Ein Fall von Liebe
gesehen hatte, beherrscht war. Das Essen und die Weine waren ausgezeichnet, und Peter genoß es besonders, weil er das Gespräch wieder auf Tim bringen konnte. Er erfuhr, daß er ein hochbegabter Jurastudent gewesen war, daß er mehrere unglückliche Liebesaffären gehabt hatte, daß er, außer bei Walter, die ›heiteren Runden‹, wie Walter es nannte, mied.
Den Kaffee tranken sie in einem kleinen Studio, wo sie von einem halben Dutzend Bonnards begrüßt wurden. Peter schwenkte seinen Kognak in einem großen Glas und seufzte. Er hatte den Punkt erreicht, wo er sich nicht mehr sehr lange auf etwas konzentrieren konnte. Er konnte nicht mehr klar denken, aber ihn erfüllte ein Gefühl des Wohlbehagens. Besser betrunken als von Marihuana berauscht. Es war nicht so verwirrend.
»Dies ist der schönste Abend, den ich seit langem erlebt habe«, sagte er. »Du bist ein Glückspilz.«
»Nun ja, vielleicht. Wenn ich einen so charmanten Menschen wie dich kennenlerne und ihm etwas Freude machen kann, spüre ich das sehr stark. Es geschieht nicht sehr oft. Laß mich dir noch einen Kognak eingießen.«
Sie tranken ihren Kognak, und Peter drehte sich alles im Kopf, während Walter erzählte, wie er dies und jenes in seiner Sammlung erworben hatte. »Ich habe ein paar besonders schöne Bilder im Schlafzimmer«, sagte er schließlich. »Sie werden dir bestimmt gefallen. Nehmen wir den Kognak mit.«
»Nun, ich...«
»Ach, natürlich. Ich weiß, was du denkst, aber ich versichere dir, ich habe nicht die Absicht, dich anzurühren.«
»Nein, ich meinte nicht...«
»Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie es für jemand mit deinem Aussehen sein muß, beständig belästigt zu werden. Es muß sehr unangenehm sein. Ich liebe das ganz und gar nicht. Sollen wir gehen?«
»Ja, natürlich.«
Es nagte noch ein kleiner Zweifel in ihm, aber er rief sich Tims beruhigende Worte ins Gedächtnis. Walter nahm die Flasche und ging ihm durch einen langen Korridor in ein großes dunkles Schlafzimmer voran. Er machte Licht. Eine ganze Wand war mit Zeichnungen männlicher Akte bedeckt, lauter Museumsstücken.
»Donnerwetter«, stöhnte Peter.
»Sie sind sehr schön, nicht wahr? Nimm dir Zeit, sie zu betrachten.«
Peter ging von einem zum anderen. Wenn er vor einem stehenblieb, sagte Walter ein paar erklärende Worte. Er malte sich aus, daß Charlies Zeichnungen hier hingen, und fand, daß sie einem Vergleich überraschend gut standhielten. Er kehrte zu seinem Gastgeber zurück.
»Wundervoll.« Er lachte, erleichtert jetzt, da Walter ihm einen weiteren Beweis seiner guten Absichten gegeben hatte. »Eine ganze Schar, mit der du da schläfst.«
»Ich würde dich so gern nackend neben ihnen sehen. Das dreidimensionale Modell sozusagen und die Idealisierungen durch die Maler.«
»Ich bin viel dünner als diese Burschen. Ich bin mehr wie der.« Er deutete auf einen erlesenen Donatello.
»Reizend. Ich wünschte, du würdest es mir zeigen.«
»Scherzt du?«
»Natürlich nicht. Ich werde dich nicht anfassen, weißt du.«
Peter hatte genug getrunken, so daß der Gedanke, sich auszuziehen, ihm eher komisch vorkam. Er dachte an Tims Worte. Walter war sehr nett gewesen. Wenn er so auf seine Kosten kam, was machte es dann schon! Er zuckte die Schultern und lachte. »O. k., wenn du’s wirklich willst.«
»Wie entzückend! Geh dort hinein, du findest dort Bügel und alles, was du brauchst.« Er deutete auf eine Tür, die, wie Peter entdeckte, in ein geräumiges Ankleidezimmer führte. Als er seine Sachen ausgezogen und aufgehängt hatte, streckte er sich und strich sich mit der Hand über Brust und Bauch. Nacktheit war etwas ganz Natürliches für ihn geworden. Es machte ihn nicht befangen. Er kehrte in das Schlafzimmer zurück, wo Walter sich inzwischen in einem Morgenrock auf dem Bett ausgestreckt hatte. Sein Blick fiel sofort auf einen kleinen Handmassageapparat auf dem Tisch neben ihm. Er wußte nicht, wofür der war, hatte nur den einen Gedanken, fortzulaufen. Er fragte sich, wie er das könnte, ohne eine Szene zu machen.
Walters gleichmäßige, nicht emphatische Stimme klang besänftigend. »Wie hübsch. Genau das hatte ich erhofft. Dein Körper ist so makellos, daß man es kaum glauben kann. Du bist einer der schönsten Jungen, den ich je gesehen habe. Komm, stell dich dort drüben hin.« Er deutete auf eine Stelle am Fuß des Bettes. Peter kam vorsichtig näher. »Ja, deine Bewegungen sind vollkommen. Du kannst dir nicht vorstellen, was für
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