Dracyr – Das Herz der Schatten
töten? « Sie war zu zornig, um noch Angst zu verspüren. Dracyrfeuer loderte in ihrem Geist und erhitzte ihre Wangen.
Lord Harrynkar lieà das Fläschchen fallen und zertrat es mit dem Absatz. » Noch nicht « , sagte er und erhob sich ebenfalls. Er überragte Kay wie ein Riese aus Stein, Nacht und Feuer. » Noch bist du eine der Neun « , fuhr er fort. » Du wirst dich anstrengen, ein Mitglied der Formation zu werden. Du wirst den nächsten Einsatz fliegen. Und danach werde ich entscheiden, was mit dir geschieht. « Seine schwere Hand griff unter ihr Kinn und hob es an, bis Kay seinem Blick begegnete. Die opalschimmernden Funken in seinen Augen waren Sterne an einem fremden Firmament. » Du könntest dich als wertvolles Mitglied der Neun erweisen. Du könntest mir Loyalität und unabdingbare Treue schwören. Ich wäre bereit, dafür alles zu vergessen, was geschehen ist. «
Kay atmete tief ein. » Nein « , sagte sie. » Das kann ich nicht. «
Er lieà die Hand sinken und nickte. » Das dachte ich mir. Geh. «
Kay ging mit schnellen Schritten zur Tür, und zwischen ihren Schulterblättern zog ein scharfer Schmerz, als erwarte sie dort den Einstich eines Dolches. Sie haderte mit sich. Hätte sie nicht einfach lügen können und behaupten, das wäre ihr Wunsch und Wille? Er würde sie nun töten lassen. Vielleicht erst nach dem Einsatz, aber dann ganz gewiss.
Sie erreichte die Tür und sah Damian ins Gesicht. Er musste doch etwas sagen oder tun, ihr wenigstens zulächeln, ihr zeigen, dass er bei ihr war! Aber er hielt das Gesicht abgewandt und öffnete ihr nur schweigend die Tür. Während er sie hinter ihr wieder schloss, sie ausschloss und allein lieà in dem düsteren Gang aus Stein, hörte sie seine Stimme: » Wir sehen uns morgen Mittag zum Manöver. «
Kay tastete sich die Treppe hinunter, blind vor Schmerz und Verwirrung, im Stich gelassen und verraten.
Kapitel 29
Nach einer Nacht ohne Schlaf und einem Morgen voller Bedenken und Sorgen stand Kay pünktlich zur Mittagsstunde im Abflugkorridor des Pferchs, trug ihre Flugausrüstung und wartete mit zusammengebissenen Zähnen darauf, dass die Ãbung begann.
Sie waren noch nicht vollzählig. Branwen hielt sich wie immer etwas abseits, aber als sie ihre Freundin in voller Montur erblickte, leuchtete ihr Gesicht auf und sie kam an Kays Seite. Sie drückte Kays Hand und wisperte: » Leon hat sich gemeldet. «
Kay nickte mit einem unbehaglichen Gefühl in der Magengrube, das sie sich nicht erklären konnte. » Und? «
» Er hat einen Plan. « Mehr sagte Branwen nicht, aber sie drückte wieder fest Kays Hand und lieà sie dann los.
Tyron und Esbeth stieÃen zu ihnen. Die beiden lachten über irgendetwas miteinander und sahen dabei Kay mit schadenfrohen Blicken an. Sie erwiderte die Blicke kühl und so gelassen wie möglich, aber ihr Magen krampfte sich zusammen. Reichte es nicht, dass eine Todesdrohung über ihr schwebte? Sie würde fliehen müssen, genau wie Branwen, und zwar noch bevor der nächste Einsatz kam. Hoffentlich funktionierte Leons Plan auch für zwei Dracyr plus Reiterinnen.
Sie wappnete sich gegen eine unangenehme Ãberraschung, aber es traf sie dennoch wie ein Fausthieb in den Magen, als Damian endlich in Sicht kam. Corena begleitete ihn und die beiden hielten sich an den Händen. Ehe sie vollends in den Flugkorridor traten, blieben sie noch einmal stehen. Corena hob sich auf die Zehenspitzen, nahm Damians Gesicht in die Hände und küsste ihn auf den Mund. Kay verschlug es den Atem und ein taubes Gefühl breitete sich in ihr aus. Einige Augenblicke lang spürte sie gar nichts mehr, sah wie betäubt zu, wie Damian der Rothaarigen über den Rücken streichelte und ihr etwas ins Ohr flüsterte, was Corena zum Kichern brachte. Dann schickte er sie mit einem Klaps auf den Po hinein und wartete mit gesenktem Blick, bis sie bei Tyron und Esbeth angekommen war. Er straffte seine Schultern, hob den Kopf und sah Kay direkt in die Augen. Reglos. Ohne auch nur den Hauch eines Gefühls. Kalt wie der Winterhimmel.
Das war der Moment, in dem die Betäubung nachlieà und der Schmerz einsetzte. Kay keuchte und presste die Faust vor den Mund. Sie glaubte, ihr Herz würde zerspringen und ihr Verstand weigerte sich zu glauben, was sie gerade gesehen hatte. Nicht einmal, dass er Corena
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