Elkes Sommer im Sonnenhof
Pfefferminz und saure
Bonbons. Und sage einer selbst: gibt es etwas Herrlicheres auf einem
Schulausflug, als Brause zu trinken und Bonbons zu lutschen?
Um diese Zeit war im Garten vieles reif, und so
waren die Kinder oft im Obstgarten, um Stachelbeeren, Johannisbeeren und
verspätete Erdbeeren zu pflücken. Erst hatte der Gärtner Einspruch erheben
wollen, aber da hatte Frau Wendel lachend abgewinkt. „Kindermägen sind
Einmachtöpfe des lieben Gottes!“ hatte sie gesagt.
Alle schmausten, was sie in sich hineinbekommen
konnten, nur Lore aß sehr bescheiden hier und dort ein paar Beeren.
„Magst du keine Stachelbeeren und
Johannisbeeren?“ fragte Elke, der das schließlich auffiel.
„O doch“, sagte Lore.
„Warum ißt du denn keine?“
Lore antwortete nicht.
„Sag doch mal!“ drang Elke weiter in die kleine
Gefährtin. Schließlich bekam sie es heraus: Lore aß deshalb nichts von den
Früchten, weil sie Frau Wendel fragen wollte, ob sie bei der Abreise vielleicht
ein Körbchen voll mit nach Hause nehmen dürfte.
Da lachte Elke und verriet Lore, daß Tante
Irmgard längst gesagt hatte, daß jedes von ihnen einen großen Korb voll Früchte
auf die Heimfahrt mitnehmen sollte.
„Oh, wie schön!“ sagte Lore glücklich und fing
sofort an, nun auch dem Strauch mit den dicken roten Stachelbeeren, vor dem sie
standen, alle Ehre anzutun.
„Eigentlich bist du komisch“, sagte Elke nach
einer Weile.
„Warum?“ Lore hielt mit dem Beerenessen inne.
„Ja, weißt du: die bei dir zu Hause haben dir in
all diesen Wochen noch kein einziges Mal eine Karte oder so was geschrieben.
Und du willst ihnen gern was mitbringen!“
„Ja, das will ich!“ bestätigte Lore.
Dann schwiegen beide Kinder wieder und aßen
weiter Stachelbeeren. Elke fühlte dunkel, daß die kleine, unansehnliche Lore
ein bewundernswert liebevolles Herz hatte. - -
Allzu schnell vergingen die Sommerferien.
Als erster wurde Achim wieder ins Joch des
Unterrichts eingespannt, denn vor ihm lag ja die gefürchtete Prüfung. Acht Tage
später saßen auch Elke und Katje wieder neben ihm im Schulzimmer und schrieben
und rechneten und sprachen Französisch, je nachdem, was Herr Berge von ihnen
verlangte.
Und wiederum acht Tage später schlug für die
kleinen Gelsenkirchener die Abschiedsstunde. Sie waren sechs Wochen im
Sonnenhof gewesen und hatten sich alle vier prächtig erholt.
Mit Blumensträußen, Obstkörben und allen
möglichen Herrlichkeiten aus Achims Spielzeugschrank beladen, wurden sie von
Fränzi nach Hamburg gebracht, wo sie einem Ferienkinder-Sammeltransport
anvertraut wurden. Sie waren — Lore ausgenommen — nicht einmal sehr traurig.
Ein Jahr ist schnell herum, und nächstes Jahr durften sie ja wieder für sechs
Wochen nach dem Sonnenhof kommen!
Lore war untröstlich über den Abschied von Elke.
Sie weinte still vor sich hin und wurde erst wieder ruhiger, als Fränzi sie damit
tröstete, sie könne später ja auch Hausmädchen werden wie sie. Vielleicht wäre
dann gerade einmal eine Stelle bei Elkes Eltern frei.
Das war ein Gedanke! Der armen Lore war in ihrem
Heimweh nach Elke geholfen. —
„Ach ja!“ seufzte Katje. „In anderthalb Monaten
sind wir auch schon von hier fort!“
„In anderthalb Monaten schon!“ wiederholte Elke
lachend. „Anderthalb Monate sind eine lange Zeit! Wir können noch viel erleben!“
DES SOMMERS
ENDE
„Weißt du noch, Kat je, wie uns hier zuerst
alles nicht ländlich genug im Sonnenhof war?“ fragte Elke eines Tages.
„Natürlich weiß ich das noch“, gab Katje heiter
zurück; denn noch ländlicher als ihre augenblickliche Beschäftigung konnte kaum
etwas sein. Sie waren nämlich wieder einmal dabei, Thusneldas, Rosamundes und
Bogumils — und wie sie alle hießen! — Entenstall sauberzumachen. Elke hob mit
der Forke den Mist heraus. Achim scheuerte die Futter- und Trinknäpfe, und
Katje hatte vom Pferdestall eine Schiebkarre voll frisches Stroh geholt.
„Was wird eigentlich aus den Enten, wenn wir
fort sind?“ wandte Elke sich jetzt an Achim. „Ob sie wieder abgeschafft werden?“
„Bewahre! Im Winter kommen sie in den einen
freien Stand im Pferdestall, und wenn ich vielleicht die Prüfung bestehe und
immer nach Lübeck zur Schule fahre, dann muß Heinrich sie versorgen.“
„Aber du verkaufst die Eier!“ sagte Elke.
„Bis Hinnerks Decke bezahlt ist, ja“, gab Achim
zu.
„Wieviel haben wir eigentlich noch zu zahlen?“
„Eine Mark und
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