Eine Zuflucht aus Rosen
sich auf den Weg zur Straße nach London machten. Es würde vier Tage dauern, um beim König anzulangen, selbst wenn sie so schnell vorankamen, wie er es vorhatte. Denn die Straßen waren durch die heftigen Regengüsse der letzten sieben Tage von Schlamm überflutet.
Die Karren, welche den Großteil ihres Gepäcks trugen, würden noch länger brauchen, aber dagegen ließ sich nichts machen. Wegen einem sonst langsameren Reisetempo konnte er den Frauen ebenso wenig gestatten in einem Karren zu reisen. Die Botschaft des Königs war deutlich gewesen: Gavin sollte Madelyne de Belgrume mit höchster Eile zu ihm bringen.
Er erinnerte sich, dass ihr Gesicht vor Angst ganz fahl geworden war, als sie erfuhr, dass de Belgrume von ihrer Existenz wusste und dass er sie auch zu sehen wünschte. Es war kein Gesichtsausdruck, den man wegwischen konnte – es waren echtes Entsetzen und panische Angst gewesen. Gavin brütete darüber nach, fragte sich, was es sein mochte, das sie fürchtete, und ob es etwas war, vor dem er sie schützen konnte. Dabei schob er sich verärgert eine Strähne Haar aus den Augen.
Er war nicht auf Dauer der Beschützer von Madelyne de Belgrume – er war lediglich ihre Eskorte: einmal an der Seite des Königs, wäre er dann davon befreit, sie je wiederzusehen.
Sein aufmerksamer Blick wanderte über die Rücken seiner Männer, bis er das Pferd fand, das Jube und Madelyne trug. Gavins Hände packten die Zügel von Rule fester und er zwang sich von der schlanken, in eine Decke von tiefblauer Farbe gewickelten Erscheinung wegzuschauen. Sie ritt hinter Jube und er konnte den armdicken Zopf erkennen, der am Halsausschnitt in ihrem Umhang verschwand. Da, wo die Kapuze ihr heruntergeglitten war.
Er erinnerte sich noch genau an das Gefühl, wie sie auf dem Sattel vor ihm saß: seine Schenkel, die sich um sie schlossen, und ihr Kopf, der während des Rittes genau vor seinem Kinn auf und ab hüpfte. Jene Erinnerung war genau der Grund, warum er sich geweigert hatte, nochmal mit ihr zusammen aufzusitzen, und war ebenso triftig eben der Grund, warum sie hinter Jube und nicht vor ihm saß.
Und, um die Wahrheit zu sagen, war es auch der Grund für seine Übellaunigkeit.
Verärgert wegen dieser Ablenkung, stieß er Rule die in Kettenhemd gekleideten Schenkel in die Flanken und das Ross sprang mit einem jähen Satz nach vorne. Sie kamen rasch voran, bahnten sich geschickt einen Weg durch alle anderen in dem Trupp, bis nach ganz vorne, wo Gavins drei Späher allen voran ritten. Froh Madelyne de Belgrume endlich hinter sich zu haben, brachte er den Hengst so in Position, dass er mit Leo, dem Anführer seiner Späher, reden konnte.
* * *
Fantin packte die Zügel seines tänzelnden Reittiers und jagte diesem eine Ferse in die Flanke. Der verfluchte Gaul brachte das Gestrüpp zum Erzittern und würde Mal Verne und seinen Männern ihre Anwesenheit hier verraten, noch vor dem Hinterhalt, den er sorgfältig geplant hatte.
Nachdem er zwei Tage lang mit Rufus gebetet und gefastet hatte, begriff Fantin: Gott wollte, dass er Madelyne auf der Stelle nach Tricourten schaffte.
Es war deutlich geworden, dass es irgendeinen höheren Zweck gab, den sie bei seiner Suche zu erfüllen hatte – denn ihr Wiederauftauchen war das Zeichen, auf das er gewartet hatte. Sie musste nicht nur ins heimische Nest zu ihm zurückkehren, weil sie seine Tochter war, sein Fleisch und Blut, und weil sie ihm gehörte ... sondern auch weil sie eine Rolle bei seinem Vorhaben spielte, mit dem Gott ihn großzügigerweise betraut hatte.
Was auch immer die Aufgabe Madelynes sein mochte, sie würde ihm offenbart werden, sobald es Gottes Wille war.
Mit einem leisen Fauchen – denn er wusste nicht, wie lange es noch dauern würde, bis Mal Vernes Reisetrupp diese Biegung der Straße erreichte – versetzte er seine dreizehn Soldaten in Habachtstellung, damit sie bereit stünden, um vor den anderen auszuschwärmen und ihnen den Weg abzuschneiden. Er legte den Kopf nachdenklich zur Seite, fing Tavis’ Blick ein und befahl, „geht da noch ein Stück der Straße zurück und schaut nach Anzeichen, ob sie kommen.“
Er hatte keine Veranlassung abzuwarten, bis der König seine Entscheidung traf, was das Schicksal des Mädchens anbelangte – oder ihm auch nur eine Audienz gewähren würde. Das Weib war seine Tochter und er würde sie sich nehmen, wenn es ihm beliebte.
Die Nachricht, die er Heinrich geschickt hatte, diente nur dazu, ihn, Fantin de Belgrume,
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