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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aber offensichtlich nicht die richtigen Worte und wandte schließlich den Blick ab. In seinem Gesicht arbeitete es. Skar war sich darüber im klaren, daß er ungerecht war; und daß seine Worte dem Quorrl weh taten. Aber in diesem Moment genoß er beides.
    »Er wollte mich nur schützen, Titch«, sagte Kiina. »Es war meine Schuld. Wenn ich… getan hätte, was er sagte, hätten sie ihn nicht geschlagen.«
    Titch sah sie nachdenklich an. »Unsinn«, murmelte er. »Und es war sowieso umsonst. Er kam näher, ohne seine Worte zu erklären, ließ sich vor Kiina in die Hocke sinken und zerbrach den Metallring an ihrem Fußgelenk ohne sichtliche Anstrengung. Kiina sah erstaunt zu ihm auf, machte aber keine Anstalten, sich zu erheben.
    »Was soll das?« fragte Skar.
    »Im Moment noch nichts«, erwiderte Titch. »Nur eine Vorsichtsmaßnahme — für den Fall, daß ihr schnell hier heraus müßt. Ich weiß noch nicht wie, aber ich werde einen Weg finden. Das Gebäude wird bewacht«, fügte er in bekümmertem Ton hinzu. »Dann bring uns doch in die Küche«, sagte Skar bitter. »Sie werden doch nichts dagegen haben, daß du dir zwei saftige Braten heraussuchst, oder?«
    »Ich habe daran gedacht«, antwortete Titch ungerührt. »Aber das Risiko ist zu groß. Wir müssen warten, bis es dunkel ist. Dann bringe ich euch hier heraus. Irgendwie.«
    »Und die anderen?«
    Titch seufzte. »Bitte, Skar. Du weißt, daß es unmöglich ist. Es sind fast fünfzig Krieger auf dem Hof. Ihr kämt keine zehn Schritte weit.«
    »Sie sind also doch hier, um uns zu suchen.«
    »Ja«, gestand Titch. »Aber das wußte ich nicht. Und sie sind auch nicht nur euretwegen hier.«
    »Warum dann?«
    »Es ist die Ehrenwache des Bestimmers«, antwortete Titch. »Bist du jetzt schlauer?«
    Skar setzte zu einer Antwort an, aber Titch schnitt ihm mit einer zornigen Geste das Wort ab und stand wieder auf. »Ich muß gehen«, sagte er. »Ich hätte gar nicht kommen dürfen, aber als Cron mir erzählte, was geschehen ist, mußte ich nachsehen, wie es dir geht.«
    »Wie edel«, sagte Skar sarkastisch. »Aber völlig überflüssig.
    Ich bin ganz in Ordnung.« Er kniff sich mit den Fingern in den linken Bizeps. »Siehst du? Festes, gesundes Fleisch. Die paar zerkratzten Stellen kann man abschneiden.«
    »Du haßt mich«, sagte Titch leise.
    »Hassen?« Skar schüttelte den Kopf. »Nein. Ich… ich kann euch nicht einmal mehr verachten. Ennart hatte recht, weißt du das? Ihr seid Tiere. Ihr wart niemals etwas anderes.«
    »Ich verstehe dich«, sagte Titch ruhig. »Du bist zornig, weil ich es dir nicht gesagt habe. Ich hatte Angst davor, Skar. Ich habe gehofft, daß du es nie erfährst. Ich hatte Angst, daß du genau so reagierst, wie du es jetzt tust.« Er schüttelte traurig den Kopf und machte eine Geste zu den anderen Gefangenen, die sich angstvoll vor ihm zurückgezogen hatten. »Glaubst du mir, wenn ich dir sage, daß ich niemals Menschenfleisch gegessen habe?« »Natürlich nicht«, antwortete Skar bitter. »Du wußtest, daß du eines Tages auf mich treffen würdest, wie?«
    »Nein. Ich habe es niemals getan, weil ich es… so schrecklich finde wie du. Es ist entwürdigend. Und es gibt viele, die so denken wie ich.«
    »Und das soll ich dir glauben?«
    »Hast du jemals Quorrl-Fleisch gegessen?«
    Skar starrte ihn an, und plötzlich kam er sich gemein und schäbig vor, Titch auf so niederträchtige Art verdächtigt zu haben. Er wollte sich entschuldigen, aber irgend etwas hinderte ihn daran, und er spürte auch, daß Titch es nicht erwartete.
    »Genug jetzt«, sagte Titch in plötzlich verändertem Ton. »Ich muß fort. Sobald es dunkel wird, bringe ich euch hier heraus.
    Ihr unternehmt nichts, ganz egal, was passiert.«
    »Auch nicht, wenn sie kommen, um uns zum Essen einzuladen?« fragte Skar freundlich. Er wollte es nicht. Er wußte, wie weh diese Worte dem Quorrl taten, aber etwas zwang ihn dazu, ihn zu verletzen und das Messer immer wieder in der Wunde herumzudrehen. Eine unhörbare Stimme flüsterte ihm zu, daß er auf dem besten Weg war, das letzte bißchen Vertrauen zwischen ihm und dem Quorrl zu zerstören, aber das war ihm gleich, in diesem Moment. Er wollte jemandem weh tun, ganz einfach, weil
ihm
weh getan worden war, und Titch kam ihm gerade recht. Um so mehr, als der Quorrl nicht in der Verfassung war, sich zu wehren.
    Eine endlose Sekunde lang starrte Titch ihn einfach nur an.
    Dann drehte er sich mit einem Ruck herum und rannte aus dem

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