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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wenn wir uns beeilen.«
    »Und dein Arm?«
    Gowenna machte eine wegwerfende Geste. »Es wird gehen. Ich habe Schlimmeres überlebt.« Sie lächelte mit erzwungenem Optimismus, drehte sich herum und tastete mit den Füßen nach Halt. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, ließ sie sich über die Kante gleiten. Skar sah, wie sich ihre Muskeln unter der Anstrengung spannten. Der Verband über ihrer Schulter rötete sich; die Wunde hatte wieder stärker zu bluten begonnen.
    Skar war nicht sehr wohl bei dem Gedanken — aber er wußte auch, daß sie keine andere Wahl hatten. Gowenna und er waren — von Del einmal abgesehen — die besten Kämpfer der Gruppe, und selbst sie hatten die beiden Eiskrieger nur mit Glück und knapper Not besiegt.
    Wenn auch nur ein halbes Dutzend dieser Monster über die ahnungslosen Freisegler herfiel... Skar schob die Vorstellung hastig beiseite. Wieder sah er zum See hinunter. Die Pinasse war nicht mehr als ein dunkler, langgestreckter Schatten auf den glitzernden Wellen, weniger noch; nur noch daran zu erkennen, daß sich das Sternenlicht an dieser Stelle nicht auf dem Wasser spiegelte. Ihre Bewegung war von hier oben nicht wahrzunehmen. Trotzdem kam es ihm für den Moment vor, als schösse sie auf den nebelverhangenen Kanal zu.
    »Ich bin unten«, drang Gowennas Stimme zu ihm herauf. »Du kannst nachkommen.«
    Skar ließ sich, Gowennas Beispiel folgend, auf Hände und Knie hinab und kletterte über die Kante. Das Eis erschien ihm glatter als zuvor, und er drohte mehr als nur einmal den Halt zu verlieren, ehe er auf dem schmalen Eissims neben Gowenna anlangte. Sein Herz raste, und er war trotz der Kälte in Schweiß gebadet. Dabei hatten sie erst den ersten — und leichtesten — Abschnitt des Weges geschafft. Unter ihnen lag eine fast fünfzehn Meter tiefe, senkrecht abfallende Schlucht. Es war ihm fast ein Rätsel, wie sie es geschafft hatten, jemals hier heraufzukommen.
    Er wollte weiterklettern, aber Gowenna hielt ihn mit einer raschen Bewegung zurück. »Nicht«, murmelte sie. »Schau.«
    Skar sah auf. Sein Herz schien einen schmerzhaften Sprung zu machen, als er auf den See hinabsah.
    Die Pinasse hatte den Kanal erreicht. Für einen Moment war sie deutlicher zu erkennen, als sie in die Nebelbank eindrang und sich ihr Umriß schwarz und massig gegen das graue Wogen abhob.
    Hinter der Reling der SHAROKAAN glommen vier, fünf, schließlich ein Dutzend kleiner roter Funken auf, Funken, die sich urplötzlich in dünne feurige Linien verwandelten und über den See zischten. »Zu kurz«, murmelte Gowenna.
    Skar nickte, die Pfeile waren allesamt zu kurz gezielt. Sie erhoben sich in die Luft, senkten sich dicht vor der Mitte des Sees wieder und fielen weit hinter der Pinasse ins Wasser.
    Eine zweite Salve jagte vom Deck der SHAROKAAN zum Kanal hinüber, auch sie zu kurz, aber schon wesentlich näher als die erste.
    Die Pinasse war jetzt mehr als zur Hälfte in die Nebelbank eingedrungen.
    »Wenn er noch zweimal danebenschießt, ist sie weg«, murmelte Gowenna.
    Skar antwortete nicht darauf. Es war ein frommer Wunsch, und Gowenna wußte es so gut wie er. Helth' Männer waren zu gute Schützen, um ein so großes Ziel zu verfehlen, selbst auf diese Entfernung. Diese beiden ersten Salven waren nicht gezielt gewesen, keinem anderen Zweck dienend, als das Ziel zu fixieren und die Windstärke festzustellen.
    Er suchte mit den Händen nach festem Halt an der spiegelnden Mauer und beugte sich ein wenig vor, um einen besseren Blick auf die SHAROKAAN hinab zu haben. Er konnte nicht genau erkennen, was an Bord des Freiseglers vorging, aber eine der dunklen Gestalten hinter der Reling kam ihm ein wenig größer als die anderen vor. Helth. Er schien nicht einmal zu begreifen, in welcher Gefahr er schwebte. Vielleicht war es ihm auch gleichgültig. Vielleicht suchte er auch den Tod. Aber es war nicht nur sein Leben, das er aufs Spiel setzte, sondern ihrer aller.
    Wieder glomm der grelle Funke einer brennenden Pechspitze hinter der Reling der SHAROKAAN auf. Ein einzelner Pfeil erhob sich in die Luft, zeichnete eine flackernde, vielfach unterbrochene Feuerlinie über den See und senkte sich mit tödlicher Präzision auf die Pinasse herab.
    Das Beiboot verschwand im gleichen Moment hinter der Einfahrt des Kanals, in dem der Pfeil in sein Heck einschlug. Skar hielt unwillkürlich den Atem an. Für zehn, fünfzehn, zwanzig quälende, endlose Sekunden geschah gar nichts, dann glomm hinter der Zufahrt der

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