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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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den man sich selber wählt, ist unser Herr so eigentlich nicht – Ich gebe zu, dass Sie dem Prinzen unbedingtem Gehorsam schuldig wären. Aber nicht ich. – Ich kam an seinen Hof als ein Freiwilliger. Ich wollte die Ehre haben, ihm zu dienen: aber nicht sein Sklave werden. Ich bin der Vasall eines größern Herrn –
    MARINELLI . Größer oder kleiner: Herr ist Herr.
    APPIANI . Dass ich mit Ihnen darüber stritte! – Genug, sagen Sie dem Prinzen, was Sie gehört haben: – dass es mir leid tut, seine Gnade nicht annehmen zu können; weil ich eben heut eine Verbindung vollzöge, die mein ganzes Glück ausmache.
    MARINELLI . Wollen Sie ihm nicht zugleich wissen lassen, mit wem?
    APPIANI . Mit Emilia Galotti.
    MARINELLI . Der Tochter aus diesem Hause?
    APPIANI . Aus diesem Hause.
    MARINELLI . Hm! hm!
    APPIANI . Was beliebt?
    MARINELLI . Ich sollte meinen, dass es sonach umso weniger Schwierigkeit haben könne, die Zeremonie bis zu Ihrer Zurückkunft auszusetzen.
    APPIANI . Die Zeremonie? Nur die Zeremonie?
    MARINELLI . Die guten Eltern werden es so genau nicht nehmen.
    [38] APPIANI . Die guten Eltern?
    MARINELLI . Und Emilia bleibt Ihnen ja wohl gewiss.
    APPIANI . Ja wohl gewiss? – Sie sind mit Ihrem Ja wohl – ja wohl ein ganzer Affe!
    MARINELLI . Mir das, Graf?
    APPIANI . Warum nicht?
    MARINELLI . Himmel und Hölle! – Wir werden uns sprechen.
    APPIANI . Pah! Hämisch ist der Affe; aber –
    MARINELLI . Tod und Verdammnis! – Graf, ich fodere Genugtuung .
    APPIANI . Das versteht sich.
    MARINELLI . Und würde sie gleich itzt nehmen: – nur dass ich dem zärtlichen Bräutigam den heutigen Tag nicht verderben mag.
    APPIANI . Gutherziges Ding! Nicht doch! Nicht doch!
(Indem er ihn bei der Hand ergreift.)
Nach Massa freilich mag ich mich heute nicht schicken lassen: aber zu einem Spaziergange mit Ihnen hab ich Zeit übrig. – Kommen Sie, kommen Sie!
    MARINELLI
(der sich losreißt, und abgeht)
. Nur Geduld, Graf, nur Geduld!
Eilfter Auftritt
    APPIANI. CLAUDIA GALOTTI .
    APPIANI . Geh, Nichtswürdiger! – Ha! das hat gut getan. Mein Blut ist in Wallung gekommen. Ich fühle mich anders und besser.
    CLAUDIA
(eiligst und besorgt)
. Gott! Herr Graf – Ich hab einen heftigen Wortwechsel gehört. – Ihr Gesicht glühet. Was ist vorgefallen?
    APPIANI . Nichts, gnädige Frau, gar nichts. Der Kammerherr Marinelli hat mir einen großen Dienst erwiesen. Er hat mich des Ganges zum Prinzen überhoben.
    [39] CLAUDIA . In der Tat?
    APPIANI . Wir können nun um so viel früher abfahren. Ich gehe, meine Leute zu treiben, und bin sogleich wieder hier. Emilia wird indes auch fertig.
    CLAUDIA . Kann ich ganz ruhig sein, Herr Graf?
    APPIANI . Ganz ruhig, gnädige Frau.
(Sie geht herein und er fort.)

[40] Dritter Aufzug
    Die Szene: ein Vorsaal auf dem Lustschlosse des Prinzen.
Erster Auftritt
    DER PRINZ. MARINELLI .
    MARINELLI . Umsonst; er schlug die angetragene Ehre mit der größten Verachtung aus.
    DER PRINZ . Und so bleibt es dabei? So geht es vor sich? so wird Emilia noch heute die Seinige?
    MARINELLI . Allem Ansehen nach.
    DER PRINZ . Ich versprach mir von Ihrem Einfalle so viel! – Wer weiß, wie albern Sie sich dabei genommen. – Wenn der Rat eines Toren einmal gut ist, so muss ihn ein gescheuter Mann ausführen. Das hätt ich bedenken sollen.
    MARINELLI . Da find ich mich schön belohnt!
    DER PRINZ . Und wofür belohnt?
    MARINELLI . Dass ich noch mein Leben darüber in die Schanze schlagen wollte. – Als ich sähe, dass weder Ernst noch Spott den Grafen bewegen konnte, seine Liebe der Ehre nachzusetzen: versucht ich es, ihn in Harnisch zu jagen. Ich sagte ihm Dinge, über die er sich vergaß. Er stieß Beleidigungen gegen mich aus: und ich forderte Genugtuung, – und forderte sie gleich auf der Stelle. – Ich dachte so: entweder er mich; oder ich ihn. Ich ihn: so ist das Feld ganz unser. Oder er mich: nun, wenn auch; so muss er fliehen, und der Prinz gewinnt wenigstens Zeit.
    DER PRINZ . Das hätten Sie getan, Marinelli?
    MARINELLI . Ha! man sollt es voraus wissen, wenn man so töricht bereit ist, sich für die Großen aufzuopfern – man sollt es voraus wissen, wie erkenntlich sie sein würden –
    DER PRINZ . Und der Graf? – Er stehet in dem Rufe, sich so etwas nicht zweimal sagen zu lassen.
    [41] MARINELLI . Nachdem es fällt, ohne Zweifel. – Wer kann es ihm verdenken? – Er versetzte, dass er auf heute doch noch etwas Wichtigers zu tun habe, als sich mit mir den Hals zu brechen. Und so beschied er mich auf

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