Du Mich Auch
»Die Gründung der Werner-Wuttke-Gedächtnis-Foundation war dann ein Spaziergang.Zumal ich die Konten von den Caymans nach Deutschland transferiert habe. Die Immobilien wurden verkauft, die Aktiendepots auch. Mit tatkräftiger Unterstützung von Hubert.«
»Mergenthaler? Ihr steckt unter einer Decke? Damit kommst du nicht durch«, schrie Werner. Sein Gesicht war aschfahl.
»Bin ich schon«, verkündete Evi fröhlich. »Du hast heute Morgen im Krankenhaus die Einverständniserklärung unterschrieben. In Gegenwart von Zeugen und im Vollbesitz deiner geistigen Kräfte. Außerdem kann ich jederzeit beweisen, dass du die Baubehörde geschmiert hast. Tja. Für dich fällt ein Zimmer in einem Seniorenheim ab. Ganz idyllisch gelegen, in einem Park.«
»Warum? Warum tust du mir das an?«, brüllte Werner.
Beatrice hielt den Atem an, während Evi sich aufrichtete. »Weil du mich zwanzig Jahre lang geknechtet hast. Ebenso wie unsere Kinder. Weil du ein lausiger Liebhaber bist. Weil du heimlich Scheidungspläne betrieben hast, durch die ich bettelarm werden sollte. Weil du mir alles wegnehmen wolltest, was mir lieb ist. Reicht das fürs Erste?«
Werner schloss die Augen. Sein Mund formte Worte, die man nicht verstehen konnte. Er wimmerte nur noch.
»Ich denke, wir können die Sanitäter wieder hereinrufen«, befand Evi. »Werner Wuttke sollte sich ein wenig auf seinen Lorbeeren ausruhen.«
»Du kannst mich mal«, kam es aus den Tiefen von Werners Eingeweiden.
Evi tätschelte ihm die Hand. »Du mich auch.«
Das Schlosshotel Seeblick war festlich erleuchtet, als Evi ihren Porsche auf dem Parkplatz abstellte. Ihr elegantes dunkelblaues Abendkleid bauschte sich im Abendwind. Ihre neue Frisur, ein verwegen gestylter Pagenkopf, stand ihr ausgezeichnet, und das wusste sie.
Die dramatischen Ereignisse des Vortags waren längst von ihr abgeperlt. Sie hatte den gestrigen Abend mit Sven und Kalli im Amore mio verbracht und ausgiebig ihre neue Freiheit gefeiert. Pietro hatte für die Jungen ein gigantisches Dessert mit Wunderkerzen ausgetüftelt, das locker für einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde gereicht hätte.
Bestens gelaunt holte Evi eine Reisetasche aus handschuhweichem Leder aus dem Kofferraum und tänzelte zum Eingang.
Der Concierge begrüßte sie mit einer Verbeugung. »Dürfte ich Ihnen das Gepäck abnehmen? Die Präsidentensuite ist selbstverständlich vorbereitet. Darf es vielleicht ein Glas Champagner als Willkommensdrink sein?«
Noch vor ein paar Wochen hätte er sie übersehen. Vorbei.
»Aber gern«, erwiderte Evi. »Sind meine Gäste schon angereist?«
Wieder verbeugte sich der Concierge. »Man erwartet Sie an der Bar.«
Auch Beatrice und Katharina trugen Abendkleider. Beatrice zog alle Blicke auf sich mit ihrer tief dekolletierten Robe aus violettem Taft und dem schweren Goldschmuck. Katharina trug ein bodenlanges schwarzes Kleid, das ihre makellosen Schultern frei ließ.
Evi flog ihnen förmlich entgegen. »Für immer!«
»Für ewig!«, rief Katharina.
»Und nuuuur für uns!«, gluckste Beatrice. »Schätzchen, du siehst zauberhaft aus. Evi Forever!«
Hier hatte es angefangen. In dieser schummrigen Bar, wo sie sich nach fünfundzwanzig Jahren wiedergesehen hatten. Wo sie einander rundum geglückte Lebensläufe vorgeschwindelt hatten. Und nicht ahnen konnten, dass ein banales Klassentreffen ihrem Schicksal einen unfassbaren Kick verpassen würde.
»Wie geht es unserem lieben Hans-Hermann?«, erkundigte sich Evi.
Beatrice lächelte fein. »Er hat mir zu Hause eine Riesenszene gemacht, als ich von der Pressekonferenz zurückkam. Big drama, mit Geschrei und Tränen. Und ich? Habe ihn einfach rausgeschmissen. Jetzt wohnt er in irgendeiner muffigen kleinen Pension, komplett pleite und schwer demoralisiert.«
Der Barmann stellte drei Gläser Champagner auf den Tresen. Er wusste gar nicht, wohin er zuerst sehen sollte. Das Trio fatal war ein Hingucker, der selbst im glamourösen Schlosshotel Seeblick seinesgleichen suchte.
Evi erhob ihr Glas. »Auf einen unvergesslichen Abend!«
»Auf die Gleichstellung der Frau«, ergänzte Katharina.
»Und auf unseren Neustart!«, sagte Beatrice. »Reset and play!«
Sie hatten kaum ausgetrunken, als sie sich auch schon auf den Weg zur Präsidentensuite machten. Die Suite war verschwenderisch mit Blumen geschmückt. Aus den Lautsprechern zirpte sanfte Harfenmusik. Der Esstisch am Fenster war für drei gedeckt, und die vielen Bestecke und Gläser verhießen
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