Ein Engel fuer Emily
»Steigen Sie sofort aus meinem Wagen! Verschwinden Sie aus meinem Leben!«
»Es geht um diesen Mann, stimmt’s?«, fragte er und sah sie an. »Er hat Sie wieder enttäuscht, hab’ ich Recht?«
Im ersten Moment hatte sie keine Ahnung, wovon er überhaupt redete, dann wäre sie um ein Haar explodiert. »Donald? Sie fragen mich nach dem Mann, den ich liebe?«
»Gibt es in diesem Land nicht eine Bezeichnung für so jemanden? Oder war das in Persien? Wie war das noch? O ja, ein Schatz. Er ist Ihr ...«
Emily ballte die Fäuste und fuhr zu ihm herum, als wollte sie ihm einen Boxschlag versetzen. Aber er hielt ihre Handgelenke fest und starrte ihr ein paar Sekunden tief in die Augen. »Sie haben ziemlich schöne Augen, Emily«, sagte er leise. Seine tiefe Stimme machte sie stutzig, dann wand sie sich aus seinem Griff und ließ sich auf dem Fahrersitz zurücksinken.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte sie niedergeschlagen.
»Ich weiß nicht«, erwiderte er. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich hier bin. Michael sagte mir, dass es ein großes Problem auf der Erde gebe, mit dem Sie zu tun haben, und er fragte mich, ob ich bereit sei, in einen menschlichen Körper zu schlüpfen, um dieses Problem zu lösen.«
»Ich verstehe«, entgegnete Emily matt. »Und wer ist dieser Michael?«
»Der Erzengel Michael natürlich.«
»Klar«, gab Emily zurück. »Dass ich darauf nicht gleich gekommen bin! Und ich nehme an, Gabriel ist Ihr bester Freund.«
»Lieber Himmel, nein! Ich bin nur ein Engel auf der sechsten Ebene. Diese beiden sind ... na ja, es gibt nicht einmal mehr eine Ebene, mit der ihr Status zu beschreiben wäre. Aber wenn Michael einen um etwas bittet, dann tut man es, ohne Fragen zu stellen.«
»Also sind Sie auf die Erde gekommen, um mir zu helfen, etwas zu tun...«
»Oder Ihnen bei einer Sache zu helfen, in die Sie verwickelt sind.«
»Ja, natürlich. Danke, dass Sie das richtig gestellt haben. Und jetzt, da das geklärt ist...«
»Emily, wir sind beide müde. Diese menschlichen Körper sind wirklich schwerfällig und plump ...Wie drücken Sie sich aus? Ich bin katzenmüde.«
»Hundemüde«, korrigierte sie ihn resigniert.
»Ja, das bin ich - hundemüde«, sagte er. »Und ich denke, ich möchte mich ausruhen. Können wir jetzt in Ihr Hotel gehen? Sie haben doch ein Zimmer mit zwei Betten, nicht? Oder haben Sie meine Anweisungen nicht befolgt? Manchmal ist es wirklich schwierig, sich den Sterblichen verständlich zu machen. Ihr Menschen hört nicht sehr gut zu.»
Emily öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Vielleicht brauchte sie nur zu schlafen, und wenn sie aufwachte, merkte sie, dass alles nur ein Traum war. Sie steckte den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr ohne ein weiteres Wort zu dem Gasthof.
Kapitel 2
Als Emily am folgenden Morgen aufwachte, überkam sie Panik. Sie kam zu spät zur Arbeit oder verpasste jemanden, mit dem sie eine Besprechung hatte, oder sie musste ... überrascht - angenehm überrascht - registrierte sie, dass das ganze Wochenende vor ihr lag. Sie hatte frei bis zum Dienstag, und heute war erst Samstag!
Sie drehte sich unter dem himmlisch weichen, warmen Daunenplumeau um, kuschelte sich tiefer in das duftende Bett und dachte: Was für einen eigenartigen Traum ich hatte - von braunäugigen Engeln, Autounfällen und ... Sie versank wieder in Schlaf, ehe sie den Gedanken zu Ende bringen konnte.
Die Sonne, die in ihr Gesicht schien, weckte sie, und als sie zum Fenster blinzelte, glaubte sie einen Mann vor dem grellen Licht stehen zu sehen. Er hatte das Gesicht abgewandt, aber er schien zwei riesige Flügel am Rücken zu haben. »Ich bin noch nicht wach«, murmelte sie und kroch wieder ganz unter das Plumeau.
»Guten Morgen«, begrüßte sie eine angenehme männliche Stimme.
Emily achtete nicht darauf und hielt ihre Augen geschlossen.
»Ich habe Ihnen das Frühstück gebracht«, fuhr die Stimme fort. »Es gibt frische Erdbeeren aus dem Garten des Wirts und kleine, mit Karotten gebackene Muffins, kalte Milch und heißen Tee. Ich habe die Wirtin gebeten, Ihnen ein weich gekochtes Ei zu machen. Vier Minuten -so mögen Sie doch Ihr Frühstücksei, habe ich recht?«
Mit jedem Wort, das sie hörte, wurde die Erinnerung an die letzte Nacht klarer. Natürlich konnte das alles nicht die Wirklichkeit sein. Sie schob argwöhnisch die Decke von ihrem Gesicht und sah den Mann an. Er trug dasselbe dunkle Hemd und die dunkle Hose wie gestern, und jetzt, im hellen Tageslicht,
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