Einfach sexy
überhaupt nicht vorhanden, steckte er ihr eine ihrer langen Haarlocken hinters Ohr. Groß und breitschultrig gab er Kate ein Gefühl der Geborgenheit. »Solange ich dich kenne«, raunte er ihr zu, »hast du noch nie gekniffen. Du schaffst das schon.«
Kate konnte es nicht glauben, aber sie war ihm richtig dankbar für seinen dummen Spruch. So kannte sie Jesse. Jesse, der sich nichts daraus machte, dass er sich wie die Axt im Wald benahm oder die Frauen reihenweise flachlegte.
Dann wich er abrupt zurück, und ihre Dankbarkeit löste sich in Luft auf. Er musterte sie mit seinem berühmt-berüchtigten Hochglanzmagazin-Lächeln. »Vorsicht, Schätzchen«, setzte er in seinem betont gedehnten texanischen Akzent hinzu. »Geh nicht so grob damit um.«
Ihre Nackenhaare sträubten sich, und als er sie ihr wegnahm, merkte sie, wie fest sie die arme Tomate gepackt hielt.
»Du darfst sie nicht drücken oder quetschen.« Er streichelte die pralle, runde Frucht wie eine Geliebte. »Du musst sie ganz sanft« – sein Daumen glitt über die glatte Schale, und Kate überlief ein wohliges Prickeln – »berühren.«
Ihre Lippen formten ein stummes O. Sie schluckte und ging in Gedanken ihre Karteikärtchen mit schlagfertigen Antworten durch. Fehlanzeige.
Jesse schien ihre Verunsicherung zu bemerken, denn er setzte mit einem schiefen Grinsen hinzu: »Wir sprechen über Tomaten, Süße.« Dabei zwinkerte er in die Kamera.
Ihre Verunsicherung verwandelte sich in eine Mordswut. Aber ihr blieb keine Gelegenheit zu einer Antwort, selbst wenn ihr eine passende eingefallen wäre. Pete schnauzte ihr nämlich ins Ohr, dass sie endlich das verfluchte Hähnchen auf den Herd setzen sollten, wenn sie noch vor den Abendnachrichten fertig sein wollten.
Sie zuckte kaum merklich zusammen, nahm ein Stück Geflügel, das zum Glück küchenfertig angeliefert worden war, und reichte es Jesse.
»Könntest du das heiß machen?«
Jesse hob belustigt eine Braue.
Ihr Herz setzte aus. »Ich meine das Fleisch in den Topf tun … besser gesagt das Hähnchen in die Kasserolle legen.« Gott, sie war unmöglich. Kaum dass er neben ihr stand, stammelte sie wie ein verlegenes Schulmädchen. Sie war immer gegen Gewalt gewesen, aber momentan hätte sie ihn live im Fernsehen abmurksen können.
Zum Glück schmunzelte Jesse nur verhalten. Er nahm den Vogel, legte ihn in heißes Öl und hantierte dabei so geschickt und fachmännisch, als hätte er nie etwas anderes getan.
Dann bemerkte er grinsend: »Du kennst doch das Sprichwort, Kate, oder? Der schnellste Weg ins Herz eines Mannes …«
»… ist durch seine Brust mit einem scharfen Gegenstand?«, konterte sie.
Jesse schüttelte lachend den Kopf. »Sieh mal einer an, meine süße Katie lässt sich also immer noch keinen Sch…« Er schaute in die Kamera, und die gesamte Crew hielt den Atem an, aus Angst, er könne etwas für das Frühstücksfernsehen Indiskutables von sich geben, dann fuhr er fort: »… keinen Schwachsinn erzählen.«
Kate war sich sicher, dass jeder Zuschauer in hundert Kilometern Umkreis das erleichterte Aufseufzen der Studioleute gehört hatte.
Jesse ließ sich nichts anmerken. Er wischte sich die Hände an einem feuchten Tuch ab. Mit ihrer Erleichterung war es nicht weit her, als er hinter sie trat und die Arme um ihre Taille legte. »Komm, ich zeig dir, wie’s geht.«
Kate wurde glühend heiß, und das nicht etwa, weil der Herd zu hoch eingestellt war. Seine Hände glitten über ihre Arme, dann drückte er ihr sanft, aber energisch ein Messer in die Finger. »Lass dir ja nicht einfallen, auf mein Herz loszugehen«, scherzte er.
Kate fühlte die kollektive Begeisterung, die KTEX TV bei Jesses sprödem Charme erfasste.
Dann begannen sie zu schnippeln.
»Habe ich dir schon erzählt, wie mich dein Interview mit George W. anlässlich seines letzten Besuchs in der Stadt beeindruckt hat?«
Sie ging über das Kompliment hinweg und warf ihm einen flüchtigen Blick zu. »Wann warst du denn hier?«
Er schmunzelte, bedachte sie mit einem Das-tut-hiernichts-zur-Sache-Blick und antwortete stattdessen: »Hast du mich vermisst, Katie?«
Sofort spannte sie sämtliche Muskeln an. »Natürlich nicht.«
Pete jaulte ihr ins Ohr: »Himmel den Cowboy nicht so an, und bring endlich dieses verdammte Essen in Gang!«
Sie hätte wetten mögen, dass Jesse Pete gehört hatte, denn er nahm ihr die Rezeptkarte aus der Hand und machte sich an die Arbeit. Er schnitt, schnippelte und schwatzte wie ein
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