Du + Ich: Wir Zwei, 1
mich besser auf die Folter spannen zu können. Er weiß das, er kennt mich …
„Ich dachte, ich habe dir Geduld beigebracht, Alma“, murmelt er und ruft damit bei mir ein Zittern hervor.
„Du glaubst vor allem, dass du mir alles beigebracht hast, Arcadi“, sage ich mit fiebriger Stimme.
„Und das ist nicht der Fall?“, antwortet er amüsiert.
Doch. Vadim war mein erster Freund. Vor 12 Jahren habe ich ihm mein wertvollstes Geschenk bereitet … meine Jungfräulichkeit. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie plötzlich, mit einem Schlag und so leicht verlieren könnte. Mit ihm war aber alles so klar. Im Nu habe ich mich in ihn verliebt und war von seiner äußeren Schönheit genauso angetan wie von seiner inneren. Alles an ihm fand ich attraktiv. Von seinem eigensinnigen, engagierten, leidenschaftlichen Charakter bis hin zu seinem so begehrten Körper. Aber nicht nur ich, sondern auch die anderen Frauen. Die Studentinnen, die ihn umgarnten und die auf nichts anderes warteten, als auf einen flüchtigen Moment voll von puren und intensiven Vergnügen mit ihm. Vadim hatte nämlich einen Ruf: Er brachte jede Frau zum Höhepunkt. Ich aber war über diesen Tratsch misstrauisch und ganz ehrlich …: Ich dachte nicht, dass ich schon so weit wäre. Ich wollte warten. Die Schule war wichtiger. Aber wenn einen die Liebe überfällt, ist plötzlich nichts anderes mehr wichtig, außer das Verlangen, bei ihm, mit ihm, gegen ihn zu sein, sein Verlangen zu spüren und sich schließlich fallen zu lassen. Vadim hat mir beigebracht, loszulassen, meinen Sinnen zu lauschen, eine Frau zu werden. Erst ganz sanft und zärtlich, dann mit Schwung und Leidenschaft.
Angenehme Erinnerungen kommen mir wieder hoch und lassen mich zu wilder Glut entfachen, verzehren mich auf kleiner Flamme. Ich versuche, mich umzudrehen, um sein Gesicht zu sehen, aber er hält mich fest, als ob er mir zeigen möchte, dass er führt, dass er mich beherrscht. Bei jedem Atemzug zieht sein heißer Atem an meinem Nacken vorbei, streichelt meine extrem empfindliche Haut. Ich bekomme Lust auf ihn wie nie zuvor. Seit Monaten habe ich mich nicht in die Arme eines Mannes fallen lassen – Raphaël war mein letzter Liebhaber –, aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich nach nur zwei Küssen und ein paar flüchtigen Streicheleinheiten fast in Trance gerate. Es ist dank – oder wegen – ihm. Vadim King ist meine personifizierte Wahnvorstellung. Ein Liebhaber, der zwar zuvorkommend, aber hartnäckig, zärtlich, aber unberechenbar, verspielt, aber auch herrisch ist. Indem er dafür sorgt, dass alle Frauen, denen er begegnet, ihm zu Füßen liegen, ist er Meister darin geworden, sie zu befriedigen – wie kein anderer Mann es jemals vor ihm geschafft hat.
„Darf ich wissen, woran du gerade denkst?“, fragt er mich leise und umklammert dabei meinen Hals, damit er mich noch stärker an sich drücken kann.
„An uns … Früher.“
„Du hast es also nicht vergessen …“
„Unmöglich. Niemand hat es je geschafft, mich so zu lieben, wie du es tust“, sage ich mit bebender Stimme.
„Du und ich, das war für die Ewigkeit bestimmt“, antwortet er seufzend. „Und es ist nicht vorbei … Du machst mich verrückt, Alma.“
Seine letzten Worte haben mich verhext. Ich kann mich nicht länger zurückhalten. Ich drehe mich plötzlich um – dieses Mal lässt er es zu – und er drückt mich an sich, als ob mein Leben davon abhinge. Unsere Lippen treffen aufeinander, unsere Zähne stoßen gegeneinander, unsere Zungen duellieren sich. Ich spüre, wie sich seine Hände auf meinen Hintern legen und mich hochheben, ohne dabei diesen Kuss zu unterbrechen. Ich schlage meine Beine um seine Taille und lasse mich von ihm bis zum nächstgelegenen Tisch tragen. Mit einer schonungslosen Geste schleudert er einen Stapel Akten und Nippfiguren weg, die sich dort befanden, bevor er mich auf den Tisch aus Massivholz setzt – ohne eine Spur von Behutsamkeit. Mir entwischt ein kaum hörbares Murren, als ich die kalte Oberfläche unter meinem Hintern spüre. Er überragt mich in seiner vollen Größe, wirft mir ein machiavellistisches Lächeln zu, dann küsst er mich wieder gierig.
Ich bin ihm ausgeliefert. Ich bin von diesem Kuss völlig in Beschlag genommen, von der wohltuenden Wärme, die sich in meinem Unterleib ausbreitet, völlig fern der Realität …, als plötzlich jemand unsere Liebeswolke zerstört und an meiner Wohnungstür klingelt. Vadim lässt von mir ab, wirft mir
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