Elvia: Insel der Leidenschaft (German Edition)
Leiandros arrogant und unnahbar war, empfand er bestimmt tiefen Kummer über den Verlust seiner Frau, die bei einer gemeinsamen Autofahrt mit Dion tödlich verunglückt war.
„Mein aufrichtiges Beileid, Leiandros. Ich werde dich jetzt nicht länger aufhalten.“
Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie. „Nimmst du an dem Gottesdienst nicht teil?“
„Das steht mir nicht zu.“
„Iona findet, dass es dir nicht zusteht, an Dions Begräbnis teilzunehmen, und trotzdem bist du hier.“
Ja, aber ich wäre es nicht, wenn Dion mich in der Nacht vor seinem Unfall nicht noch angerufen hätte, dachte Savannah.
„Egal, was die Familie Kiriakis von mir hält, ich war immerhin Dions Frau. Ich bin es seinem Gedenken schuldig“, erklärte sie leise. Ja, dem Gedenken an Dion, wie er gewesen war, als sie ihn geheiratet hatte – und weil er sich dazu durchgerungen hatte, sie jenes letzte Mal anzurufen.
„Und bist du es als Mitglied meiner Familie nicht auch mir schuldig, am Gottesdienst für Petra teilzunehmen?“
„Weshalb willst du mich dabeihaben?“ fragte Savannah erstaunt.
„Du beanspruchst einen Platz in meiner Familie. Es ist höchste Zeit, dass du auch die Pflichten wahrnimmst, die mit dieser Stellung verbunden sind.“
Am liebsten hätte sie ironisch gelacht, aber ihr war die Kehle wie zugeschnürt. Hatte sie nicht während sechs langer Jahre stets ihre Pflicht und Schuldigkeit getan und teuer für das Vorrecht bezahlt, den Namen Kiriakis tragen zu dürfen?
Leiandros beobachtete, wie sich verschiedene Gefühle in ihrem Gesicht spiegelten, das sonst meist beherrscht wirkte. Als sie sich das erste Mal begegnet waren, war Savannah nicht so kühl gewesen – im Gegenteil. Sie hatte sich sogar von ihm, einem Fremden, küssen lassen, obwohl sie verheiratet war, rief er sich ins Gedächtnis.
Bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen sie sich danach trafen, vermied sie es, ihm in die Augen zu sehen, was ihrer Schönheit und Anziehungskraft keinen Abbruch tat. Ja, man konnte gut verstehen, warum Dion mit ihr zusammenblieb, obwohl sie sich seiner Liebe und Wertschätzung als unwürdig erwiesen hatte. Jedenfalls hatte sie im ersten Jahr der Ehe noch lebhaft und attraktiv gewirkt, im zweiten hatte sie sich so verändert, dass sie beinah nicht wiederzuerkennen gewesen war.
Ihre grünen Augen glänzten nicht mehr, sondern wirkten matt, fast leblos. Hatten Schuldgefühle wegen ihrer Liebhaber diese Änderung bewirkt? Sie verriet keine Gefühlsregungen, außer wenn sie ihre Tochter anblickte. Dann spiegelte sich zärtliche Liebe in ihren Augen. Er, Leiandros, war neidisch auf das Kind – und verabscheute sich dafür.
Dass Dion sich nicht mehr um seine kaltherzige Frau kümmerte, sondern lieber mit seinen Freunden durch die Bars und Nachtclubs der Stadt zog, war nicht verwunderlich. Alle Gefühle, derer sie noch fähig war, schenkte sie ihrem Kind, dessen Vater einer ihrer Liebhaber war.
Er, Leiandros, machte seinem Cousin Vorhaltungen, dass er so wenig Interesse an seiner Tochter Eva zeige, und weinend erzählte Dion ihm, dass Savannah behauptet habe, das Baby sei nicht von ihm.
Und da hatte er, Leiandros, es zweifelsfrei gewusst: Savannah war ebenso daran schuld wie er, dass es gleich bei jener ersten Begegnung zu einem leidenschaftlichen Kuss gekommen war.
Als er sich nun an diesen Moment erinnerte, verspannte Leiandros sich vor Zorn.
„Ja, wahrscheinlich hast du Recht, dass es dir nicht zusteht, an Petras Begräbnis teilzunehmen, Savannah“, meinte er kalt. „Es genügt, wenn du heute einmal Trauer geheuchelt hast.“
Starr sah Savannah ihn an, und er hätte schwören können, dass sich Furcht in ihren Augen spiegelte, als sie vor ihm zurückwich.
„Leiandros, ich bedauere aufrichtig, dass Petra gestorben ist.“
„Und es wird dir noch lange Leid tun, Savannah!“ Obwohl sie so aufrichtig geklungen hatte, dass es ihm beinah zu Herzen ging, ließ er sich von ihrer Verstellungskunst kein zweites Mal täuschen. Savannah war keine Unschuld und er kein leichtgläubiger Narr!
„Was willst du damit sagen?“ Ihre Stimme klang unsicher, und nervös strich Savannah sich eine dunkelblonde Strähne aus dem Gesicht.
Ja, sie hatte allen Grund, besorgt zu sein, denn er hatte gewisse Pläne mit ihr. Die würden jedoch warten müssen.
„Vergiss es, Savannah! Ich muss jetzt weg.“
Sie nickte. „Auf Wiedersehen, Leiandros.“
O ja, sie würden sich wiedersehen, wenn das Trauerjahr vorüber war, und dann
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