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Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Bardsley
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werde ich zu verhindern wissen«, stellte Gray mit Nachdruck fest.
    Das schien Lucinda zu beruhigen. Gray konnte nicht widerstehen – er legte den Arm um ihre dünnen Schultern und zog sie an sich. Der Sheriff hatte ihre Reisetasche noch immer nicht freigegeben, also trug sie ihre inzwischen gewaschenen Kleider vom Tag des Unfalls. Er wusste, dass sie zu diesem Anlass lieber etwas anderes getragen hätte als bloß Jeans, T-Shirt und Turnschuhe, noch dazu, wo ihre Sachen so abgetragen waren. Sie hatte Bernard verlassen, ohne etwas mitzunehmen, das hatte Lucinda ihm erzählt. Sie war in Seidenpyjama und Kaschmirsocken geflohen. Essen und Kleidung hatte sie sich von Wohlfahrtsorganisationen besorgt. Wenn sie kein Obdachlosenasyl fand, in dem Essen ausgegeben wurde, gab es eben nichts zu essen. Und selbst wenn es ihr gelungen war, irgendwie an Geld zu kommen, war es genauso schnell wieder weg – das war der Rackmore-Fluch. Jedenfalls konnte sie sich von dem Geld nie etwas kaufen. Sie tat ihm unendlich leid, aber sie wollte kein Mitleid.
    Vorhin hatte er noch sein Bett frisch bezogen, denn er würde dort mit Lucinda die Nacht verbringen. Um das ganze Schlafzimmer aufzuräumen, würde er allerdings Stunden brauchen. Putzen wäre auch dringend nötig. Eigentlich hätte sich Lucinda im Gästezimmer ausruhen sollen, doch dann hatte er sie in der Küche angetroffen, wo sie das schmutzige Geschirr abwusch. Außerdem hatte sie eine Einkaufsliste erstellt, auf der »Putzmittel« stand, weitere nötige Anschaffungen sowie Gartenwerkzeuge. Sie teilte ihm mit, als seine Ehefrau wollte sie ihren Teil des Eheversprechens halten.
    Offensichtlich hatte sie da ganz andere Vorstellungen als er. Ihm ging es dabei vor allem um Sex, kaum hatte er ihren Erdbeermund und ihr weißes Fleisch gesehen. Und er wollte sie vor Bernard Franco beschützen. Ansonsten hatte er noch keinen Gedanken an ihr eheliches Zusammenleben verschwendet, wie sie in sein Zuhause passen würde, in sein einzelgängerisches, egoistisches Leben. Doch Lucinda war jetzt natürlich Teil seiner Privatsphäre. Aber wer hätte gedacht, dass sie ihre Rolle als Ehefrau mit einem solchen, nun ja, Enthusiasmus spielen würde?
    Besser gesagt, mit einer wilden Entschlossenheit.
    Aber darüber konnte er später noch nachdenken. Jetzt ging es darum, Marcy die letzte Ehre zu erweisen. Eigentlich wollte er schnell wieder nach Hause. Lucinda mutete sich zu viel zu, das gefiel ihm nicht. Er hatte sie regelrecht nötigen müssen, die Küche zu verlassen. Sie beharrte allerdings darauf, auf jeden Fall vor dem Zubettgehen noch alles fertig zu spülen. Aber da kannte sie ihn schlecht! Er würde sie mit einem Schlafzauber versehen, wenn sie nur einen Blick in Richtung Küche warf!
    Die beiden gingen durch das Café. Leute standen in Grüppchen zusammen und sprachen gedämpft miteinander. Cathleens Beitrag zum Leichenmahl waren Salzstangen und Wasser, die auf der Theke standen. Und was hatten die Trauergäste mitgebracht? Pastete. Nudelsalat. Auflauf. Essen für eine Frau, der es vollkommen gleichgültig war, dass man ihre Stieftochter totgeschlagen hatte.
    »Das hätte ich wissen müssen«, sagte Lucy in diesem Moment. Sie sah Gray an, und er bemerkte, dass sie sich schämte.
    »Wir hätten etwas mitbringen sollen. Das gehört sich so. Du hast mal gesagt, niemand macht bei einem Leichenmahl bessere Aufläufe als die Frauen aus Nevermore.«
    »Wann habe ich das denn gesagt?« Er sah sie überrascht an. »Ja, ich erinnere mich. Beim Empfang nach meiner … meiner ersten Hochzeit. Richtig, da haben wir uns eine Weile unterhalten. Draußen auf der Terrasse.«
    »Diese Unterhaltung ist mir wohl im Gedächtnis geblieben.« Sie errötete.
    Sie war so schön!
    »Das war mein Fehler, Lucinda. Ich bin der Hüter.«
    »Und ich bin die Frau des Hüters«, flüsterte sie.
    »Aber erst seit knapp zwei Stunden. Komm, entspann dich.« Er zog sie an sich und tippte ihr leicht ans Kinn. Ihre Augen wirkten zu groß für ihr Gesicht, und sie war bleich wie der Mond. »Du hast fast dein Leben für Marcy geopfert. Das ist mehr wert als ein blöder Auflauf!«
    Ungewollt hatte er die Stimme erhoben. Im Raum wurde es still.
    Die Leute sahen sie an, die Reaktionen waren ganz unterschiedlich. Manche schauten überrascht, andere misstrauisch. Gray erwiderte die neugierigen Blicke. Sollte nur einer wagen, etwas gegen ihn oder Lucinda zu sagen! Schon setzten die Gespräche wieder ein. Aber niemand wagte sich zu nah an ihn

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