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Drachenschiffe vor Vinland

Drachenschiffe vor Vinland

Titel: Drachenschiffe vor Vinland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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war doch viel schlimmer, als es nur erzählt zu bekommen.

    Mit aller Kraft klammerte Einar sich an die Reling. Egal, welche Götter uns jetzt auch helfen, ich werde ihnen dafür ewig danken!, dachte er. Salzwasser spritzte ihm ins Gesicht. Es war so kalt, dass ihm für einen Moment die Luft wegblieb. Er wollte schreien, brachte aber nur ein Gurgeln heraus.
    Dann gab es einen Knall, der sogar das Getöse des Sturms übertönte. Mehrere Fässer mit Met rollten über den Schiffsboden auf die Seite, zu der sich das Schiff neigte. Ein Tau musste gerissen sein. Durch das zusätzliche Gewicht auf der Seite lag die
Wellendrache
noch schräger im Wasser. Zwei Fässer gingen über Bord und wurden innerhalb weniger Augenblicke von den Wassermassen verschluckt.
    Genauso geht es wahrscheinlich jedem, der über Bord geschleudert wird, schoss es Einar durch den Kopf.
    »Schöpfen!«, dröhnte der Befehl seines Vaters. Er und Orm standen bis zu den Knien im Wasser. Jeder von ihnen hielt einen der Schöpfeimer in der Hand, die wie alles Wichtige an Bord mit Tauen im Schiff befestigt waren. Die beiden Männer schöpften um die Wette das Wasser aus dem Schiff.
    Da schlug die nächste Welle über dem Bug des Drachenschiffs zusammen. Für einige Augenblickekonnte Einar gar nichts mehr sehen oder hören. Dann bemerkte er, dass sein Bündel weggespült worden war. Kurz sah er es noch zusammen mit einigen anderen über Bord gegangenen Sachen im Wasser schwimmen, bevor es hinter einem Wellenberg verschwand. Das Einzige, was er jetzt noch besaß, war das, was er am Leib trug – und die Axt, die Großvater Björn ihm geschenkt hatte.
    Das Wasser stand jetzt schon fast hüfthoch und hatte auch den Bug erreicht. Freya und Einar schrien, so laut sie konnten, aber es hörte sie niemand in dem Brüllen des Sturms.
    Eine Ziege hatte sich losgerissen und schwamm meckernd durch das Schiff. Orm fing das Tier ein und band es wieder fest.
    Währenddessen versuchten die Männer immer noch verzweifelt, der Wassermassen Herr zu werden, die mit jeder Welle neu hereingeschwappt kamen. Manche kämpften mit bloßen Händen gegen die Fluten. Jeder volle Wassereimer, der herausgeschöpft wurde, konnte das Schiff vielleicht retten. Einar ließ die Reling los. Sofort rutschte er in Richtung Schiffsmitte und hing jetzt an dem Tau, das er sich um die Brust geschlungen hatte. Das Tau zog sich stramm.
    »Einar! Was tust du denn da?«, rief Freya. Sie hielt die Hände krampfhaft an die Reling geklammert.
    Einar angelte sich ein Tau, an dem ein Holzeimer befestigt war. Der Eimer war über Bord gegangen und tanzte wie ein Korken in den sturmgepeitschten Wellen. Einar versuchte, ihn hochzuziehen, schaffte es jedoch nicht. Plötzlich wurde das Schiff vorne angehoben und fiel dann tief in ein Wellental. Einen Augenblick lang hatte Einar fast das Gefühl zu schweben. Dann verlor er das Gleichgewicht und tauchte vollständig unter, so hoch stand das Wasser schon im Schiff. Als er sich wieder aufrappelte, machte er einen zweiten Versuch, den Eimer ins Schiff zu ziehen. Das war ziemlich schwierig, denn der Eimer war inzwischen voll Wasser, das Einar zuerst ausgießen musste, bevor er endlich mit dem Schöpfen anfangen konnte.
    Nach einiger Zeit war er am Ende seiner Kräfte, aber dennoch hielt er einmal kurz nach den anderen Schiffen Ausschau. Es war nirgends etwas von ihnen zu sehen. Vielleicht lagen sie längst auf dem Grund des Meeres.
    Einar zog sich an dem Tau, mit dem er sich festgebunden hatte, wieder nach vorn und setzte sich zurück in die Bugspitze neben Freya.
    »Ich hoffe nur, dass der Sturm bald aufhört!«, schrie sie ihm ins Ohr.
    Einar nickte nur. Voller Sorge blickte er hinauf zum Mast, der schon bedenklich ächzte. Wenn er brach, waren sie verloren. Einar wagte nicht, sich vorzustellen, was passieren würde, wenn sie ohne Mast und Segel hilflos auf dem Meer umhertrieben.
    »Ihr Götter! Verschont uns!«, brüllte Sven Bleichhaar in das Sturmgetöse. Lange würde die Besatzung des Drachenschiffes nicht mehr durchhalten. Noch eine große Welle, und das Schiff würde sinken.
    Doch die Götter schienen gnädig zu sein. Zwar tobte der Sturm weiter, aber es kamen keine ganz so hohen Wellen mehr. Nur jede Menge Gischt spritzte weiter herein. Alle, die schon den Mut verloren hatten, machten sich jetzt wieder eifrig ans Schöpfen.
    Und tatsächlich: Nach einer Weile sank das Wasser im Schiff. Schließlich blieben nur noch einige Pfützen in der Mitte übrig, die immer

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