Verlockende Angst
1. Kapitel
I ch starrte an die Decke der Turnhalle, und kleine schwarze Punkte tanzten mir vor den Augen. Meine Güte, tat mir der Hintern weh! Kein Wunder, schließlich war ich schon ungefähr fünfzigmal darauf gelandet. Nur mein Gesicht brannte nicht vor Schmerz– es glühte aus einem ganz anderen Grund.
Mein Nahkampfunterricht lief nicht gut.
Diese Art von Handgemenge lag mir nicht gerade im Blut. Meine Muskeln protestierten spürbar, als ich mich von den Matten hochhievte und unseren Trainer ansah.
Trainer Romvi fuhr sich mit einer Hand durch das schüttere Haar und betrachtete die ganze Klasse mit angewiderter Miene. » Wenn er ein Daimon gewesen wäre, wären Sie jetzt tot. Haben Sie verstanden? Tot, nicht lebendig, Miss Andros. «
Als gäbe es noch eine andere Definition von tot, die ich nicht kannte. Ich biss die Zähne zusammen und brachte ein Nicken zustande.
Romvi warf mir einen weiteren vernichtenden Blick zu. » Kaum zu glauben, dass Sie überhaupt Äther in sich haben, Miss Andros. An Sie ist die Essenz der Götter verschwendet. So, wie Sie kämpfen, könnten Sie ebenso gut sterblich sein. «
Hatte ich nicht drei äthergierige Daimonen getötet? War das denn nichts wert?
» Angriffsstellung einnehmen. Achten Sie auf Muskelbewegungen! Sie wissen doch, wie das geht « , befahl er.
Ich wandte mich erneut Jackson Manos zu, dem größten Mädchenschwarm des Covenant und meinem aktuellen Gegner. Mit seiner olivfarbenen Haut und diesen dunklen, sexy Augen konnte er zu einer ziemlichen Ablenkung werden.
Jackson zwinkerte mir zu.
Mit zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an. Während des Kampftrainings durften wir nicht miteinander reden. Trainer Romvi war der Meinung, das würde der Glaubwürdigkeit des Kampfs schaden. Aber echt, so toll Jackson auch aussah, er war nicht der Grund, warum ich seine Fersentritte und Spinkicks nicht abwehren konnte.
Der Grund für mein vollkommenes Versagen lehnte an der Wand des Trainingsraums. Welliges dunkles Haar fiel ihm in die Stirn und hing ihm in die metallisch grauen Augen. Mancher hätte gesagt, Aiden St. Delphi solle zum Friseur gehen, aber mir gefiel dieser lässige Look, den er in letzter Zeit bevorzugte.
Einen Moment später trafen sich unsere Blicke. Aiden nahm wieder die Haltung ein, die mir nur allzu vertraut war. Die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt, stand er breitbeinig da. Gerade forderte er mich mit einem Blick auf, mich auf Jackson zu konzentrieren und nicht auf ihn.
In meinem Innern schien plötzlich eine Sprungfeder auf und ab zu hüpfen. Daran hatte ich mich inzwischen gewöhnt– dieses Gefühl entstand jedes Mal, wenn ich ihn sah. Und das lag nicht nur an der fast makellosen Rundung seiner Wangenknochen oder seinem Lächeln, das seine Grübchen zeigte. Oder an seinem unglaublich muskulösen Körper…
Einen Sekundenbruchteil, bevor es zu spät gewesen wäre, riss ich mich aus meinen Tagtraum. Mit einem brutal geführten Armschlag blockte ich Jacksons Knie und griff seine Kehle an. Jackson konterte mit Leichtigkeit. Wir umkreisten uns, teilten Schläge aus und wichen denen des anderen aus. Er trat zurück und ließ die Arme an den Seiten hängen. Ich sah meine Chance und ergriff sie, warf mich herum und zielte mit dem Knie auf seine Körpermitte. Jackson sprang zur Seite, aber nicht schnell genug. Ich traf ihn genau in der Magengrube.
Verblüffenderweise applaudierte Trainer Romvi. » Gut… «
» Oh, Mist! « , stöhnte Caleb Nicolo, mein bester Freund und Partner aller meiner Missetaten, der neben einer Studentengruppe an der Wand lehnte.
Die Vorschrift bei Verteidigungstritten verlangte, dass wir unseren Gegner entweder töten oder uns zurückziehen mussten, sobald wir Kontakt mit ihm hatten. Ich hatte nichts von beidem getan. Jackson krümmte sich über meinem Knie zusammen, ging zu Boden und riss mich mit. Wir fielen auf die Matte, und irgendwie– ich bezweifelte ernsthaft, dass es Zufall war– lag Jackson plötzlich auf mir. Sein Gewicht drückte mir den Kopf nach hinten, und ich bekam Atemnot.
Trainer Romvi schrie und verfiel in eine andere Sprache. Rumänisch vielleicht oder so etwas. Jedenfalls klang es verdächtig nach einem Fluch.
Jackson hob den Kopf, und durch sein schulterlanges Haar war sein Grinsen für die Klasse nicht zu sehen. » Ein Leben auf dem Rücken, was? «
» Das betrifft ja wohl eher deine Freundin. Runter! « Seit dem Vorfall, bei dem es so ausgesehen hatte, als hätte meine Mom die Eltern
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