Es muss nicht immer Grappa sein
räumen. Die Wohnung passte nicht zu einer harmlosen Oma. Der teure Flachbildschirm und die vielen Kartons im Bad hatten mich stutzig werden lassen.
Ich setzte mich ins Auto und behielt das Haus im Auge. Jetzt brachten sie den Sarg nach unten und schoben ihn in den Leichenwagen, der sofort startete. Fünf Minuten später schafften zwei Männer Plastikbehälter heraus, die oben mit Deckeln verschlossen waren. Ich hielt die Szene im Bild fest. Es folgten die Kartons. Die Polizisten trugen jeweils drei übereinander auf den Armen und verstauten sie im Bullen-Bulli. Plötzlich stolperte einer der Männer. Prompt landete eine Kiste auf dem Boden und platzte. Mehrere Gegenstände fielen heraus und etwas Füllmaterial. Alles wurde hastig wieder eingesammelt. Leider konnte ich nicht erkennen, um was für Gegenstände es sich handelte.
Schließlich erschien der Königspudel, begleitet von Brinkhoff. Die zwei unterhielten sich kurz, dann stieg jeder in seinen Wagen.
Als die Staatsgewalt komplett abgereist war, schlenderte ich zu der Stelle, an der die Sachen aus dem Karton gefallen waren. Grobe Holzwollreste hatten sich im Rinnstein verhakt und da hinten an dem Busch wehten noch einige Fäden.
Ich räumte das Zeug zusammen, entdeckte dabei einen etwas größeren Knubbel und klaubte ihn auf. Darin befand sich noch etwas anderes! Ich fieselte das Zeug auseinander und hielt eine flache runde Dose in der Hand. Caviar Beluga Malossol 50 g.
Die blaue Dose verschwand in den Tiefen meiner Umhängetasche.
Zum Abschluss machte ich noch eine Runde in dem Haus und fragte nach der Oma. Die Leute wussten nicht viel von ihr, fanden sie aber nett, wenngleich zurückhaltend.
Es war schon Mittag, als ich die Redaktion betrat. Mein Mitteilungsbedürfnis ließ mich nach einem Kollegen suchen, dem ich etwas über den Mord im Norden erzählen konnte. Mein Chef Peter Jansen, so erfuhr ich von Sekretärin Stella, sei zu einem Hotel im Westen der Stadt unterwegs.
»Warum das?«, fragte ich.
»Polizeiaktion«, gab Stella knapp Auskunft. Sie behielt nur so viel, wie sie behalten musste.
»Was für eine Aktion?«, fragte ich dennoch.
Wenig überraschend lautete die beleidigte Antwort: »Weiß ich doch nicht.« Schon wandte sie sich wieder ihrem Bildschirm zu und klickte sich weiter durch das Intelligenzspiel Cubis.
Seltsam, dachte ich. An diesem Montag hat die Bierstädter Kripo ja eine Menge zu tun.
Leider meldete sich Jansen nicht an seinem Mobiltelefon. Ich sprach ihm eine Nachricht auf die Mailbox und wählte die Nummer der Polizeipressestelle. Sie bestätigte mir den Fund einer Leiche.
»Die alte Frau Schöderlapp«, meinte ich.
»Die auch. Aber es gibt noch eine. Im Hilton. «
»Zwei Leichen an einem Tag?«
»So ist es. Alles Weitere erfahren Sie …«
»… von der Staatsanwaltschaft«, vervollständigte ich den Satz.
Ich riss die Fenster auf. Es war Sommer, und zwar ein fast subtropischer. In der Nacht regnete es gewöhnlich, am Morgen dampfte die Stadt und bis zum Nachmittag hatten sich die Häuser so aufgeheizt, dass sie zu glühen schienen.
Endlich meldete sich Jansen. »Eine eklige Sache. Im Hilton ist ein Mann mit zertrümmertem Schädel gefunden worden. Und was hast du?«
»Eine Oma mit einer Plastiktüte über dem Kopf. Eine gebürtige Russin – so scheint es. Wer ist der Tote im Hotel?«
»Das erfahren wir gleich. Die Polizei überprüft gerade den PC an der Rezeption. Ich muss Schluss machen, da vorne tut sich was.«
Weg war er.
Beluga und Diavolo
Caviar Beluga Malossol 50 g. Was hatte es mit dem Zeug auf sich? Ich wusste darüber nicht viel – nur, dass es teuer und selten war. Ich hatte die Fischeier vor vielen Jahren probiert – das erste und das letzte Mal. Das war auf einer Schülerparty zur Zeit der Käsespießchen gewesen. Da hatte es auch Toast Hawaii und Kaviar auf Salzkräckern gegeben. Es war eklig, wie sich der Glibber im Mund verflüssigte.
Ich gab den Ausdruck Caviar Beluga Malossol in die Suchmaschine ein. Der Beluga-Kaviar war der teuerste unter den Fischeiersorten. Malossol war die Bezeichnung für ›leicht gesalzen‹. Unter Kennern galt diese Kaviarsorte als besonders delikat.
Ich klickte auf einen Onlineshop, sah die Preise und starrte die Dose mit dem blauen Deckel an. Ihr Inhalt wog fünfzig Gramm und sollte 148 Euro kosten. Der Kilopreis lag bei 2.960 Euro! Falls alle Kartons im Badezimmer der Toten diesen Kaviar enthielten, hatte Ekaterina Schöderlapp ein Vermögen in ihrer Wohnung
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