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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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die Frau herein, die ich in dem anderen Büro sitzen gesehen
hatte.
    »Was für ein Morgen!« sagte sie. »Ich bin seit
halb neun hier, und das ist meine erste Chance, mir mal die Füße zu vertreten.
Mr. Young hat mir gesagt, Sie heißen Sophie. Ich bin Pat.«
     
    In zwei Jahren mehr oder weniger konstanter
Aushilfstätigkeit lernt man, bestimmte Bürotypen zu erkennen, und mir war auf
Anhieb klar, daß Pat in die Kategorie der Märtyrerinnen gehörte. Sie war
mittleren Alters und ein bißchen übergewichtig — die Art von Person, die
immerzu Kekse ißt, aber nie Freude daran hat, weil sie eigentlich gerade eine
Diät macht. Ich wäre jede Wette eingegangen, daß sie dauernd auf Trab war, aber
trotzdem neben ihrem Chef auch all den Händlern den Kaffee kochte und obendrein
auch noch ihre schmutzigen Tassen spülte, wobei sie fortwährend seufzte, sich
aber von niemandem helfen ließ.
    »Ich nehme besser drei Tassen mit«, sagte sie.
»Mr. Young muß inzwischen auch fürchterlichen Durst haben.«
    Falls da so etwas wie ein kritischer Unterton in
ihrer Stimme lag, beschloß ich, ihn zu ignorieren.
    Sie füllte zwei große Becher und merkte, daß der
Kaffee praktisch alle war.
    »Na gut, dann trinke ich halt nur ein
Schlückchen«, sagte sie. »Istja sowieso bald Mittag.«
    »Ich koche noch welchen für Mart... Mr. Young«,
bot ich an.
    »Ach nein, machen Sie sich keine Mühe. Ich
sollte besser wieder ins Büro zurück. Nebenbei, falls es da irgendwas gibt, das
Sie wissen müssen...« Sie war aus der Tür, bevor ich noch reagieren konnte.
    »Wo finde ich Den?« fragte ich ihren sich
entfernenden Rücken.
    Sie blieb abrupt stehen und drehte sich um.
    »Oh. Hat Ihnen das niemand erzählt?«
    »Nein. Was denn?«
    »Warum sollten sie auch? Ich hätte allerdings
gedacht, daß Sie es in der Zeitung gelesen haben«, fuhr sie geheimnisvoll fort.
    »Was?« fragte ich.
    »Denise ist an einem besseren Ort.«
    Als sie es sagte, brach ihre Stimme, und mir
wurde klar, daß sie damit keinen lukrativeren Job meinte. Pat zog ein
Taschentuch aus dem Ärmel ihrer Strickjacke und tupfte sich die Augen.
    »Sie ist auf der Northern Line in der Nähe von
Tooting überfallen worden. Von einem dieser Leute, die gerade aus dem Irrenhaus
entlassen worden sind, wissen Sie. Was für eine Schande! Sie war solch ein
hübsches Mädchen. Und so munter.« Ihre Stimme verlor sich in Nachdenklichkeit.
»Manchen Leuten zu munter, wenn Sie wissen, was ich meine, aber sie hatte eine
Menge Mut.« Pat kam allmählich in Fahrt mit ihrer Geschichte. »Sie hat sich
ganz schön gewehrt. Merkwürdigerweise hatte sie unten im Club einen
Selbstverteidigungskurs gemacht. Die Polizei sagt, genau das hat sie
umgebracht. Wenn sie sich ganz ruhig verhalten hätte, wäre das mit dem Messer
nicht passiert. Aber so war sie halt nicht. Die ließ sich nichts vorschreiben.
Oh nein, nicht unsere Denise...«
    Die letzten Sätze sprachen für mich Bände über
Pats Verhältnis zu der verblichenen Denise. Es hörte sich an, als habe es da
eine Art Machtkampf gegeben. Ich hatte das Gefühl, daß Pat nicht gar so
untröstlich war, Denise los zu sein.
    Ich spürte, wie ich zu zittern begann.
    »Und sie hat in meinem Büro gesessen?« fragte
ich.
    »Ja. Ich finde, das hätte Ihnen wirklich wer
erzählen sollen.«
    »Oh ja«, sagte ich. »Das finde ich auch.«
     
    Martin war den Rest des Tages nicht da. Während
ich Kaffee kochen gewesen war, hatte er einen Zettel auf meinem Schreibtisch hinterlassen,
der besagte: »Laß dich von Pat rumführen. Zurück am späten Nachmittag. Drink?«
Ich hatte gute Lust, den Job auf der Stelle hinzuschmeißen, aber ich beschloß,
zuvor Martin den Kopf zu waschen, weil er mir nichts von dem Mord erzählt
hatte. Er, gerade er, mußte gewußt haben, daß ich die Stelle nicht angenommen
hätte, wenn ich die Umstände gekannt hätte. Ich fühlte mich, als hätte mein
bester Freund mich gelinkt.
    Da ich absolut entschlossen war zu kündigen, gab
es für mich auch nichts zu tun. Mein Geplänkel mit dem Mann in der Küche hatte
mir unter den Händlern keine Freunde gemacht; sie gaben sich alle Mühe, mich zu
ignorieren. Ich saß in meinem gläsernen Büro und fühlte mich wie ein einsamer
Goldfisch im Glas auf der Anrichte.
    Gegen Mittag rief Pat mich an, um zu sagen, sie
sei zu beschäftigt, um zum Essen aus dem Haus zu gehen, aber es gebe eine gute
Sandwichbar ganz in der Nähe, und wenn ich denn schon dort sei, ob ich ihr wohl
zwei Portionen Frischkäse

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