Drei Generationen auf dem Jakobsweg
war zwar bester Laune, aber wir merkten natürlich, dass sie nicht mehr gerne in ihrem Wagen saß. Sie wollte verständlicherweise auch laufen. Wir lagen sehr gut in der Zeit und gönnten ihr deshalb immer wieder Pausen. Wir verließen Palas de Rei und erreichten bereits nach kurzer Zeit San Xiao do Camino und bald darauf Pontecampaña.
Jetzt fing der Weg wieder an schwieriger zu werden. Wir wanderten durch hügeliges und holpriges Gelände, durch kleine Weiler und kleine Wäldchen. Jetzt kam ein steiniges Teilstück, wo Franzi aus ihrem Wagen musste. Larissa, Franziska und ich gingen voraus und Peter zog den Wagen rücklings über die im Weg liegenden Holpersteine. Anschließend wanderten wir an verlassenen und verfallenen Häusern vorbei immer weiter in Richtung O Coto . Ich merkte, dass es mir trotz des nahenden Zieles keinen Spaß mehr macht zu wandern. Leider merkte ich auch, dass unsere Kleine langsam an ihre Grenzen stieß. Sie wollte nicht mehr wirklich im Wagen sitzen und sie wollte auch nicht mehr so wirklich laufen. Sie wollte den ganzen Tag spielen. Ich merkte, dass es Zeit wurde, anzukommen. Jeder Tag, den wir aus irgendwelchen Gründen noch dranhängen müssten, wäre zu viel für sie, aber auch für uns alle. Und trotzdem könnte ich heute schon wehmütig werden, wenn ich an das Ende des Weges denke, so sehr ich es auch herbeisehnte! Die Zeit, die ich jetzt mit meiner Familie verbringen durfte, war sehr kostbar. Wahrscheinlich auch einmalig. Hierfür gab es keine Wiederholung. Einmal im Leben durfte ich sechseinhalb Wochen lang, davon 36 Tage (inklusive 3 Ruhetage) auf dem Camino, meine Familie in vollen Zügen genießen. Auch wenn es Spannungen und Reibungspunkte gab. Aber dieser spezielle Weg, der Jakobsweg, lügt nicht. Ich glaube an Schicksal. Ich glaube auch, dass alles im Leben vorbestimmt ist, und letztlich glaube ich auch an Fügung. Vorbestimmung heißt in meinen Augen aber nicht, dass ich nicht nach meinem eigenen freien Willen mein Leben gestalten und ausrichten kann. Ich kann alles machen, wenn ich nur bereit bin, auch die Konsequenzen für mein Handeln zu tragen. Ich denke, sich der Konsequenzen im Leben bewusst zu sein, führt automatisch auf die richtige Spur. Ich hatte in den letzten Wochen sehr viel nachgedacht. Mein Leben hätte vielleicht, hätte ich mich nicht immer wieder von anderen, teilweise mir sehr nahestehenden Personen beeinflussen oder manchmal sogar manipulieren lassen, in vielen Momenten nicht nur eine andere, bessere Wendung genommen, sondern wäre vielleicht auch viel einfacher verlaufen.
Für den Weg hatten wir uns 46 Tage Zeit genommen, würden aber bereits nach 36 Tagen am Ziel sein. Schön, dass wir im Anschluss noch zehn Tage bis zum Rückflug zur Verfügung haben würden. Heute Abend sollten wir uns dann Gedanken machen, wo wir die restliche Zeit verbringen wollten. Auf alle Fälle sollte es ein schönes Hotel sein, am Meer gelegen, mit Pool für unsere kleine Franzi. Am besten wir riefen in unserem Reisebüro zu Hause an, die Damen dort würden bestimmt etwas Passendes für uns finden. Ein nettes kleines Hotel zwischen Santiago de Compostela und Finesterre gelegen. Den Gedanken fand ich schön. So käme kein so abruptes Ende und wir könnten uns bei unserer Franzi noch mit einem kindgerechten Urlaub für ihr Durchhaltevermögen – hatte sie bestimmt von der Omi – bedanken. Außerdem käme dann auch ihr Papa nach und so hätte sie ihre gesamte Familie vereint.
Noch so in meine Gedanken versunken, standen wir in O Coto vor einem großen Transparent mit dem Hinweis auf ein Lokal namens »Die zwei Deutsch«, nicht etwa die zwei Deutschen, nein, die zwei Deutsch! Das Lokal hieß wirklich so und dabei hatte ich gedacht, das müsste auf unserer Vorreservierung ein Übertragungsfehler sein. Der Gastgarten bestand aus fünf oder sechs Tischen mit Stühlen, und wie sich herausstellte, nächtigten wir 200 Meter weiter, direkt hinter dem Autofriedhof – schöne Aussichten. Wir legten die Rucksäcke ab, setzten uns und schon ging es uns wieder gut. Heute nahm ich erst jetzt am Ziel einen Schuhwechsel vor, war aber nicht erstaunlich, denke ich, mein Gebet und die damit verbundenen Wünsche waren erhört worden. Wir bestellten uns eine Käseplatte für drei Personen, ein Schälchen Oliven und Baguette. Wir ließen uns diese Zwischenmahlzeit schmecken, als hätten wir etwas nachzuholen. Franzi war glücklich und gut gelaunt. Auch die junge Wirtin hatte wieder ein Geschenk
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