Computer neuerdings für jede Arbeit einen Verbuchungsschlüssel, und

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