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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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[5] Erster Aufzug
    Die Szene: ein Kabinett des Prinzen.
Erster Auftritt
    DER PRINZ
an einem Arbeitstische, voller Briefschaften und Papiere, deren einige er durchläuft
.
    Klagen, nichts als Klagen! Bittschriften, nichts als Bittschriften! – Die traurigen Geschäfte; und man beneidet uns noch! – Das glaub ich; wenn wir allen helfen könnten: dann wären wir zu beneiden. – Emilia?
(Indem er noch eine von den Bittschriften aufschlägt, und nach dem unterschriebenen Namen sieht.)
Eine Emilia? – Aber eine Emilia Bruneschi – nicht Galotti. Nicht Emilia Galotti! – Was will sie, diese Emilia Bruneschi?
(Er lieset.)
Viel gefodert ; sehr viel. – Doch sie heißt Emilia. Gewährt!
(Er unterschreibt und klingelt; worauf ein Kammerdiener hereintritt.)
Es ist wohl noch keiner von den Räten in dem Vorzimmer?
    DER KAMMERDIENER . Nein.
    DER PRINZ . Ich habe zu früh Tag gemacht. – Der Morgen ist so schön. Ich will ausfahren. Marchese Marinelli soll mich begleiten. Lasst ihn rufen.
(Der Kammerdiener geht ab.)
– Ich kann doch nicht mehr arbeiten. – Ich war so ruhig, bild ich mir ein, so ruhig – Auf einmal muss eine arme Bruneschi, Emilia heißen: – weg ist meine Ruhe, und alles! –
    DER KAMMERDIENER
(welcher wieder hereintritt)
. Nach dem Marchese ist geschickt. Und hier, ein Brief von der Gräfin Orsina.
    DER PRINZ . Der Orsina? Legt ihn hin.
    DER KAMMERDIENER . Ihr Läufer wartet.
    DER PRINZ . Ich will die Antwort senden; wenn es einer bedarf. – Wo ist sie? In der Stadt? oder auf ihrer Villa?
    DER KAMMERDIENER . Sie ist gestern in die Stadt gekommen.
    [6] DER PRINZ . Desto schlimmer – besser; wollt ich sagen. So braucht der Läufer umso weniger zu warten.
(Der Kammerdiener geht ab.)
Meine teure Gräfin!
(Bitter, indem er den Brief in die Hand nimmt.)
So gut, als gelesen!
(Und ihn wieder wegwirft.)
– Nun ja; ich habe sie zu lieben geglaubt! Was glaubt man nicht alles? Kann sein, ich habe sie auch wirklich geliebt. Aber – ich habe!
    DER KAMMERDIENER
(der nochmals hereintritt)
. Der Maler Conti will die Gnade haben – –
    DER PRINZ . Conti? Recht wohl; lasst ihn hereinkommen. – Das wird mir andere Gedanken in den Kopf bringen. –
(Steht auf.)
Zweiter Auftritt
    CONTI. DER PRINZ .
    DER PRINZ . Guten Morgen, Conti. Wie leben Sie? Was macht die Kunst?
    CONTI . Prinz, die Kunst geht nach Brot.
    DER PRINZ . Das muss sie nicht; das soll sie nicht, – in meinem kleinen Gebiete gewiss nicht. – Aber der Künstler muss auch arbeiten wollen.
    CONTI . Arbeiten? Das ist seine Lust. Nur zu viel arbeiten müssen, kann ihn um den Namen Künstler bringen.
    DER PRINZ . Ich meine nicht vieles; sondern viel: ein weniges; aber mit Fleiß. – Sie kommen doch nicht leer, Conti?
    CONTI . Ich bringe das Porträt, welches Sie mir befohlen haben, gnädiger Herr. Und bringe noch eines, welches Sie mir nicht befohlen: aber weil es gesehen zu werden verdient –
    DER PRINZ . Jenes ist? – Kann ich mich doch kaum erinnern –
    CONTI . Die Gräfin Orsina.
    DER PRINZ . Wahr! – Der Auftrag ist nur ein wenig von lange her.
    [7] CONTI . Unsere schönen Damen sind nicht alle Tage zum Malen. Die Gräfin hat, seit drei Monaten, gerade Einmal sich entschließen können, zu sitzen.
    DER PRINZ . Wo sind die Stücke?
    CONTI . In dem Vorzimmer: ich hole sie.
Dritter Auftritt
    DER PRINZ .
    Ihr Bild! – mag! – Ihr Bild, ist sie doch nicht selber. – Und vielleicht find ich in dem Bilde wieder, was ich in der Person nicht mehr erblicke. – Ich will es aber nicht wiederfinden. – Der beschwerliche Maler! Ich glaube gar, sie hat ihn bestochen. – Wär es auch! Wenn ihr ein anderes Bild, das mit andern Farben, auf einen andern Grund gemalet ist, – in meinem Herzen wieder Platz machen will: – Wahrlich, ich glaube, ich wär es zufrieden. Als ich dort liebte, war ich immer so leicht, so fröhlich, so ausgelassen. – Nun bin ich von allem das Gegenteil. – Doch nein; nein, nein! Behäglicher, oder nicht behäglicher: ich bin so besser.
Vierter Auftritt
    DER PRINZ. CONTI
mit den Gemälden, wovon er das eine verwandt gegen einen Stuhl lehnet
.
    CONTI
(indem er das andere zurechtstellet)
. Ich bitte, Prinz, dass Sie die Schranken unserer Kunst erwägen wollen. Vieles von dem Anzüglichsten der Schönheit liegt ganz außer den Grenzen derselben. – Treten Sie so! –
    DER PRINZ
(nach einer kurzen Betrachtung)
. Vortrefflich, Conti; – ganz vortrefflich! – Das gilt Ihrer Kunst, Ihrem Pinsel. – Aber geschmeichelt, Conti; ganz

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