Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
Eigenschaften des Mannes, den sie liebte. Dieser junge Atreides gehörte zu den ersten einer neuen Generation von Gholas, die von Scytale gezüchtet wurden. Das Baby war nach Caladan gebracht und hier getauft worden – genauso wie der ursprüngliche Paul.
Seit sie Synchronia verlassen hatten, waren Jessica und Yueh damit beschäftigt gewesen, sich hier zu erholen und der stillen Wasserwelt einen Teil seiner ehemaligen Glorie zurückzugeben. Die verworrenen Fäden ihrer Existenzen als Originale und als Gholas hatten sie ironischerweise zu Verbündeten gemacht – zwei Menschen mit gemeinsamen Tragödien und Vergangenheiten. Obwohl seine geliebte Wanna für immer verloren war, hatte Yueh endlich so etwas wie Frieden gefunden.
Jessica jedoch wusste, dass ihr wahrer Herzog auf sie wartete. Irgendwann würde er erwachsen sein. Wenn seine Erinnerungen erweckt waren, würde sein körperliches Alter keine Rolle mehr spielen.
Jessicas Partnerschaft mit Leto würde ungewöhnlich sein, aber nicht seltsamer als die Beziehungen all der anderen Gholas untereinander, die an Bord des Nicht-Schiffes herangewachsen waren. Als Bene Gesserit konnte sie ihre Alterung verlangsamen, und nachdem nun wieder genügend Melange von Ordensburg, Buzzell und Qelso geliefert wurde, würden sie beide ein langes Leben genießen können. Sie würde Leto vorbereiten, und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde sie ihm helfen, die Erinnerung an seine frühere Existenz auszulösen. Auf wundersame Weise würde er dann wieder der Mann sein, den sie liebte, mitsamt allen Gedanken und Erinnerungen.
Sie musste nur noch ein oder zwei Jahrzehnte warten. Als Bene Gesserit konnte sie sehr geduldig sein.
Jessica griff nach seiner kleinen Hand. Diesmal würde es keine politischen Gründe geben, die sie an einer Heirat hinderten, wenn auch er es wollte. Sie wollte es auf jeden Fall. Für sie zählte nur, dass sie eines Tages ein Paar sein würden.
»Alles wird wieder genauso sein, wenn du dich schließlich erinnerst, Leto. Und alles wird ganz anders sein.«
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Wir sind überall von der Zukunft umgeben, und sie sieht der Vergangenheit sehr ähnlich.
Mutter Oberin Sheeana, Ansprache anlässlich der Gründung der Orthodoxen Schule in Synchronia
Die schwer angeschlagene und auf Dauer schiffbrüchige Ithaka war zum neuen Hauptsitz von Sheeanas Splittergruppe geworden. Innovative menschliche Architekten hatten das große Schiff in Zusammenarbeit mit Konstruktionsrobotern zu einem einzigartigen und imposanten Gebäude umgestaltet. Die Navigationsbrücke, das höchste Deck des Nicht-Schiffes, war geöffnet und zu einer Aussichtsplattform umgebaut worden.
Mutter Oberin Sheeana blickte über die atemberaubende, wiedererrichtete Stadt Synchronia. Sie zapfte ihr Erinnerungsreservoir an und zog Parallelen zu einer der ursprünglichen Bene-Gesserit-Schulen auf Wallach IX, die ebenfalls in einem städtischen Umfeld gelegen hatte. Hier waren noch viele Maschinentürme übrig geblieben, und einige bewegten sich immer noch wie zuvor, wenn dort automatisierte industrielle Prozesse abliefen.
Vor Jahren hatten Duncan und die Maschinen ihr geholfen, die ungewöhnliche Metropole umzubauen, obwohl er nicht das Gegengewicht zu seiner »wundersamen« Arbeit vergessen und den Menschen ermöglicht hatte, ihren eigenen aktiven Beitrag zu leisten. Genauso wie Sheeana wusste er, dass es gefährlich war, wenn die Menschen zu träge wurden, und er hatte nicht die Absicht, sie von Dingen abhängig werden zu lassen, die sie selber erledigen konnten. Die Menschheit musste möglichst viele ihrer Probleme allein lösen.
Gleichzeitig hatten sich einzelne Denkmaschinengruppen mit eigenen Zielen auseinanderentwickelt. Sie besiedelten Nischen, die für Menschen ungeeignet waren – verwüstete Planeten, gefrorene Asteroiden, atmosphärelose Monde. Die Galaxis war riesig, und nur ein kleiner Teil davon bot die nötigen Bedingungen für biologisches Leben. Trotzdem gab es mehr Lebensraum, als jedes Menschenimperium jemals benötigen würde.
Einige Roboter zeigten bereits Ansätze individueller Persönlichkeiten. Duncan wies darauf hin, dass sie eines Tages zu den größten Denkern und Philosophen der Geschichte werden könnten. Sheeana glaubte nicht daran und schwor, dass ihre Schüler, die hier ausgebildet wurden, seine Behauptung mit ihren überragenden Leistungen widerlegen würden.
Jeden Monat trafen neue Kandidaten ein, um dem orthodoxen Zentrum der Bene Gesserit in
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