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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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zu bedenken.
    «Der Junge ist total fertig. Das war nicht geschauspielert, was ich eben in seinem Zimmer erlebt habe. Außerdem hat er von sich aus zugegeben, Nilgüns Schrank aufgebrochen zu haben. Und er hat mit seiner Aussage Osman und Murat entlastet.»
    Navideh sah ihn erstaunt an. «Ach, ja?»
    «Roman hat Murat am Dienstagmorgen bei den Fahrradständern vor dem Haupteingang der Schule gesehen. Osman und Murat haben unabhängig voneinander ausgesagt, dass sie am Montagabend zusammen nach ihrer Schwester gesucht haben. Also gingen sie am Dienstagmorgen noch davon aus, dass Nilgün nur verbotenerweise von zu Hause weggeblieben war. Sie wollten sie an ihrer Schule abfangen und zur Rede stellen. Mit anderen Worten, sie haben sie nicht getötet!»
    «Denk daran, dass wir auch eine andere Variante für möglich gehalten haben», warf Navideh ein. «Murat, Osman und Kemal Cetin haben Nilgün getötet und am nächsten Morgen die Suche vor der Schule nur inszeniert, um sich ein Alibi zu verschaffen.»
    Steenhoff öffnete ihr Auto. Nachdenklich schüttelte er den Kopf. «Dann hätten sie es auffälliger gemacht. Roman sagte, er habe Murat beinahe übersehen, weil er so tat, als würde er ein Rad abschließen. Nur weil zufällig der Besitzer des Rades auf Murat aufmerksam wurde und ihn laut ansprach, hat er Murat bemerkt.»
    «Und wenn Nilgün tatsächlich erst am Montag bei jemandem genächtigt hat und erst später von den männlichen Familienmitgliedern erwischt und getötet wurde?»
    «Aber warum sollte sich dann die Person, mit der sie zuletzt Kontakt hatte, nicht bei uns melden? Egal ob es sich nun um eine uns noch unbekannte Freundin handelt oder um den ominösen neuen Freund?», entgegnete Steenhoff.
    «Entweder weil die Person selbst etwas mit ihrem Tod zu tun hat oder weil es sie gar nicht gibt», spielte Petersen den Ball zurück.
    Steenhoff nickte, und Navideh wartete darauf, dass er den Zündschlüssel ins Lenkradschloss steckte. Aber Steenhoff beobachtete konzentriert eine junge Mutter, die mit ihrem kleinen Kind an der Hand den Bürgersteig entlanglief. Der alte Leitsatz seines verstorbenen Kollegen Paul Bennecke kam ihm plötzlich in den Sinn: «Denk erst das Naheliegende und dann das Unwahrscheinliche. 95   Prozent aller Täter sind so wie wir, ganz normale Menschen!»
    Steenhoff nahm sein Handy und wählte Wessels Nummer. Während des Telefonats wartete Navideh ungeduldig.
    «Wir sollten nochmal an Kemal Cetin ran», sagte Steenhoff,nachdem er das kurze Gespräch beendet hatte. «Michael hat ihn am Sonntagnachmittag aufgesucht, aber er war nicht zu Hause. Angeblich war er bei seiner Frau im Krankenhaus. Besma Cetin hat einen Zusammenbruch erlitten.»
    «Die arme Frau», sagte Navideh spontan.
    «Ja, sie und die Kleine können einem leidtun», stimmte ihr Steenhoff zu. Er startete das Auto und wendete auf der Straße.
    «Wir fahren zu Cetins Gemüseladen. Ich will wissen, was er am Montagabend zwischen 20 und 21   Uhr gemacht hat.»
     
    In dem Geschäft trafen sie nur auf Murat. Der junge Mann zuckte zusammen, als er die beiden Beamten erkannte. Dann bot er ihnen höflich einen Platz in dem kleinen Nebenraum des Ladens an. Doch Steenhoff lehnte ab.
    «Wir wollten deinen Vater sprechen. Kannst du uns sagen, wann er wiederkommt?»
    «Ja. Morgen oder übermorgen. Er ist bei Verwandten in Bochum.»
    «Ich denke, deine Mutter liegt im Krankenhaus», sagte Petersen verblüfft.
    «Ja. Sie hat wieder ihre Depressionen. Wir kennen das schon. Nur diesmal ist es schlimmer als sonst. Sie ist vor Kummer zusammengebrochen. Kreislauf oder so sagen die Ärzte. Wir besuchen sie abwechselnd.»
    «Und was hat dein Vater so Wichtiges mit Verwandten zu besprechen, dass er gerade jetzt losfahren muss?»
    Murat zuckte mit der Schulter. «Es geht ihm nicht gut. Er braucht jemanden zum Reden.»
    «Warum ist er nicht zu eurem Onkel Ayub nach Bremerhaven gefahren?»
    «Onkel Ayub ist krank. Herz oder so. Mein Vater wollte ihn nicht mit der Sache aufregen», antwortete Murat schnell.
    Steenhoff sah den jungen Mann prüfend an. Er wirkte nervös, hielt aber dem Blick stand. Steenhoff nickte ihm zum Abschied zu.
    Die beiden Beamten waren noch nicht aus seinem Blickfeld verschwunden, als Murat zum Telefon griff und seinen Vater anrief.
     
    «Dreh dich nicht um, aber ich könnte wetten, dass Murat schon telefoniert», sagte Steenhoff, als sie auf die Straße traten.
    «Hören wir sämtliche Anschlüsse ab?»
    «Ja. Vorausgesetzt, die

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