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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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Als er stattdessen mich bekam, sah er in mir eine Art Strafe für jedwede Sünden, derer er sich schuldig fühlte. Ich durfte nur bis zu meinem fünften Lebensjahr bei meiner Mutter bleiben. Es wäre barmherziger gewesen, hätte er mich gleich nach der Geburt aus den goldenen Hallen seines Palasts verstoßen und den Schakalen zum Fraß vorgeworfen. Doch das tat er nicht. Mit fünf Jahren wurde ich verbannt und zu den Priesterinnen der Isis in den Tempel geschickt. Als meine Brüder zur Welt kamen, wurden sie so behandelt, wie es mir zugestanden hätte. Man hieß sie als Prinzen willkommen. Ihre Geburt wurde monatelang gefeiert. Doch mich, als Einzige wahrhaftig für die Unsterblichkeit bestimmt, verleugnete man.
    Damals schwor ich mir, dass ich mich nie wieder nach der Zuneigung eines Mannes sehnen würde, doch genau das tue ich jetzt. Nicht dass dabei Gefühle im Spiel wären. Ich bin viel zu klug, um Opfer törichter Romantik zu werden. Schließlich bin ich keine einfältige, leichtgläubige Sterbliche. Nein, ich will keine Romantik. Nur ihn. Mein Verlangen nach ihm ist so offensichtlich wie seines nach mir. Mich erbost, dass er es verleugnet, dass er mich unwürdig findet.
    Aber dieses Mal werde ich es schaffen. Ich werde ihm beweisen, dass ich das mutigste, das stärkste, das listigste Wesen bin, dem er je begegnet ist.
    Mir sind gewisse Informationen in die Hände gefallen, wissen Sie. Vor einer Weile hatte Roland zusammen mit zwei anderen Unsterblichen ernsthafte Schwierigkeiten in den Vereinigten Staaten. Die Einzelheiten sind unwichtig. Wichtig ist nur, dass das kostbarste Geschöpf für Roland gerade ein Junge namens Jameson Bryant ist. Er ist einer der Auserwählten – das heißt einer der seltenen Menschen mit denselben Vorfahren und Antigenen im Blut wie wir Unsterblichen. Einer, der verwandelt werden kann. Ihn verbindet ein besonderes Band mit Roland, eine Nähe, die mich, wie ich offen zugebe, neidisch macht. Und der Junge schwebt in höchster Gefahr. Roland möglicherweise auch. Ich bin auf dem Weg, um sie nicht nur zu warnen, sondern beide zu beschützen, auf jede erdenkliche Weise.
    Bitte verstehen Sie meine Motive nicht falsch. Ich eile nicht aufgrund übertriebener emotionaler Bindungen zu ihm. Ich habe bereits klargemacht, dass mein Interesse an Roland rein körperlicher Natur ist. Es schmerzt schon genug, wenn man auf dieser Basis abgewiesen wird. Wie dumm müsste man sein, noch mehr Leid zu riskieren! Nein, ich tue das nur, um meinen Wert zu beweisen. Er wird ein für alle Mal begreifen, dass Rhiannon kein Staubkörnchen ist, das man aus einer Laune heraus fortpusten kann. Kein schwaches Frauchen, das man ignorieren kann wie eine Leibeigene. Ich bin seiner Zuneigung ebenso würdig wie der meines Vaters. Sie machen einen Fehler, wenn sie mich ächten.
    Sie machen einen Fehler.
    Allerdings …
    Manchmal kommen selbst mir Zweifel. Manchmal höre ich die Stimme meines Vaters, wie sie in den Gewölben hallt, wie er mich verflucht. Und ich frage mich: Könnte er recht gehabt haben? Bin ich wahrhaftig sein Fluch? Nicht mehr als eine Figur im Spiel der Götter, um einen sündigen König zu bestrafen? Denn wie könnte mein Vater sich geirrt haben? Er war der Pharao! Selbst nur eine Stufe unter den Göttern. Könnte er recht gehabt haben?
    Wie Roland jetzt recht haben könnte, meine Berührung zu meiden? Vielleicht sieht er etwas, das ich nicht sehe. Vielleicht weiß er, wie unwürdig ich …
    Nein!
    Ich bin Rhiannon – geboren als Rhianikki, Prinzessin von Ägypten, Erstgeborene des Pharaos. Ich bin unsterblich, eine Göttin unter den Menschen, von Frauen beneidet, von Männern angebetet. Ich könnte sie so leicht töten, wie ich ihnen Gute Nacht wünsche.
    Das könnte ich!
    Ich bin würdig … und ich habe vor, es zu beweisen.
    Ich bin Rhiannon. Und dies ist meine Geschichte.

Keith
    1. KAPITEL
    Er glitt unter den überhängenden Dächern durch die gewundenen, schmalen Straßen hindurch wie ein Schatten. Er verabscheute es, hier zu sein, hier bei ihnen. Manche gingen so nahe an ihm vorbei, er hätte sie berühren können, wenn er einfach nur die Hand gehoben hätte. Er spürte ihre Körperwärme, sah ihren Atem in der kalten Nachtluft verdampfen. Er spürte das Blut unter ihrer Haut pulsieren, hörte den schnellen, gesunden Rhythmus ihrer Herzen. Er fühlte sich wie ein Wolf, der lautlos inmitten von ängstlichen Kaninchen herumschleicht. Mit seinen übernatürlichen Kräften hätte er jeden Einzelnen

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