Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
der Wiege schon, so ging die Sage,
Nahm sie der Tod hinweg.
    Isabella.
Die Sage lügt!
Sie lebt!
    Don Cesar.
Sie lebt, und du verschwiegest uns?
    Isabella.
Von meinem Schweigen geb' ich Rechenschaft.
Hört, was gesäet ward in frührer Zeit
Und jetzt zur frohen Ernte reifen soll.
– Ihr wart noch zarte Knaben, aber schon
Entzweite euch der jammervolle Zwist,
Der ewig nie mehr wiederkehren möge,
Und häufte Gram auf eurer Eltern Herz.
Da wurde eurem Vater eines Tages
Ein seltsam wunderbarer Traum. Ihm däuchte,
Er säh' aus seinem hochzeitlichen Bette
Zwei Lorbeerbäume wachsen, ihr Gezweig
Dicht in einander flechtend – zwischen beiden
Wuchs eine Lilie empor – Sie ward
Zur Flamme, die, der Bäume dicht Gezweig
Und das Gebälk ergreifend, prasseln aufschlug
Und, um sich wüthend, schnell das ganze Haus
In ungeheurer Feuerfluth verschlang.
    Erschreckt von diesem seltsamen Gesichte,
Befragt' der Vater einen sternekundigen
Arabier, der sein Orakel war,
An dem sein Herz mehr hing, als mir gefiel,
Um die Bedeutung. Der Arabier
Erklärte: wenn mein Schooß von einer Tochter
Entbunden würde, tödten würde sie ihm
Die beiden Söhne und sein ganzer Stamm
Durch sie vergehn – Und ich ward Mutter einer Tochter;
Der Vater aber gab den grausamen
Befehl, die neugeborene alsbald
Ins Meer zu werfen. Ich vereitelte
Den blut'gen Vorsatz und erhielt die Tochter
Durch eines treuen Knechts verschwiegnen Dienst.
    Don Cesar.
Gesegnet sei er, der dir hilfreich war!
O, nicht an Rath gebricht's der Mutterliebe!
    Isabella.
Der Mutterliebe mächt'ge Stimme nicht
Allein trieb mich, das Kindlein zu verschonen.
Auch mir ward eines Traumes seltsames
Orakel, als mein Schooß mit dieser Tochter
Gesegnet war: Ein Kind, wie Liebesgötter schön,
Sah ich im Grase spielen, und ein Löwe
Kam aus dem Wald, der in dem blut'gen Rachen
Die frisch gejagte Beute trug, und ließ
Sie schmeichelnd in den Schooß des Kindes fallen.
Und aus den Lüften schwang ein Adler sich
Herab, ein zitternd Reh in seinen Fängen,
Und legt es schmeichelnd in den Schooß des Kindes,
Und beide, Löw' und Adler, legen, fromm
Gepaart, sich zu des Kindes Füßen nieder.
– Des Traums Verständniß löste mir ein Mönch,
Ein gottgeliebter Mann, bei dem das Herz
Rath fand und Trost in jeder ird'schen Noth.
Der sprach: »Genesen würd' ich einer Tochter,
»Die mir der Söhne streitende Gemüther
»In heißer Liebesgluth vereinen würde.«
– Im Innersten bewahrt' ich mir dies Wort;
Dem Gott der Wahrheit mehr als dem der Lüge
Vertrauend, rettet' ich die Gott verheißne,
Des Segens Tochter, meiner Hoffnung Pfand,
Die mir des Friedens Werkzeug sollte sein,
Als euer Haß sich wachsend stets vermehrte.
    Don Manuel (seinen Bruder umarmend).
Nicht mehr der Schwester braucht's, der Liebe Band
Zu flechten, aber fester soll sie's knüpfen.
    Isabella.
So ließ ich an verborgner Stelle sie,
Von meinen Augen fern, geheimnißvoll
Durch fremde Hand erziehn – der Anblick selbst
Des lieben Angesichts, den heißerflehten,
Versagt' ich mir, den strengen Vater scheuend,
Der, von des Argwohns ruheloser Pein
Und finster grübelndem Verdacht genagt,
Auf allen Schritten mir die Späher pflanzte.
    Don Cesar.
Drei Monde aber deckt den Vater schon
Das stille Grab – Was wehrte dir, o Mutter,
Die lang Verborgne an das Licht hervor
Zu ziehn und unsre Herzen zu erfreuen?
    Isabella.
Was sonst, als euer unglücksel'ger Streit,
Der, unauslöschlich wüthend, auf dem Grab
Des kaum entseelten Vaters sich entflammte,
Nicht Raum noch Stätte der Versöhnung gab?
Konnt' ich die Schwester zwischen eure wild
Entblößten Schwerter stellen? Konntet ihr
In diesem Sturm die Mutterstimme hören?
Und sollt' ich sie , des Friedens theures Pfand,
Den letzten heil'gen Anker meiner Hoffnung,
An eures Hasses Wuth unzeitig wagen?
– Erst mußtet ihr's ertragen, euch als Brüder
Zu sehn, eh' ich die Schwester zwischen euch
Als einen Friedensengel stellen konnte.
Jetzt kann ich's, und ich führe sie euch zu.
Den alten Diener hab' ich ausgesendet,
Und stündlich harr' ich seiner Wiederkehr,
Der, ihrer stillen Zuflucht sie entreißend,
Zurück an meine mütterliche Brust
Sie führt und in die brüderlichen Arme.
    Don Manuel.
Und sie ist nicht die Einz'ge, die du heut
In deine Mutterarme schließen wirst.
Es zieht die Freude ein durch alle Pforten,
Es füllt sich der verödete Palast
Und wird der Sitz der blühnden Anmuth werden.
– Vernimm, o Mutter, jetzt auch mein Geheimniß.
Eine Schwester gibst du mir – Ich

Weitere Kostenlose Bücher