Eerie Spook (German Edition)
Sam, vor allem um diese frühe Morgenstunde (ein Blick auf die Küchenuhr hatte ihm gezeigt, dass es erst halb acht war! Halb acht! Um die Zeit ging er nicht einmal aus dem Haus, wenn er arbeiten musste!), noch nicht ganz auf die Reihe brachte.
Spook dagegen schien mit der frühen Stunde keinerlei Probleme zu haben. Wieso sollte er auch? Er konnte sich ja später wieder vor dem Kamin auf das Sofa kuscheln und den ganzen Tag verpennen. Nun, im Grunde könnte Sam das auch, niemand würde ihn daran hindern, doch er wusste, er würde es nicht tun. Denn seine Finger juckten schon wieder nach der Tastatur seines Notebooks.
Aber zuerst würde er im Dorfladen Hundefutter kaufen und sich nach den Besitzern von Spook erkundigen.
»Guten Morgen, Eva!«, rief er, als er von leisem Klingeln begleitet durch die Ladentür trat.
»Guten Morgen, Samuel. Das Übliche?«, antwortete die junge Frau und lächelte ihm strahlend zu.
Eva lächelte stets strahlend. Was immer sie nahm, Sam wollte es auch. Und Eva bestand wie seine Mutter darauf, ihn mit seinem vollen Namen anzusprechen. Einem Namen, der ihn an alte bärtige Propheten denken ließ. Da war ihm Sam noch lieber, auch wenn er fand, das sei ein Name für einen Golden Retriever.
»Ja, das Übliche. Außerdem: Habt ihr Hundefutter?«
»Hundefutter? Hast du jetzt einen Hund?«
»Mehr oder weniger. Mir ist gestern Nacht einer zugelaufen. So ein Kleiner. Er wartet vor der Tür.«
»Oh, wie nett«, erwiderte Eva. Doch es klang überhaupt nicht nett, wie sie es sagte. Eher … kühl und vorsichtig.
Jetzt trat sie hinter der Ladentheke hervor und blickte an Sam vorbei durch die Glastür.
»Da ist kein Hund. Nur ein Stück Wäscheleine«, stellte sie fest.
Sam fuhr herum – und tatsächlich: Am Fahrradständer vor der Tür hingen nur noch sein selbst gebasteltes Behelfshalsband und die rote Wäscheleine.
»Fuck!« , schimpfte er und rannte aus dem Geschäft.
Evas »Samuel, warte!«, hörte er nicht mehr.
»Spook! Hund! Wo bist du?, rief Sam und kam sich etwas dämlich dabei vor, aber er wollte den Hund einfangen, bevor er überfahren wurde, oder ihm sonst etwas passierte. Ihm wurde ganz anders, wenn er nur daran dachte. »Spook!«, schrie er und nun mischte sich Panik in seine Stimme. »Komm wieder her!«
Sam hetzte die leere Dorfstraße entlang, vorbei an alten Bauernhäusern und der Dorfkneipe. Da! Am Ende der Straße! Huschte da nicht gerade sein Hund um die Ecke? Er beschleunigte seine Schritte und bog Sekunden später um die Kurve, an der er Spook gesehen zu haben glaubte.
Moderne Einfamilienhäuser, eine Post, ein Kleidungsgeschäft, das in den Achtzigerjahren das letzte Mal sein Sortiment geändert zu haben schien, ein Schuster, dann war Sam schon fast am Dorfrand. »Hund!«, rief er wieder und drehte sich hilflos um die eigene Achse.
»Spook!«
Jetzt klang er eindeutig panisch! Die nächste Straße, erinnerte er sich, war die viel befahrene Hauptstraße in die nächstgrößere Stadt!
»Spoooooook!«
Doch von Spook war nichts zu sehen.
»Was schreien Sie hier so herum?«, sprach ihn eine raue, verschlafene Stimme von hinten an.
»Mein … äh, ich suche einen Hund. Er ist … weggelaufen. Sorry für den Lärm!«, stammelte Sam entschuldigend und fand es nahezu pathetisch, wie seine Stimme bebte.
Der kleine Streuner war sicher ein Profi im Ausreißen, doch er sorgte sich so sehr! Als er sich zu der Person umdrehte, die ihn so ruppig auf seine Ruhestörung aufmerksam gemacht hatte, wurde er auch noch rot. Denn er sah sich nicht wie erwartet einem grauhaarigen Dorfältesten mit Bierwampe gegenüber, sondern einem … Traum. Trotz seiner Sorge um Spook entging ihm das keineswegs. Niemandem, der nicht erblindet war, hätte dies entgehen können – und auch ein Blinder hätte die erotische Stimme, die gerade, nun schon freundlicher, fragte: »Wie sieht ihr Hund denn aus?«, bemerkt und sich auf der Stelle in sie verliebt … Okay, das war jetzt richtig pathetisch. Aber hey, vor ihm stand an einem offenen Erdgeschossfenster ein Mann des Modells Wow! – oh Gott, hoffentlich hatte er das jetzt nicht laut gesagt, nicht mal mit den Lippen geformt! Egal, wie sexy sein durchtrainierter Oberkörper war und wie anziehend seine maskulinen, ebenmäßigen Züge oder die schönen, blauen Augen, die ihn verschlafen unter zerzaustem, braunen Haar anblickten – er war kein verliebtes Gör! Also sollte er sich auch nicht so benehmen.
»Hat es dir die Sprache
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