Maigret - 26 - Maigret regt sich auf
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Die alte Dame im Garten
Madame Maigret, die im warmen Schatten, wo das Blau ihrer Schürze und das Grün der Schoten prächtige Tupfer bildeten, grüne Erbsen enthülste, Madame Maigret, deren Hände nie untätig waren, nicht einmal am heißesten Tag in einem drückenden August nachmittags um zwei, Madame Maigret, die ihren Mann wie ein kleines Kind beaufsichtigte, bemerkte besorgt:
»Ich wette, du willst schon aufstehen …«
Dabei hatte der Liegestuhl, in dem Maigret es sich bequem gemacht hatte, nicht geknarrt. Der ehemalige Kommissar der Kriminalpolizei hatte nicht den leisesten Seufzer ausgestoßen.
Wahrscheinlich hatte sie bei aller Gewohnheit im Umgang mit ihm ein kaum wahrnehmbares Zucken über sein schweißbedecktes Gesicht huschen sehen. Denn es stimmte, daß er sich gerade erheben wollte. Doch aus einer Art Rücksichtnahme zwang er sich liegenzubleiben.
Es war der zweite Sommer seit seiner Pensionierung, den sie in ihrem Haus in Meung-sur-Loire verbrachten. Erst vor einer Viertelstunde hatte er sich zufrieden in seinem bequemen Liegestuhl ausgestreckt, und seine Pfeife qualmte vor sich hin. Die Luft um ihn herum wirkte um so erfrischender, als kaum zwei Meter von ihm entfernt, jenseits der Grenze von Sonne und Schatten, die Gluthitze mit dem Gesumm der Fliegen begann.
In gleichmäßigem Rhythmus fielen die Erbsen in die Emailschüssel. Madame Maigret hatte die Schürze zwischen den gespreizten Beinen voller Schoten, und neben ihr standen zwei große Körbe voll, die am Morgen zum Einkochen gepflückt worden waren.
Was Maigret an seinem Haus am meisten schätzte, war dieses Fleckchen, wo sie sich befanden, eine Stelle, die keinen Namen hatte, eine Art Hof zwischen Küche und Garten, jedoch ein zum Teil überdachter Hof, den sie mit der Zeit möbliert hatten, so daß es einen Ofen und eine Anrichte gab und die meisten Mahlzeiten hier eingenommen werden konnten. Er ähnelte ein wenig einem spanischen Patio, und der Boden war mit roten Fliesen gepflastert, die dem Schatten etwas ganz Besonderes verliehen.
Maigret verharrte noch fünf Minuten, vielleicht etwas länger, und betrachtete mit halbgeschlossenen Augen den Gemüsegarten, der unter der erdrückenden Hitze zu flimmern schien. Dann gab er alle Rücksichtnahme auf und erhob sich.
»Was hast du denn vor?«
Er hatte in ihrer ehelichen Vertrautheit gleichsam die Miene eines schmollenden Kindes aufgesetzt, das man bei einem Fehler ertappt hat.
»Ich bin sicher, daß lauter Kartoffelkäfer auf den Auberginen sitzen«, brummte er. »Und zwar wegen deines Salats …«
Seit einem Monat währte dieser Kleinkrieg um den Salat. Da die Auberginenpflanzen weit auseinander standen, hatte Madame Maigret eines Abends Salat dazwischen gesetzt.
»Damit haben wir viel Platz gewonnen«, hatte sie gemeint.
Er hatte in diesem Augenblick nichts darauf erwidert, weil er nicht daran gedacht hatte, daß die Kartoffelkäfer Auberginenblätter noch lieber fressen als Kartoffelkraut. Und wegen des Salats konnte man sie jetzt schlecht mit Arsenpulver bekämpfen. Zehnmal am Tag beugte sich Maigret, wie er es in diesem Moment tat, mit seinem riesigen Strohhut auf dem Kopf über die blaßgrünen Blätter, die er vorsichtig umdrehte, um die kleinen gestreiften Tierchen abzulesen. Er sammelte sie in seiner linken Hand, bis sie voll war, dann kam er mit brummiger Miene zurück und warf sie, mit einem herausfordernden Blick auf seine Frau, ins Feuer.
»Wenn du den Salat nicht umgepflanzt hättest …«
In Wahrheit hatte sie ihn seit seiner Pensionierung keine einzige Stunde lang auf seinem berühmten Liegestuhl gesehen, den er triumphierend vom Kaufhaus ›Bazar de l’Hôtel de Ville‹ mitgebracht und geschworen hatte, denkwürdige Mittagsschläfchen darin zu halten.
Da stand er in der prallen Sonne, die nackten Füße in seinen Holzschuhen, mit seiner blauen Leinenhose, die ihm über die Hüften rutschte und sein Hinterteil wie das eines Elefanten aussehen ließ, und seinem feingemusterten Bauernhemd, das über seinem behaarten Oberkörper offenstand.
Er vernahm die Schläge des Türklopfers, die durch die leeren, schattigen Zimmer des Hauses hallten wie die Glockentöne in einem Kloster. Jemand klopfte ans Tor. Wie immer, wenn unvorhergesehener Besuch kam, begann Madame Maigret unruhig zu werden. Sie sah ihren Mann von weitem an, als wollte sie ihn um Rat fragen.
Dann hob sie ihre Schürze an, die eine dicke Tasche bildete, fragte sich, wohin sie die Erbsenschoten
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