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Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut

Titel: Ed Loy - 01 - Blut von meinem Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Declan Hughes
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Abenddunst. Auf der anderen Straßenseite, umrahmt von ginsterbewachsenen Klippen und einem unansehnlichen Kiesstrand, lag der menschenleere Bahnhof; das Stationssignal stand auf Rot. Alle anderen Beerdigungsgäste waren längst gegangen, und ich wartete darauf, dass Linda ihr Glas austrank, damit ich sie nach Hause bringen konnte. Aber Linda wollte noch nicht nach Hause. Sie löste ihr Haar, schüttelte es nach vorn und streifte es dann nach hinten, aus dem Gesicht. Sie kniff die dunklen Augen zusammen, legte die Stirn in angestrengte Falten und spitzte die rot geschminkten Lippen zu einem kleinen Schmollmund, um ihren Worten noch mehr Gewicht zu verleihen.
    »Ich halt’s nicht mehr aus«, sagte sie. »Noch eine Nacht allein in diesem Haus überstehe ich nicht.«
    Ich ging nicht darauf ein. Irgendwie merkte sie dann doch, dass es nicht der beste Zeitpunkt war, mir ihre Probleme aufzuhalsen.
    »Oh, tut mir Leid, Ed«, sagte sie. »So was kannst du heute Abend nicht auch noch brauchen.« Dann fing sie plötzlich an zu weinen, verzweifelt wie ein verlorenes Kind. Ich nahm sie in den Arm und stellte ihr meine Schulter zur Verfügung. Das Meer war silbrig grau im Mondlicht, es glänzte wie feuchter Granit. Das Stationssignal sprang von Rot auf Gelb um, ein leichter Wind trug den fremden Duft der Eukalyptusbäume aus dem Hotelgarten herauf. Ich spürte Lindas kühle Wange am Hals, dann lag ihr warmer Mund auf meinem, und sie küsste mich. Ich erwiderte den Kuss, wandte das Gesicht zur Seite und drückte sie an mich. Einen Moment lang wurde sie ganz starr, dann klopfte sie mir zweimal leicht auf den Rücken, wie ein Ringer, der aufgeben will. Wir lösten uns voneinander, und sie trank ihr Glas aus, wischte sich die Augen und zündete sich eine Zigarette an.
    »Entschuldige.«
    »Macht gar nichts.«
    »Es ist nur … ich mache mir wirklich große Sorgen um Peter.«
    Peter Dawson war Lindas Ehemann. Ich war mit ihr zur Schule gegangen, und als ich Irland verließ, war ihr künftiger Mann noch keine drei Jahre alt. Ich hatte beide seit über zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Einen anderen Mann zu küssen ist sicher nicht die gängige Art, Sorgen um den Ehemann zum Ausdruck zu bringen, aber Linda hatte immer schon genau das getan, wonach ihr gerade war, und offenbar hatte sie sich nicht verändert.
    »Du hast doch gesagt, er ist geschäftlich unterwegs.«
    »Ich weiß nicht, wo er ist. Seit vier Tagen ist er jetzt weg. Er hat mich nicht angerufen, und im Büro haben sie auch nichts von ihm gehört.«
    »Hast du die Polizei eingeschaltet?«
    »Nein, wir … Das wollte ich nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil … Die Polizei hätte alles irgendwie so real gemacht. Außerdem habe ich immer noch gehofft, dass Peter einfach wieder nach Hause kommt, als wäre nichts gewesen.«
    Die Kellnerin kam und brachte Linda einen neuen Drink. Sie musste ihr hinter meinem Rücken ein Zeichen gegeben haben. Ich gab nach, bestellte meinerseits einen doppelten Jameson und zündete mir eine von Lindas Zigaretten an.
    »Das klingt, als wäre so was schon öfter vorgekommen. Ist Peter früher schon mal verschwunden?«
    »Keine vier Tage. Aber manchmal … na ja, wir streiten eben ab und zu. Und Peter haut dann irgendwann einfach ab. Du weißt ja, wie das in einer Ehe ist. Oder? Es ist so lange her, ich weiß nicht mal, ob du … Eigentlich weiß ich gar nicht viel über dein Leben, Edward Loy.«
    »Ja, ich war mal verheiratet.«
    »Und?«
    »Es hat nicht gehalten.«
    »Hattet ihr Kinder?«
    »Eine Tochter.«
    »Ich nehme an, sie lebt bei ihrer Mutter. Vermisst du sie? Was rede ich für dummes Zeug, natürlich vermisst du sie.«
    Aus dem Tunnel unter den Klippen donnerte ein Schnellzug hervor und schoss durch den Bahnhof. Die Waggons waren hell erleuchtet und voll besetzt mit Fahrgästen. Am liebsten wäre ich einer von ihnen gewesen und in diesem Zug durch die Nacht gebraust.
    Mein Whisky kam. Ich goss ein bisschen Wasser dazu und kippte ihn zur Hälfte hinunter.
    Linda redete unbeirrt weiter.
    »Tommy Owens hat dich drüben besucht, nicht?«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du noch Kontakt zu Tommy Owens hast.«
    »Ich habe ihn neulich abends im Hennessy’s getroffen. Und bevor du fragst: Nein, ich gehe da nicht oft hin, nur wenn ich mich … noch eingesperrter fühle als sonst.«
    »Das Hennessy’s. Ist das immer noch der gleiche miese Schuppen?«
    »Was immer du brauchst, im Hennessy’s kriegst du es. Weiß der Himmel, warum der Laden noch

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