Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
an den Abgrund seines Leben führen.“
Sein Atem wurde schneller und heftiger.
„Wahrlich, ich sage euch Gott ist gerecht. Allah ist allmächtig, Allah ist großmütig.“
Robert unterlag seinen Gedanken mehr und mehr. Er hatte sich so sehr hineingesteigert, dass er schon vor Erregung zu zittern begann.
„Hassan gehört in die Hölle“, murmelte er, „wer sorgt aber dafür, dass er seiner gerechten Strafe nicht entkommt? Wer schafft den Verbrecher in die Hölle? Allah würde ihn vielleicht für seine Gewalttaten gegen Ungläubige ins Paradies befördern und obendrein noch mit den siebzig Jungfrauen belohnen. Die hat er sich am Ende damit verdient, dass er sich an einer Ungläubigen vergangen hat.
Und der als so überaus gütig verherrlichte Gott der Christen schon gar nicht. Der würde sich am liebsten, so wie er es schon seit hunderten von Jahren getan hat, auch über den Flammen von Nadines Scheiterhaufen, schweigend die Hände wärmen.“
Roberts Blickfeld verengte sich mehr und mehr. Seine Gedanken fokussierten sich zunehmend auf Hassans Strafe. Er musste eine Entscheidung fällen, eine die nur er allein treffen und verwirklichen konnte.
„Wenn ihn niemand der gerechten Strafe zuführt, muss ich es machen. Wenn es eine Hölle gibt, soll er dort für seine Schuld büßen. Da ich nicht an eine göttliche Strafe glaube, werde ich ihn der Hölle ausliefern.“
Kapitel 55
Schluchzend saß sie vorn übergebeugt auf der Bank. Die Ellenbogen auf ihre Knie gestützt, verbarg sie das Gesicht in ihren Händen.
Nadine versuchte sich von den schrecklichen Bildern zu lösen, die immer wieder vor ihren Augen tanzten. Nach einigen Minuten schrecklicher Verzweiflung griff sie in ihre Handtasche und suchte nach einem der kleinen Kokain-Tütchen.
Als sie eines davon in ihrer Hand hielt, dachte sie erstmals wieder an Robert.
„Was hat er schon alles versucht und auf sich genommen, um mir zu helfen. Nie hatte er die Hoffnung aufgegeben, immer an mich geglaubt.“
Bei dem Gedanken an Robert brach endgültig alles über ihr zusammen. Jetzt gab es kein Halten mehr. Als sie an Robert dachte und das Kokain in ihren Fingern sah, begann sie hemmungslos zu weinen.
Nachdem sie sich wieder ein wenig gefasst hatte, begann sie mit den Selbstvorwürfen.
„Was hab ich ihm schon alles zugemutet?“ fragte sie sich.
„Er war immer für mich da, hat sogar seine ganzen Ersparnisse ausgegeben, um mir zu helfen. Und was mache ich? Mir fällt nichts Besseres ein, als immer nur nach meinen Wünschen weiterzumachen. Alles dreht sich bei mir um Koks. Immer nur Koks, Koks, Koks.“
Dann sah sie wieder das entsetzliche Bild von Hassan vor sich, wie das Blut aus ihm herausspritzte, der Schraubenzieher in seinem Hals. Der Schraubenzieher, mit dem sie ihn eigenhändig getötet hatte.
„Nein, das war nicht ich, es war das Kokain.“
Nach kurzem zögern ergänzte sie, „und wer hat sein Gehirn damit vollgepumpt? Ich. Also bin ich Schuld, sonst niemand.“
Sie wünschte sich, Robert wäre bei ihr und könnte ihr helfen.
„Er würde mir beistehen. Ganz bestimmt würde er mir sagen, was ich jetzt tun muss.“
Mit leerem Blick starrte sie wieder auf die kleine Tüte in ihren Händen. „Dieses weiße Pulver, das so harmlos aussieht, hat mir mein Leben zerstört.“
Sie suchte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch und putzte sich die Nase.
„Und schon wieder denke ich nur an mein verkorkstes Leben. Viel schlimmer ist doch, dass ich Robert auch noch auf dem Gewissen habe. Einen so anständigen und hilfsbereiten Menschen mit sich in diesen Dreck zu ziehen, ist gewissenlos und schäbig.
Hätte ich dieses Teufelszeug nie angerührt, wäre nicht nur mein Leben in Ordnung, sondern auch das von Robert.“
Das heftige Verlangen, noch einmal etwas zu nehmen, überfiel sie.
„Nur ein Mal noch.“
Sie kämpfte mit der Angst vor den Folgen des grässlichen Blutbads, welches sie angerichtet hatte.
Überall war Blut. Sie lag in seinem Blut.
Hassans fassungsloses Gesicht, der glasige Blick, sein letzter Atemzug…
„Es wird mir helfen, diese schrecklichen Bilder loszuwerden und den Weg zur Polizei kann ich dann auch leichter ertragen.“
Sie dachte wieder an Robert. Wie gern hätte sie ihn vorher noch gesehen, ihm alles erklärt und um Verzeihung gebeten. Sie wollte ihm sagen, wie gern sie mit ihm zusammengeblieben wäre, dass die Droge aber stärker war, als alle ihre
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