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Erzähl es niemandem!: Die Liebesgeschichte meiner Eltern (German Edition)

Erzähl es niemandem!: Die Liebesgeschichte meiner Eltern (German Edition)

Titel: Erzähl es niemandem!: Die Liebesgeschichte meiner Eltern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lillian Crott Berthung , Randi Crott
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nun
einmal stärker als alles andere.« Er gibt ihr einen Kuss. In der Ferne hört man
einen Kuckuck.
    »Wünsch dir was, Helmut, in Norwegen macht man das, wenn man einen
Kuckuck hört. Aber du darfst natürlich nicht erzählen, was du dir wünschst,
sonst geht es nicht in Erfüllung.« Sie schaut ihn liebevoll an. »Ich habe mir
schon etwas gewünscht, und zwar so fest, dass es der Kuckuck unbedingt
Wirklichkeit werden lassen muss.«
    »Wenn’s bloß so einfach wäre, Lillian.« Helmut tastet nach den
Briefen in seiner Tasche. Er ist sich gar nicht sicher, ob er ihr von dem Schicksal
der Eltern erzählen und sie damit belasten soll. Ausgerechnet an diesem schönen
Tag. »Diesen einen Brief hier«, sagte er schließlich, »den habe ich schon vor einiger
Zeit bekommen. Ich weiß gar nicht, ob das jetzt passt.« Helmut liest vor, was
ihm sein Vater über die Bomben auf Wuppertal berichtete.
    »Und jetzt sind meine Eltern vorübergehend bei Verwandten in
Friesoythe, einem kleinen Ort im Norden Deutschlands, untergekommen. Es wird
schwer werden, eine andere Wohnung zu bekommen, Wuppertal ist völlig zerstört.
Und ich kann von hier aus gar nichts tun. Außer meinen Eltern immer wieder Mut
zu machen.«
    Lillian greift nach seiner Hand. »Das ist eine schwere Situation für
deine Eltern und für dich«, sagt sie. »Deinem Vater werden deine Briefe sehr
gut tun und deiner Mutter auch.«
    »Ich fürchte, meiner Mutter helfen auch die besten Briefe nicht
mehr.« Dann erzählt er Lillian von Tante Tetta. Dass man nicht weiß, was mit
ihr geschehen ist. Und dass man das Schlimmste annehmen muss.
    Lillian muss wieder an die Salomons denken, die die Deutschen aus
Harstad abgeholt haben. Auch sie sind nicht mehr zurückgekommen. »Warum hast du
mir das nicht schon früher erzählt?«, sagt sie nach einer Weile. »Warum quälst
du dich alleine damit?«
    Helmut antwortet nicht darauf, sondern greift in seine Tasche und
zieht einen zweiten Brief hervor. »Ich möchte dir aber gerne noch etwas
vorlesen. Auch das hat mein Vater geschrieben. Der Brief ist gestern erst
gekommen.«
     
    Mein lieber Helmut, Mutter und ich sind glücklich, daß es Dir
gutgeht. Es war für uns eine Freude, zu hören, was Du über Hun erzählst.
Es macht uns glücklich, und wir fühlen, was es für Dich bedeutet, einen
Menschen gefunden zu haben, der an Deinem Leben teilnimmt. An dem, was gewesen
ist, was jetzt ist und was eventuell noch kommen wird. Du schreibst so schön
über sie und ihr Mitgefühl, wenn Du ihr von unseren bitteren Jahren erzählst.
Ihre Haltung zeigt eine Reife, die man selten bei einer so jungen Frau findet.
Grüße bitte dieses norwegische Mädchen von uns. Unser innigster Wunsch ist, daß
wir sie eines Tages kennenlernen werden. Obwohl die Zukunft ungewisser ist als
jemals zuvor, wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben. Ich werde selbst an Hun schreiben
und erzählen, daß sie bereits einen Platz in unseren Herzen bekommen hat. Alles
Liebe wünschen Deine fernen Eltern.
     
    Lillian ist zutiefst gerührt. »Die Gedanken deines Vaters
sind so warmherzig. Es ist aber doch selbstverständlich, dass man Grausamkeit
und Ungerechtigkeit verabscheut. Wenn ich nur meinen Eltern die volle Wahrheit
erzählen könnte!«

Neuer Einsatz
    August/September 1943
     
    Nach vier Wochen Landarbeit bekommt Lillian Bescheid, dass
sie sich im Rahmen des nationalen Arbeitseinsatzes wieder beim Arbeidskontor in Harstad zu melden hat. Dort erfährt sie, dass sie für die nächsten Monate im
deutschen Offizierskasino arbeiten soll. Und zwar als Serviererin.
    »Kommt überhaupt nicht in Frage, dass du da arbeitest, Lillian!«
John ist rasend, als ihm davon berichtet wird, und macht sich sofort auf den
Weg zur deutschen Stadtkommandantur.
    »Sie müssen für meine Tochter etwas anderes finden«, bittet er
Unteroffizier Ascher, den er von verschiedenen Druckaufträgen kennt. Der
Deutsche sieht sich Lillians Papiere an.
    »Ich sehe in den Unterlagen, dass Ihre Tochter gut Deutsch spricht.
Dann könnte sie uns woanders tatsächlich nützlicher sein. Zum Beispiel hier bei
uns in der Kommandantur.«
    Einige Tage später steht Lillian vor dem großen Haus in der Rikard
Kårbøs Gate. Im Erdgeschoss befinden sich eine Bäckerei und ein Obstgeschäft. In
beiden Läden gibt es allerdings kaum noch etwas zu kaufen.
    Der Treppenaufgang zum ersten Stock ist schmutzig, das Geländer mit
den kleinen gedrechselten Säulen beschädigt. Im Hinterhof streunen Katzen um
die

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