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Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten

Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten

Titel: Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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eine Frau, und es war Nacht, und wir alle taten, was uns zugefallen war. Der Hund schnüffelte nach Igeln am Zaun. Die Frau räkelte sich, ich spürte, wie sie durch die eben gehörte Möglichkeit lebendiger wurde.
    Ich fragte sie, schläft denn Ihre Seele noch, Pamela.
    Wie bitte?!
    Die Glut im Dunkeln blieb auf halber Strecke stehen.
    Ihre Seele, Pamela, wiederholte ich.
    Sie antwortete nicht.
    Und dann sagte sie doch etwas. Sie stand auf, also schön, flüsterte sie mehrmals, schon gut, wenn Sie das wollen, wir können es probieren. Und der Hund winselte, weil Pamela Krv ihn getreten hatte. Sie trat ihn noch mal.
    Verzieh dich, sagte sie zu ihm, verschwinde, du Mistvieh.
    Und dann muß ich wohl von einem Augenblick auf den andern eingeschlafen sein. War es Schlaf, war es Ohnmacht, egal. Ich lag auf dem Boden wie einer, den niemand mehr rufen wird. Nach dem Aufwachen halte ich immer lange die Augen geschlossen. Und auch jetzt hielt ich sie geschlossen, aber ich war schon wach und aufmerksam. Pamela Krv atmete auf mein Gesicht. Kräftige, kalte Finger legten sich prüfend an meine Wangen, meinen Mund und meinen Hals.

Veronika Schwarz
    Ich heiße Bog Dan und habe dort, wo der Fluß mit dem gelben Rücken sich verzweigt und das Land in drei Provinzen teilt, ein Gehöft gekauft. Als ich jung war, in einer stillen Sommernacht, haben mich balkanesische Grasmusiker behext, die mit Löwenzahn, Schilf und trockenen Halmen so gut spielten wie die in den fürstlichen Landhäusern herumhängenden cyanfingrigen Hofmusikanten. Ich war arglos, und die schöne Musik machte mich weich. Anders als in der Sage wurden die Dinge in meiner Hand nicht zu Gold. Wenn ich das Essen berührte, verdarb es und wurde ranzig, Fleisch begann zu stinken, auf Brotrinde blühte augenblicklich der Schimmel, Wein wurde sauer wie Essig, und aus dem Obst quoll ein brauner, ekelerregender Saft. Ich mußte gefüttert werden wie ein Kleinkind. Und wenn sie mir die Bissen vor den Mund hielten, starrte ich nur meine Hände an, die dicken und behaarten Finger, und sang mit kehliger Stimme. Zähne hatte ich, ehrlich gesagt, kaum welche, vielleicht konnte ich deshalb so schön singen. Einmal fragte ich einen allwissenden Wolkenbändiger, ob meine Absonderlichkeit eigentlich eine Krankheit sei oder eine Begabung.
    Du bist krank, sagte der Ukrainer und spuckte mir vor die Füße.
    An Geld mangelte es mir nicht, denn ich hatte von Jugend auf viel getötet und auch geerbt, natürlich machte ich auch Raubüberfälle und betrieb dunkle Geschäfte. Geld verdarb mir nicht in der Hand. Ich ließ das verfallene Gebäude von einer Maurerbrigade umbauen, die Männer hatten die von Blut dampfenden Kriege im Süden mitgemacht. Abends erzählten sie von den Toten, die sie in den neu errichteten Häusern und Schlössern eingemauert hatten. Diese Leute wußten, daß zur Entstehung von Legenden nicht Hunger, sondern Sünde unabdingbar ist. Alle hatten schon gemordet, das war die Aufnahmebedingung in die Truppe gewesen. Nachdem das Gebäude fertig war, kaufte ich Huren bei wandernden Zigeunern und Waffenhändlern. Von der Stirn des Nordens, dem Hauch des Südens und der Scham des Ostens ließ ich sie mir kommen. Manche überlebten, andere überlebten nicht. Ich probierte sie aus, schlief dann aber nicht mehr mit ihnen, keine benutzte ich mehr als einmal, auch wenn manche von ihnen mit mir zu flirten und zu kokettieren versuchten und mir ihre Titten unter die Nase hielten. Ich drohte damit, meine immer wache, vom Verfaulen stinkige Hand auf ihrem Schoß ruhen zu lassen, und die Betreffende machte sich erschrocken aus dem Staub.
    Die Pension wurde bald zu einer beliebten Adresse. Auch eine eigene Schnapsbrennerei und Weinkellerei betrieb das Gut. Dort konnte man Geld wechseln und Geschäfte abwickeln, endlose Felder und herrliche Seen, Waffen und benebelnde Pulver, Seelen und Körper wechselten in den von Rauch und Menschengeruch erfüllten Räumlichkeiten den Besitzer. Die oberste Behörde duldete, daß ich meinen Landsitz unterhielt, so wußten sie wenigstens, wer ihn frequentierte, und nach dem einen oder anderen erfolgreichen Geschäft wanderten selbstverständlich auch ein, zwei Geldsäckchen über die Schwelle des Amts.
    Hierzulande sagt man, der Abend bricht über die Menschen herein.
    In dieser Gegend, wo sich die Nacht den Menschen auf die Schultern legt, sind nicht die den Bauch der Wolken kitzelnden Bergspitzen spektakulär, sondern die Luftspiegelungen. Wenn sich in

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