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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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erzeugte, der einen unwillkürlich zusammenzucken ließ –, war Richard in seinen beschissenen alten Land Cruiser Diesel gestiegen und in einem Rutsch von Elphinstone nach L. A. gefahren. Dort hatte er sich ein Hotelzimmer genommen, geduscht und genau die Art von dicker Lederjacke angezogen, die man gemeinhin trug, um ein Schulterholster zu verbergen. Den Land Cruiser hatte er für einen Ölwechsel abgegeben und war mit dem Taxi zu einer speziellen Autovermietung gefahren, die ihm von einem Schauspieler empfohlen worden war, den Richard, als sich der Mann mit seiner Entourage zu einem Dreh oben in Elphinstone befand, in der Schlossgaststätte kennen gelernt hatte. Dort hatte er einen Humvee gemietet. Nicht etwa einen Hummer, diesen degenerierten Pseudo-Humvee, den man damals (im Jahr 1995) auf dem zivilen Automarkt bekommen konnte, sondern einen richtigen Humvee in Militärqualität, zwei Meter zehn breit und, das Gewicht der Subwoofer schon eingerechnet, drei Tonnen schwer. Aus dessen eindrucksvoller Stereoanlage vom Zubehörmarkt dröhnte »Know Your Enemy« von Rage Against the Machine, als Richard mit einer halben Stunde Verspätung zum Showdown bei Denny’s auftauchte und sein Gefährt auf dem Behindertenparkplatz abstellte. Von dem Moment an, wo er durch das Fenster des Restaurants Bobs zusammengesacktes Profil erblickt hatte, war ihm klar gewesen, dass er bereits gewonnen hatte.
    Es war eine Schande. Eine Sammlung der billigsten Tricks, die man sich vorstellen konnte. Das allein hätte einen klügeren Kopf schon davon überzeugt, dass Richard nur bluffte.
    Richards damalige zukünftige Exfreundin hatte sich mehrere Jahre die Nase am Fenster zum Hinduismus plattgedrückt, und er hatte viel Gerede über Avatare, Mayas und so weiter über sich ergehen lassen müssen. Indem er in diesem Avatar erschien, präsentierte sich Richard auf genau die Weise, wie Bob ihn sich immer vorgestellt hatte. Und in dem Maße, wie Bob jetzt ein erklärter Feind der Familie war, wurde Richard zu dessen Fleisch gewordenem schlimmsten Alptraum.
    Der Schachzug hatte funktioniert. Allerdings hatte Richard sich in diesem Avatar ganz und gar nicht wohlgefühlt und sich sogar gefragt, woher zum Teufel er überhaupt gekommen war. Was hatte ihn geritten? Erst später, nachdem er mit Bud gesprochen und über die Geschichte hinter der Ehrenmedaille nachgedacht hatte, war ihm klar geworden, dass er nicht als ein Avatar von Richard, sondern als einer seiner ganzen Familie aufgetreten war.
    Das Footballspiel ging noch nicht zu Ende, erreichte aber, wie so oft, ein Stadium, in dem man es einfach nicht mehr anschauen konnte. Fast alle gingen. Richard zog sich einen Stuhl heran und setzte sich links neben seinen Vater. Jetzt waren nur noch sie drei übrig: John, Nicholas und Richard. Patricia war seit vierzehn Jahren tot. Jacob war viel später als die anderen zur Welt gekommen, damals war Mom den Wechseljahren schon verdammt nah gewesen, und allen war klar, dass er einer ungeplanten Schwangerschaft entstammte. Er war weder tot noch anwesend, sondern in Idaho, einem Staat, der von West- und Ostküstenbewohnern oft mit Iowa verwechselt wurde, tatsächlich aber in vieler Hinsicht das Anti-Iowa darstellte und von Bewohnern Iowas nur aufgesucht wurde, wenn sie eine Art von Erklärung abzugeben hatten.
    Was den wahren Bewusstseinszustand seines Vaters betraf, hatte Richard praktisch keine Ahnung. Seit dem letzten Ansturm von Minischlaganfällen hatte Nicholas nur noch wenig gesagt. Seine Augen verfolgten jedoch alles ziemlich genau. Sein Gesichtsausdruck und seine Gestik legten nahe, dass er wusste, was vor sich ging. Jetzt genoss er es ziemlich, zwischen seinen beiden ältesten Söhnen zu sitzen. Richard lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, schlug die Füße auf dem Bärenfell übereinander und richtete sich auf ein langes Sitzen ein. Jemand brachte ihm ein Bier. Dad lächelte. Das Leben war gut.
    Richard wachte auf und bemühte sich, sein Telefon zum Schweigen zu bringen, musste allerdings feststellen, dass das lokale Klima sämtliches Wasser aus seinen Fingerspitzen gesogen hatte, sodass diese auf den winzigen grafischen Elementen seiner Benutzeroberfläche praktisch keinen Halt fanden. Durch eine Kombination aus Lecken und Anhauchen seiner Finger gelang es ihm, sie so anzufeuchten, dass das Gerät sie widerwillig als menschliches Fleisch erkannte, auf ihre Befehle reagierte und verstummte.
    Er tastete nach seiner Lesebrille und tippte auf den

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