Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
Lachanfall auszulösen. Ich beobachte, wie Adis Kopf die Treppe hinunter verschwindet. »Sollte er nicht eher dir folgen?«, flüstere ich zurück.
»Sehr verehrte Damen und Herren, ich darf Sie herzlich zum Cabaret begrüßen!«, verkündet David.
Als ich aufschaue, fällt mein Blick auf Danny, einen weiteren Kollegen von Adi. Wie kann er nur? Seine behaarte Brust hat er in mein Brokatkorsett gequetscht, und Blumen aus Seidenorganza balancieren auf seinem drahtigen Haar. Wie eine der bösen Stiefschwestern aus Aschenputtel torkelt er auf wackeligen Beinen über den Treppenabsatz. Er packt das Treppengeländer und hat keine Ahnung, wie er die schmalen, engen Cottagestufen in meinen mit Fell besetzten Pantoletten hinunterkommen soll. Gelächter ertönt.
»Die sehen aus, als seien sie für ihn gemacht!«, lacht Heather Weatherall und leert ein weiteres Glas des rosafarbenen Champagners.
Ich bekomme keine Luft mehr. Aller Lärm scheint plötzlich meilenweit entfernt zu sein. Meine Schläfen pochen, als ich sehe, wie Danny die Treppe herunterkommt. Seine dunkelbehaarten Beine stolzieren die schmalen Stufen hinunter. Ich glaube, ich falle gleich in Ohnmacht. Doch da nimmt mich die Frau in meinem Tulpendesign an die Hand und führt mich in die Küche.
»Das ist dir gar nicht recht, oder?«, fragt sie mich besorgt. »Dein Gesicht … Du siehst aus, als hättest du gerade ein Gespenst gesehen.«
»Oh, mir geht’s gut. Er sieht in meinen Kleidern lustig aus, nicht wahr?«, sage ich und lache gekünstelt.
»Na ja, die Burleske scheint ja wieder in zu sein«, lächelt die Frau.
»Das Korsett ist noch original Jugendstil; der Brokat hat ein Blättermuster. Ich habe es in Tooting in einem Secondhandladen gefunden. Ich kann es einfach nicht fassen, dass er – dass irgendjemand – meine Sammlung durchwühlt!«, murmele ich und schenke mir ein großes Glas Wein ein. »Wenn Adi ihn auf die Idee gebracht hat, bringe ich ihn um.«
»Bist du jetzt nicht ein wenig zu streng mit ihm?«
»Nein. Ich würde ihn nicht umbringen; ich würde einfach den Inhalt seines kompletten Kleiderschrankes zerschneiden. Er mag nicht sonderlich viele Jeans und Hemden haben, aber die, die er besitzt, haben ihn ein Vermögen gekostet.«
»Man sieht gleich, dass dein Mann nicht gerade bei H&M einkauft.«
»Woher weißt du das?«, frage ich.
»Es sind die vielen kleinen Details«, erwidert sie mit einem vielsagenden Lächeln. »Und die sichtbaren Label-Schilder«, gibt sie dann zu.
Wir müssen beide kichern, als würden wir uns schon eine halbe Ewigkeit kennen.
»Aber der Kerl auf der Treppe hätte wenigstens die Stile aufeinander abstimmen können. Ein Korsett aus den 1920er Jahren, zusammen mit Hausfrauenpantoletten aus den Siebzigern: Das geht einfach nicht. Übrigens, ich heiße Liz. Es ist, als würde man die Garderobe meiner Mutter mit der meiner Urgroßmutter vermischen.«
Ich lache und bin beeindruckt, dass sie so viel über Mode weiß.
»Ich nehme an, dass die Dame, die mein Kleid in den Fünfzigerjahren getragen hat, sich bestimmt im Grab herumdrehen würde, wenn sie wüsste, dass ich es mit Leggings und Ballerinas kombiniere!« Ich trinke einen Schluck Wein. Die komplette Geschichte verschweige ich lieber. Dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um ihr zu erzählen, dass dies das Lieblingskleid meiner Mutter war.
Wir bleiben in der Küche. Insgeheim frage ich mich, wie Liz die Farbgestaltung findet. Denn ich habe mir allergrößte Mühe gegeben: Meine nur schwach leuchtende, elfenbeinfarbene Nachttischlampe steht auf der beschichteten Formica-Küchenzeile, und die schokoladenbraunen Wände sehen in dem gedämpften Partylicht gar nicht mal so schlecht aus. Allerdings trauere ich immer noch meiner schönen Arbeitsplatte aus glänzendem Granit und dem Keramikspülbecken hinterher, die ich in London hatte. Mrs Jones’ Küche hat seit den späten Sechzigern keine Frischzellenkur mehr verpasst bekommen. Ich sammle eigentlich nur Vintagekleider, obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass vielleicht die eine oder andere Schüssel mit Leopardenfellmuster oder Kuchenetagère von Clarice Cliffe (Adi würde sagen, dass ich hier hoffnungslos untertreibe) den Weg zu uns ins Haus gefunden hat. Mein Einrichtungsgeschmack hat sich mit der Zeit doch eher an Adis angenähert. Er ist Minimalist. Die Zeiten, in denen ich die Schlafzimmer leuchtend rot angestrichen und ausgefallene Stoffe an die Decke gehängt habe, sind definitiv vorbei. Jetzt
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