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Ein delikater Liebesbrief

Ein delikater Liebesbrief

Titel: Ein delikater Liebesbrief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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zum Anziehen bekommt.«
    Doch Josie schüttelte energisch den Kopf. »Oh nein, sie darf sich noch nicht umziehen. Miss Peeves sagt, sie muss die Kleider anlassen, bis sie trocken sind, sonst wird sie nie lernen, mit dem Spucken aufzuhören.«
    Henrietta kniff die Augen zu schmalen Schlitzen. »Wie bitte?«
    Josie wiederholte das Gesagte und fügte hinzu: »Können wir uns bitte setzen und warten, bis das Kleid getrocknet ist? Dann merkt Miss Peeves nichts davon und Anabel hasst es, geschlagen zu werden.«
    »Habe ich dich also doch richtig verstanden«, meinte Henrietta. »Ich werde eurem Kindermädchen ganz gewiss nicht erlauben, Anabel zu schlagen, aber ich habe durchaus die Absicht, sie sogleich in frische Kleider stecken zu lassen. Ich werde mal ein Wörtchen mit eurem Kindermädchen reden. Und mit eurem Vater.« Sie streckte Josie ihre freie Hand hin und diese zögerte keine Sekunde und spazierte an Henriettas Seite über die Straße und auf den Gasthof zu.
    Als sie sich vorsichtig ihren Weg zwischen den Eisplacken des Bürgersteiges hindurch bahnten, eilte ein beleibter Mann aus der Goldenen Hirschkuh .
    »Lady Henrietta!«, rief er. »Was für eine Freude, Sie wiederzusehen!«
    »Guten Tag, Sir. Wie geht es Ihnen und Mrs Gyfford?«
    »Sehr gut, danke. Zu gütig, dass sie gefragt haben, Lady Henrietta, ich werde es auch meiner Frau ausrichten. Aber was um alles in der Welt …?« Er wies mit dem Kinn auf Anabel. »Das Kind ist doch viel zu schwer für Sie. Wessen Kind ist es überhaupt?«
    »Ich kann sie problemlos tragen, Mr Gyfford.« Das war eine Lüge, denn Henrietta spürte bereits, dass eines ihrer Beine nachgab. Wenn sie Anabel nicht bald absetzte, würde sie in Schieflage geraten wie ein Schiff im Sturm. Sie packte die Kleine fester.
    »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir sagen, zu wem diese Kinder gehören. Ich traf sie, während sie auf der High Street herumspazierten. Josie, kannst du …?«
    Doch in diesem Augenblick hatte Gyfford Josie erkannt und seine Miene hellte sich auf. »Das sind die Kleinen von Mr Darby. Er hat einige Privatzimmer gemietet. Nun, junge Dame, wie sind wir denn aus dem Gasthof entwischt?«
    »Ich würde gern Mr Darby sprechen«, sagte Henrietta mit Nachdruck. »Könnten Sie mir den Blauen Salon zur Verfügung stellen, Mr Gyfford? Und mit dem Kindermädchen möchte ich auch ein paar Worte reden.«
    Der Gastwirt eilte ihnen durch den steinernen Bogengang voran, der in das eigentliche Haus führte. »Was das betrifft, Mylady: Das Kindermädchen ist soeben abgereist.«
    »Abgereist?« Henrietta blieb in dem schmalen Korridor stehen. »Das erklärt wohl, warum die Kinder ganz allein auf der Hauptstraße herumgestromert sind.«
    Mr Gyfford nickte beifällig, während er die Tür zum Blauen Salon öffnete. »Sie ist erst ganz kurz weg, mit Taschen und Koffern und ohne vorher etwas zu sagen. Sie meinte, ihr Vertrag sähe nicht vor, außerhalb von London zu arbeiten, und außerdem bekäme ihr das Reisen nicht. War fast in Tränen aufgelöst und meinte, die Kinder seien ihr zu viel und sie sei ausgenutzt worden und so weiter.«
    Nach Henriettas Ansicht war Miss Peeves selbst eine herzlose Kreatur, wenn sie nach Josies freimütigem Bericht über Anabels Erbrechen und den Umgang mit nassen Kleidern urteilte. Dass die kleine Anabel an ihrer Schulter eingeschlummert war und sich offenkundig wenig um feuchte Kleidung scherte, beruhigte Henrietta keineswegs. Die Kleine konnte sich eine Lungenentzündung geholt haben. Da überdies Bartholomew Batt in seinen Richtlinien und Anleitungen für die Gesundheit und Erziehung von Kindern die Ansicht vertrat, ein Kindermädchen lege mit seiner Behandlung den Grundstein für das Leben seiner Schützlinge, hatte Anabels Vater höchst fahrlässig gehandelt, indem er eine so schäbige Person für seine Kinder engagiert hatte.
    »Gehen Sie nur hinein, Lady Henrietta. Ich lasse sofort Tee bringen. Es war gewiss mühselig, das Kind über die ganze Straße zu schleppen.«
    »Ich danke Ihnen vielmals, Mr Gyfford«, erwiderte sie, während sie in den Blauen Salon schritt. »Ein Glas Wasser würde mir jetzt guttun.«
    Der Salon war leer. Blauer Teppich bedeckt den Boden bis zu den Fenstern hin, die auf Limpley Stokes Hauptplatz hinausgingen. Henrietta drehte sich um und wollte nach dem Aufenthaltsort des Vaters der Kinder fragen, doch Mr Gyfford verbeugte sich bereits vor dem Manne, der in just diesem Augenblick durch die Tür schritt.

3
    Die Agonie der

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