Eine Zuflucht aus Rosen
verschwunden, und hinterließ wenig mehr als die schweigende, zurückhaltende Nonne, die er aus dem Kloster Lock Rose mitgenommen hatte. Er hatte ihr wahrhaftig Angst eingejagt, mit seinem tölpelhaften, gewaltsamen Übergriff im Wald.
Er bedauerte es fast – jene Kapitulation vor seinen niederen Gelüsten – aber wenn er bei der Wahrheit bleiben wollte, so wusste, er, dass er es in der gleichen Lage wieder tun würde. Es lag schon so weit zurück, dass er eine Frau umarmt oder geküsst hatte, die nicht nach Bauernhof roch, die sich nicht die Flöhe und Läuse kratzen musste, die ihr im Haar herumkrochen. Und sicherlich war es doch nur diese neue Erfahrung, die ihm um den Verstand brachte ... bei der Erinnerung an eine weiche, duftende Frau edler Abkunft in seinen Armen – auch wenn sie eine Nonne war. Während er sich verärgert eine Hand durch die Haare schob, schwor Gavin, dass er ein sauberes, williges Weib finden würde, sobald sie den königlichen Hof erreichten, die ihm diese unablässige Erinnerung austreiben würde.
Er wurde aus seinen Gedanken herausgerissen, als Clem neben ihnen zu reiten kam. Gavin war etwas überrascht zu sehen, dass er den Sattel nicht mit der Magd mit den Grübchen in den Wangen teilte, die Madelyne unbedingt als ihre Begleiterin haben wollte, und er hob fragend eine Augenbraue. „Wo ist denn Euer Schützling, Clem?“
Clems Gesicht wurde da ein bisschen rot und er machte abrupt eine Geste. „Um meinen Arm vor weiterem Schaden zu schützen, bestand sie darauf, dass sie ihm etwas Ruhe zur Heilung gönnen müsste. Sie reitet mit Jube.“
Gavin blickte nach hinten, zu dem soeben diskutierten Pärchen, und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Clem zu. „Tut Euer Arm Euch denn weh und ist die Überlassung Eures Schützlings Euch denn willkommen?“
Der andere Mann setzte sich im Sattel auf und warf einen Blick Richtung Madelyne. „Mylord, Ihr wisst, dass ich meine Pflichten nicht scheue. Die Frau hat gesagt, sie wolle mir den Schmerz, sie in meinem Sattel balancieren zu müssen, ersparen. Gegen derlei Logik kam ich nicht an.“
„Sie ist nicht gerade federleicht“, stimmte Gavin zu.
„Es bereitete mir keine Anstrengung, sie festzuhalten, Mylord“, entgegnete Clem entrüstet. „Aber wenn sie die Gesellschaft von Jube der meinen vorzieht, wer bin ich denn dann, ihr das zu verweigern?“
Da warf Gavin seinem Soldaten einen überraschten Blick zu und ihm fiel auf, dass sein breites, freundliches Gesicht sich zu einer verschlossenen Maske verzogen hatte. Er schien fast ärgerlich, dass die mollige Zofe mit Jube ritt, aber vielleicht lag das nur daran, dass ihre Furcht, ihn zu verletzen, seine Reitkunst in Frage gestellt hatte. Gavin runzelte die Stirn. Clem war normalerweise keiner, der sich darum scherte, was eine Frau über ihn dachte – Jube war eher einer, der scherzte und eine Frau hofieren oder umgarnen würde, nicht Clem. Und Gavin selbst lächelte Frauen nur selten an, aber er hatte Madelyne angelächelt ... ihre Gesellschaft aufgesucht ... sie tief im Wald geküsst...
Mit einem Seufzer setzte sich Gavin wieder im Sattel auf. Seine Gedanken schienen stets zu der Frau zurückzukehren, die mit ihm ritt. Gelobt sei der Herr, dass sie heute Abend auf Whitehall eintreffen würden, wo er sich der Lady Madelyne entledigen und sich wieder auf das konzentrieren könnte, was wirklich wichtig war.
* * *
Der Hof von Heinrich Plantagenet war hektischer und viel voller, als Madelyne es sich hätte vorstellen können. In ihrem Erstaunen über all die Aktivität schon alleine hier im Burghof von Whitehall vergaß sie, sich im Sattel vorne zu halten, weg von Lord Gavin. Und sie tat nichts, außer zu glotzen wie ein Bauer. Knappen und Pagen, gekleidet in den Farben des Königs, der Königin oder andere Adeliger flitzten hin und her. Mindestens zehn Stallburschen eilten herbei, um Lord Mal Vernes Reisegruppe zu begrüßen, als die Pferde sich langsam ihren Weg durch den überquellenden Burghof hin zu den Ställen bahnten. Soldaten schritten in lauten, fröhlichen Gruppen durch den Hof, wobei Schwerter und Kettenhemden im Rhythmus ihrer Schritte leise knirschten. In kleinen Grüppchen priesen Händler ihre Waren an, Körbe mit Obst und kleineren Kleidungsstücken, und Madelyne erblickte sogar Bauernjungen und auch Mädchen, die Hühner, Schafe und Ziegen umhertrieben.
In der Nähe der Ställe stieg Gavin ab und bevor er sich daran machte, ihr beim Absteigen behilflich zu sein,
Weitere Kostenlose Bücher