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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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Pirro, der von der andern Seite hereintritt)
. Wer sprengte da in den Hof?
    PIRRO . Unser Herr, gnädige Frau.
    CLAUDIA . Mein Gemahl? Ist es möglich?
    PIRRO . Er folgt mir auf dem Fuße.
    CLAUDIA . So unvermutet? –
(Ihm entgegeneilend.)
Ach! mein Bester! –
Zweiter Auftritt
    ODOARDO GALOTTI
und
DIE VORIGEN .
    ODOARDO . Guten Morgen, meine Liebe! – Nicht wahr, das heißt überraschen?
    CLAUDIA . Und auf die angenehmste Art! – Wenn es anders nur eine Überraschung sein soll.
    ODOARDO . Nichts weiter! Sei unbesorgt. – Das Glück des heutigen Tages weckte mich so früh; der Morgen war so schön; der Weg ist so kurz; ich vermutete euch hier so geschäftig – Wie leicht vergessen sie etwas: fiel mir ein. – Mit einem Worte: ich komme, und sehe, und kehre sogleich wieder zurück. – Wo ist Emilia? Unstreitig beschäftigt mit dem Putze? –
    CLAUDIA . Ihrer Seele! – Sie ist in der Messe. – Ich habe heute, mehr als jeden andern Tag, Gnade von oben zu erflehen, sagte sie, und ließ alles liegen, und nahm ihren Schleier, und eilte –
    ODOARDO . Ganz allein?
    CLAUDIA . Die wenigen Schritte – –
    [22] ODOARDO . Einer ist genug zu einem Fehltritt! –
    CLAUDIA . Zürnen Sie nicht, mein Bester; und kommen Sie herein, – einen Augenblick auszuruhen, und, wann Sie wollen, eine Erfrischung zu nehmen.
    ODOARDO . Wie du meinest, Claudia. – Aber sie sollte nicht allein gegangen sein. –
    CLAUDIA . Und Ihr, Pirro, bleibt hier in dem Vorzimmer, alle Besuche auf heute zu verbitten.
Dritter Auftritt
    PIRRO
und bald darauf
ANGELO .
    PIRRO . Die sich nur aus Neugierde melden lassen. – Was bin ich seit einer Stunde nicht alles ausgefragt worden! – Und wer kömmt da?
    ANGELO
(noch halb hinter der Szene, in einem kurzen Mantel, den er über das Gesicht gezogen, den Hut in die Stirne)
. Pirro! – Pirro!
    PIRRO . Ein Bekannter? –
(Indem Angelo vollends hereintritt, und den Mantel auseinander schlägt.)
Himmel! Angelo? – Du?
    ANGELO . Wie du siehst. – Ich bin lange genug um das Haus herumgegangen, dich zu sprechen. – Auf ein Wort! –
    PIRRO . Und du wagst es, wieder ans Licht zu kommen? – Du bist seit deiner letzten Mordtat vogelfrei erkläret; auf deinen Kopf steht eine Belohnung –
    ANGELO . Die doch du nicht wirst verdienen wollen? –
    PIRRO . Was willst du? Ich bitte dich, mache mich nicht unglücklich.
    ANGELO . Damit etwa?
(Ihm einen Beutel mit Gelde zeigend.)
– Nimm! Es gehöret dir!
    PIRRO . Mir?
    ANGELO . Hast du vergessen? Der Deutsche, dein voriger Herr, – –
    PIRRO . Schweig davon!
    [23] ANGELO . Den du uns, auf dem Wege nach Pisa, in die Falle führtest –
    PIRRO . Wenn uns jemand hörte!
    ANGELO . Hatte ja die Güte, uns auch einen kostbaren Ring zu hinterlassen. – Weißt du nicht? – Er war zu kostbar, der Ring, als dass wir ihn sogleich ohne Verdacht hätten zu Gelde machen können. Endlich ist mir es damit gelungen. Ich habe hundert Pistolen dafür erhalten: und das ist dein Anteil. Nimm!
    PIRRO . Ich mag nichts, – behalt alles.
    ANGELO . Meinetwegen! – wenn es dir gleichviel ist, wie hoch du deinen Kopf feil trägst –
(Als ob er den Beutel wieder einstecken wollte.)
    PIRRO. So gib nur!
(Nimmt ihn.)
– Und was nun? Denn dass du bloß deswegen mich aufgesucht haben solltest – –
    ANGELO . Das kömmt dir nicht so recht glaublich vor? – Halunke! Was denkst du von uns? – dass wir fähig sind, jemand seinen Verdienst vorzuenthalten? Das mag unter den so genannten ehrlichen Leuten Mode sein: unter uns nicht. – Leb wohl! –
(Tut als ob er gehen wollte, und kehrt wieder um.)
Eins muss ich doch fragen. – Da kam ja der alte Galotti so ganz allein in die Stadt gesprengt. Was will der?
    PIRRO . Nichts will er: ein bloßer Spazierritt. Seine Tochter wird, heut Abend, auf dem Gute, von dem er herkömmt, dem Grafen Appiani angetrauet. Er kann die Zeit nicht erwarten –
    ANGELO . Und reitet bald wieder hinaus?
    PIRRO . So bald, dass er dich hier trifft, wo du noch lange verziehest. – Aber du hast doch keinen Anschlag auf ihn? Nimm dich in Acht. Er ist ein Mann –
    ANGELO . Kenn ich ihn nicht? Hab ich nicht unter ihm gedienet? – Wenn darum bei ihm nur viel zu holen wäre! – Wenn fahren die junge Leute nach?
    PIRRO . Gegen Mittag.
    ANGELO . Mit viel Begleitung?
    [24] PIRRO . In einem einzigen Wagen: die Mutter, die Tochter und der Graf. Ein paar Freunde kommen aus Sabionetta als Zeugen .
    ANGELO . Und Bediente?
    PIRRO . Nur zwei; außer mir, der ich zu Pferde

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