Engel auf Abwegen
Fours servierte, »um dich zu bitten, unsere nächste Präsidentin zu werden.«
Ich setzte mich noch aufrechter hin. »Nach allem, was geschehen ist?«
»Tatsache ist, dass du seit deiner Geburt für diesen Job
ausgebildet wurdest. Und um die Wahrheit zu sagen, das Estancias-Wohnprojekt ist ein Knüller.«
»Der Knüller«, fügte Constance hinzu.
»Wir bekommen so viel Publicity wie schon seit Jahren nicht mehr. Wir wollen zwar nicht viel Publicity, aber sie bringt uns noch größere Spenden ein.«
»Von Politikern und Unternehmen«, fügte die Sekretärin hinzu.
»Genau«, fuhr Lalee fort. »Und wir meinen, dass du es verdient hast, dafür belohnt zu werden.«
Sehen Sie, die Leute können mir nicht lange widerstehen.
Ich spürte ein Lächeln und wusste sofort, wie meine Antwort lauten würde. »Danke, dass du gefragt hast, und ein Teil von mir möchte gern ja sagen …«
»Du sagst nein?«, fragten sie einstimmig.
»Ja, ich sage nein. Zumindest für den Moment. Aber es gibt jemanden, der für den Job ausgezeichnet geeignet wäre.«
Und wir alle wissen, wer das ist.
»Pilar Bass.«
Die Hauptversammlung im Mai war das letzte Treffen im JLWC-Jahr und immer gut besucht – bis September die letzte Gelegenheit, anzugeben oder mit irgendetwas zu prahlen. Abgesehen von der Vorstellung des provisorischen Teams wurde die neue Präsidentin vorgestellt. Als ich in Brightlee ankam, musste ich lächeln, als ich Pilar zusammen mit den neu gewählten Referentinnen auf dem Podium sitzen sah. Sie winkte mir aufgeregt zu. Pilar war es schwindlig. Das schwöre ich Ihnen.
Nikki saß mit dem provisorischen Team in der vorderen
Reihe, und als sie Pilar winken sah, fuhr sie herum und winkte mir ebenfalls zu. Sollte ich die beiden etwa ignorieren?
Ich winkte zurück.
Nachdem Pilar zusammen mit den neu gewählten Referentinnen vorgestellt worden war, gab es nicht viel Geschäftliches zu tun, bevor das provisorische Team vorgestellt wurde. Lalee ergriff die Namensliste. »Es ist mir ein Vergnügen, unser neu gewähltes, provisorisches Team der Junior League von Willow Creek vorzustellen.«
Während die Namen aufgerufen wurden, standen die Frauen auf und lächelten höflich und/oder nervös. Als Nikki an der Reihe war, stand sie auf, drehte sich um und winkte der Menge zu wie eine Kandidatin beim Schönheitswettbewerb. Sie bekam vom gesamten Team den größten Applaus.
Danach ging unsere kleine Gruppe zum Grout-Palast zurück. Howard wartete bereits. »Wie ist es gelaufen?«
»Sie haben mich verehrt!«, sagte Nikki begeistert.
Howard hob sie hoch und wirbelte sie herum. »Ich wusste, dass sie das tun würden, meine Süße!«
Nachdem er sie auf den Boden gestellt hatte, führte er uns in die Küche. Warum sollte man sich noch die Mühe machen, ihn auf das hinzuweisen, was er falsch machte, und offen gestanden, welche Rolle spielte das noch? Besonders, da er etwas getan hatte, was richtig gewesen war. Er nahm eine Flasche gekühlten Dom Perignon aus einem silbernen Kübel.
»Ich hatte schon angefangen, eine große Ladung Cosmos für euch Mädchen zu machen, aber dann habe ich gedacht, nee, die Ladys sollten eigentlich Champagner trinken.«
Vielleicht würde aus Howard Grout doch noch ein perfekter Gentleman.
Zu unseren Jubelrufen ließ er die Korken knallen, und nachdem er den Champagner eingegossen hatte, brachte er einen Trinkspruch auf seine Frau aus, bevor er hinzufügte: »Jetzt könnt ihr weiterfeiern.«
Er entfernte sich, aber Nikki rannte hinter ihm her. »Ich liebe dich, Howie.« Dann küsste sie ihn auf die Lippen. Dies war die geschmackloseste Bezeugung öffentlicher Zuneigung, die ich je gesehen habe. Der Anblick riss mich in Stücke.
»Auf Nikki«, sagte ich, als sie zurückkam, »und Pilar.«
Wir prosteten uns zu, und Nikki lachte. »Ich würde sagen, die Junior League von Willow Creek wird niemals so sein wie zuvor!«
Ob das nicht etwas untertrieben ist?
33
Es war ein kristallklarer Tag im Juni, und der Himmel war knallblau, als meine Zukunftspläne zum Abschluss gebracht wurden. An diesem Tag trat auch Sawyer Jackson wieder in mein Leben.
Ich war zur Einweihung des Estancias-Wohnprojektes gegangen. Aus den Demonstranten waren jetzt Befürworter des Projekts geworden. Die Presse war ebenfalls anwesend und mit ihr Senatoren und Kongressabgeordnete. Das Projekt war das größte nicht von der Regierung gesponserte Wohnprojekt für Leute mit niedrigem Einkommen im ganzen Staat. Die Atmosphäre war
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