Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
Rettungshubschrauber bekommen. Das entsprach mehr ihrem Sinn für Abenteuer. Weitere Vorteile waren die besseren Arbeitszeiten, die guten Zulagen, mehr Möglichkeiten, aber sie musste für den Job umziehen. Ihr Bachelor-Abschluss in Pflegewissenschaften qualifizierte sie dafür, zu unterrichten, und sie nahm eine Dozentenstelle an der Humboldt University in Arcata an.
Wer weiß, vielleicht würde sie eines Tages im akademischen Bereich Karriere machen.
Ihre Mutter Vivian war Arzthelferin bei einem Allgemeinmediziner und hatte nichts gegen eine Veränderung einzuwenden. Sie fand eine hervorragende Vollzeitstelle in Eureka. Und so zogen sie beide nach Norden, in die Nähe von Vivians Arbeitsplatz. Zweimal in der Woche fuhr Franci nach Redding, um ihre Vierundzwanzigstundenschicht im Rettungshubschrauber anzutreten. Die meisten Flüge waren routinemäßige Patiententransporte, wie die Verlegung von Herz- oder Kaiserschnittpatienten in Spezialkliniken. Von Zeit zu Zeit flog sie aber auch Rettungseinsätze, um die Opfer von Waldbränden, Autounfällen und anderen Notfällen zu versorgen. Sie hatte das Fliegen vermisst. In ihrem neuen Job war sie glücklich. Sie konnte sich ein kleines Haus am Stadtrand von Eureka kaufen in einem ruhigen, angenehmen Wohnviertel, in dem sie sich wohlfühlte. Eigentlich war ihr Leben perfekt gewesen – bis zum heutigen Abend.
Sean hatte also nach ihr gesucht? Wohl nicht sehr intensiv. Sechs Monate hatte es gedauert, bis Franci endlich akzeptieren konnte, dass sie beide wohl nicht zusammenpassten und aus ihnen nichts mehr werden würde. Zu unterschiedlich waren ihre Auffassungen vom Leben. Er wollte Spaß haben und sich nicht festlegen, wahrscheinlich, bis er alt und grau war. Und sie wollte Wurzeln schlagen und eine Familie gründen.
Unfairerweise fand sie genau die Eigenschaften an ihm attraktiv, die ihn davon abhielten, sesshaft zu werden. Er sah gut aus und war ein Draufgänger, ein exzellenter Ski- und Wasserskiläufer, konnte aber genauso gut faul auf dem Sofa liegen und Filme gucken. Natürlich waren vier von fünf Filmen, die sie sich gemeinsam anschauten, Actionfilme und nur einer ein Liebesfilm, doch Franci stand ja selbst auf Action. Sie glaubte, dass sie eine glückliche Ehe führen könnten, so wie ihre Freunde, die auch verheiratet waren und Kinder hatten und mit denen sie viel in ihrer Freizeit machten. Sean hatte auch nichts gegen Kinder, im Gegenteil. Dennoch beharrte er eisern auf seinem Standpunkt: Er brauchte keine offizielle Bestätigung seiner Gefühle und hatte auch keine Lust, sich von Kindern in seiner Freiheit einschränken zu lassen.
Die Viertelstunde, die Franci von Arcata nach Eureka brauchte, reichte nicht aus, um ihre Nerven zu beruhigen. Also fuhr sie weitere fünfzehn Minuten ziellos durch die Gegend, bevor sie sich auf den Weg nach Hause machte. Sie wollte ihre Emotionen wieder im Griff haben, wenn sie dort ankam. Natürlich war es ein Trugschluss gewesen zu glauben, sie hätte sich mit ihrer Trennung abgefunden – das war ihr in der Sekunde klar geworden, als sie Sean wiedergesehen hatte. Sie bekam immer noch Herzklopfen, wenn er vor ihr stand. Ein Blick in sein Gesicht, und das Blut schoss ihr in die Wangen. Sie konnte nicht einmal einen Kaffee mit ihm trinken gehen, ohne das Gefühl zu haben, ihm noch bei Starbucks die Kleider vom Leib reißen zu müssen. Sie musste jetzt stark sein. Hart. Doch sie war schwach. Sie mochte ihn hassen, aber sie liebte ihn immer noch. Und er erregte sie immer noch. Das alles bedeutete, er konnte sie immer noch verletzen.
Schließlich parkte sie den Wagen in ihrer kleinen Garage, schloss das Tor und ging durch die Küche ins Haus. Im Wohnzimmer lief der Fernseher. Ihre Mutter saß auf dem Sofa. Sie schlief, während Rosie, ihre kleine Tochter, sich an sie gekuschelt hatte. Der Einzige, der den Kopf hob, sobald Franci das Zimmer betrat, war Harry, ihr blonder Cockerspaniel.
„Hallo, Harry“, begrüßte sie ihn.
Er wedelte ein paarmal mit dem Schwanz und rollte sich auf den Rücken, für den Fall, dass jemand ihn kraulen wollte.
„Mom?“, fragte sie und stupste ihre Mutter leicht an. „Mom, ich bin zu Hause.“
Vivian erschrak kurz und setzte sich auf. „Hmm? Hallo. Ich muss wohl eingenickt sein.“ Sie streckte sich. „Hattest du einen schönen Abend?“
„Oh ja. Mit den Mädels ist es immer lustig. Ich erzähle dir morgen die neuesten Tratschgeschichten. Aber jetzt gehst du wohl am besten
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