Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
Vom Netzwerk:
und riss sich mühsam von der immer stärker werdenden Verbindung los. Sie durfte sich nicht im Dracerbewusstsein verlieren, das nicht nur Gormydas’ Wesen umfasste, sondern das der gesamten Gruppe. Das hatte Damian ihr nicht verraten, aber vielleicht war dies ja der Grund dafür gewesen, dass er ihr befohlen hatte, nicht zu lange mit ihrem Dracer verbunden zu bleiben. Er hatte nicht gewollt, dass sie diesem Geheimnis auf die Spur kam, von dem sie einen winzigen Zipfel in den Fingern zu halten glaubte.
    Sie kehrte zurück ins Hier und Jetzt, als die erste Gruppe aufstieg. Die Wirbel, die von den Dracyrflügeln in die Luft geschlagen wurden, rissen an ihr wie wilde Hunde. » Zweite Gruppe aufsitzen! « , hörte sie Damian brüllen. » Donne, aufsitzen! «
    Sam stand neben Gormydas und winkte ihr zu. Als sie sich anschickte, den Flugkorridor zu durchqueren, bemerkte sie eine Bewegung in einer der Türöffnungen. Das Dunkel darin war fester als ein Schatten, es hatte Augen, ein Gesicht. Das Gesicht blickte sie an und in den Augen stand tiefe Befriedigung. Kay stolperte und fing sich wieder. Sie wandte den Kopf ab und lief weiter. Lord Harrynkar. Er hatte ihre Demütigung beobachtet und er weidete sich daran. Kay presste die Lippen zusammen. Sie würde ihm kein Zeichen der Schwäche geben. Er mochte sich darüber freuen, dass sein Sohn sie benutzt und weggeworfen hatte, aber sie wollte nicht, dass er auch noch ihre Scham und ihren Schmerz genoss.
    Sie zwang sich zu einem Lächeln für Sam, das der Pferchwächter mit einem Nicken und einem besorgten Blick erwiderte. Er half ihr, die Riemen des Geschirrs zu justieren, und murmelte: » Was ist passiert, Kay? «
    Â» Damian « , flüsterte Kay und konnte nicht weiterreden. Sie zuckte nur mit den Schultern und schüttelte den Kopf.
    Sam zog eine grimmige Miene. Er griff nach ihren Schultern und gab vor, den Sitz ihres gepolsterten Wamses zu prüfen. » Was hat er getan? «
    Sie schüttelte wieder den Kopf. » Nicht jetzt, nicht hier « , sagte sie und wies mit den Augen auf den Durchgang, aus dem Lord Harrynkar das Geschehen beobachtete.
    Sam runzelte die Stirn und klopfte ihr dann fest auf den Rücken. » Sitzt alles. Flieg los, mein Mädchen. Zeig ihnen, wie eine Donne den Himmel stürmt! « Er lächelte, als er das sagte, und Kay erwiderte es herzlich. Sie hatte den alten Pferchwächter lieb gewonnen, obwohl er so loyal dem Teufel diente.
    Mit wenigen Klimmzügen war sie im Sattel und schnallte sich fest. Sie fragte Gormydas, ob er bereit sei, und gab dann das Handzeichen. Dabei mied sie den direkten Blickkontakt mit Damian, achtete nur darauf, dass er ihr Zeichen erwiderte und seinerseits » Los « signalisierte. Sie lenkte Gormydas in den Abflugtrichter und gab ihm den Impuls zu starten.
    Während des alles erschütternden, donnernden, Muskeln und Kräfte bis aufs Äußerste beanspruchenden Startvorgangs war sie eins mit Gormydas. Sie kämpfte sich mit ihm in die Höhe, sie spürte den Druck und das Zerren, die Hitze in ihrem Inneren, die schmerzhafte Anstrengung aller Muskeln, das Saugen des Atems, die pumpenden Lungen und das schneller schlagende Herz– dann brachen sie aus dem Dunkel hervor ins Licht der sengenden Mittagssonne und der Jubel über die plötzliche Freiheit, die Weite, den Wind und den Himmel über ihnen machte sich in einem donnernden Schrei Luft.
    Kay besann sich auf ihre Aufgabe und suchte den Himmel nach der ersten Gruppe ab. Sie entdeckte sie in nordöstlicher Richtung über ihnen kreisend und bat Gormydas, zu ihnen aufzuschließen.
    Der Dracer fand eine Thermik und stieg mit Leichtigkeit auf, flog eine elegante Kurve und nahm seine Position in der Formation ein, als hätten sie dieses Manöver schon tausendmal geübt. Kay war so stolz auf Gormydas, dass sie alles andere vergaß. Sie ließ sich tief in die Verbindung sinken und genoss den Flug mit ihren vereinten Sinnen.
    Die nächsten Stunden vergingen mit Flugmanövern, die immer und immer wieder ausgeführt werden mussten. Anflug auf ein Ziel, Ausweichen vor imaginären Geschossen, gegenseitiger Schutz, schnelle Ortswechsel, ohne dass die Formation auseinanderbrach… Kay war schweißgebadet und ihre Muskeln zitterten vor Anstrengung, und auch Gormydas begann, schwerer zu atmen, und seine Flügelschläge waren nicht mehr so kraftvoll wie noch zu Anfang.

Weitere Kostenlose Bücher