Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
aus den Angeln heben können!
Seit er sich erinnern konnte, waren das Vermögen und der Reichtum seiner Familie eine Belastung für ihn gewesen. Natürlich hatte er alle Annehmlichkeiten genossen, ja er hatte sie sogar ausgeschöpft bis zum Überdruss. Er war stets bis an den Rand des Erträglichen gegangen, wie um zu sehen, wie weit sein Umfeld ihn gewähren lassen würde, ehe er an seine Grenzen stieß. Er hatte nie welche gefunden außer denen, die er sich selber auferlegte. Wie er das alles hasste! Kurzzeitig richtete sich sein Hass sogar gegen sie selbst, die Frau, die er über alles liebte. Wie konnte sie es wagen, ihn zu verlassen, ihn abzuweisen, nur weil er Geld hatte! Wie konnte sie sich erlauben, ihn, Alessandro Ronaldini, so zu behandeln!
Doch dann machte er sich klar, dass sie ja nur genau nach den Prinzipien lebte, die er in der letzten Zeit wieder nahezu aufgegeben hatte. Und als er sie dann im Krankenhaus besucht und in ihrer anrührenden Hilflosigkeit gesehen hatte, war sein ohnmächtiger Ärger über ihr Verhalten einem tiefen Verständnis gewichen. Er bewunderte sie geradezu für ihre Konsequenz und wünschte sich nur, er wäre nie auf die unselige Idee gekommen, ihr dieses unwürdige Theater vorzuspielen.
Und schließlich gab er auf. Er fühlte sich schuldig an allem, was ihr zugestoßen war, ganz besonders beim Gedanken an die Szene, die ihrem Sturz vorangegangen war, schüttelte es ihn voll Abscheu vor sich selbst. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können!
An ihrem Krankenbett gab er sie schließlich auf und mit ihr seine Träume von einem gemeinsamen Leben.
Er musste akzeptieren, wie egoistisch er gewesen war und wie sehr er ihr damit geschadet hatte. Wie ein ätzendes Gift nagte die Erkenntnis an ihm, dass er sie ihren Weg gehen lassen musste, wenn er sie, wie er behauptete, wirklich liebte und sie nicht nur ganz einfach und selbstsüchtig besitzen wollte. Er hatte nie besonders große Probleme damit gehabt, sich selber unangenehme Wahrheiten einzugestehen, aber dieses Mal kostete es ihn alles, was er sich erhofft hatte. Die Grenzen, nach denen er immer auf der Suche gewesen war, genau an diesem seinem wundesten Punkt zu erreichen – der großen Liebe seines Lebens – schmerzte ihn unendlich, aber er war Manns genug, den Tatsachen ins Auge zu sehen und das Unabänderliche zu akzeptieren.
Er würde sich neu orientieren und das würde er schnell und gründlich tun.
Ein Gespräch zwischen Mann und Frau
Die Nacht erschien Lara endlos. Sie war viel zu unruhig, um zu schlafen. Eine Zeitlang lag sie still auf dem Bett, die Hände auf ihren Unterleib gelegt.
Da ist nichts mehr, dachte sie unwillkürlich und eine leichte Gänsehaut breitete sich in ihrem Nacken aus. Hätte sie sich nicht so gut an die körperlichen Schmerzen der Fehlgeburt erinnert, dann hätte sie vielleicht sogar bezweifelt, dass dieses Kind je eine realistische Möglichkeit gewesen war. Jetzt kam es ihr viel eher wie ein Traum vor, dass da in ihr ein neues Leben gewesen sein sollte.
Lange hielt sie es im Bett nicht aus. Die Flure, in denen sie rastlos auf und ab wanderte, lagen im kalten Neonlicht. Es war still, nur selten hörte sie ein Geräusch wie etwa hin und wieder das Brummen einer Lüftung oder entfernte Schritte aus einem anderen Stockwerk.
Sie stieg die Treppen hinunter in die Eingangshalle und sah hinaus auf den Hof, der nur spärlich beleuchtet war. Durch die großen Glasfenster konnte sie draußen die Katzen beobachten, die auf Jagd gingen, einmal fuhr ein Krankenwagen vorbei, dann war es wieder ruhig. Der Himmel war wolkenlos und sternklar, ein fast voller Mond strahlte sie an und schien sich über sie lustig zu machen.
Eine Weile stand sie so ans Fenster gelehnt und versuchte, Ordnung in ihre wirren Gedanken zu bringen. Sie wusste, wenn sie sich jetzt ins Bett legte, würde sie in ein paar Minuten ja doch wieder aufstehen, dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher als zu schlafen und so ihre wild durcheinander wirbelnden Gedanken, Überlegungen und Erwägungen wenigstens eine Zeitlang abschalten zu können.
Es waren vor allem die Erinnerungen an ihn, die sie quälten. Alessandro, wie sie ihn das erste Mal gesehen hatte, als sie völlig überfordert bei Loris hinter der Bar stand. Ihr Ausflug ins Delta. Sein Lächeln an dem Abend, als sie und Valerie mit ihm und seinen Freunden Essen gegangen waren, der erste Kuss. Ihre erste gemeinsame Nacht nach dem Hochwasser, die Reise nach Rom.
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