Exodus
Zionistische Siedlungsgesellschaft erwarb unterhalb von Tiberias, an der Stelle, wo der Jordan in den See Genezareth mündet, viertausend Dunam Land, das zum größten Teil aus Moor oder Sumpf bestand. Die Gesellschaft rüstete zwanzig junge Männer und Frauen mit Geld und Lebensmitteln für ein Jahr aus. Sie sollten das Land urbar machen. Yossi begleitete sie, als sie sich aufmachten und am Rande des Sumpfes ihre Zelte aufschlugen. Sie gaben ihrer Neusiedlung den Namen nach den wilden Rosen, die am Rande des Tiberias-Sees wuchsen: Schoschana. Man errichtete drei Schuppen aus
ungehobelten Brettern. Der eine diente als gemeinsamer Speiseraum und Versammlungssaal, der zweite als Scheune und Geräteschuppen, der dritte als Unterkunft für die sechzehn Männer und die vier Frauen.
Im ersten Winter wurden die Schuppen ein dutzendmal durch Wind und Wasser umgerissen. Straßen und Wege waren so morastig, daß die Neusiedler für lange Zeit von der übrigen Welt völlig abgeschnitten waren. Schließlich waren sie gezwungen, in ein nahegelegenes Araberdorf auszuweichen und dort den Frühling abzuwarten.
Yossi kehrte im Frühling nach Schoschana zurück, als es dort ernstlich an die Arbeit ging. Die Sümpfe und Moore mußten Meter für Meter zurückgedrängt werden. Man pflanzte Hunderte von australischen Eukalyptusbäumen an, die das Wasser aufsaugen sollten. Entwässerungsgräben wurden gezogen. Alles mußte mit der Hand gemacht werden, eine mörderische Arbeit. Die Gruppe arbeitete vom Morgen bis zum Abend, und ein Drittel lag beständig mit Malaria darnieder. Das einzige bekannte Mittel dagegen war die arabische Heilmethode, die Ohrläppchen anzustechen und Blut abzuzapfen. Sie arbeiteten in der höllischen Hitze des Sommers, und der Schlamm ging ihnen bis an die Hüften.
Im zweiten Jahr war schon ein gewisser Erfolg dieser Schufterei zu sehen: ein Teil des Landes war urbar. Jetzt mußten die Steine mit Eselsgespannen von den Feldern geschleppt und das dichte Unterholz abgehackt und verbrannt werden.
In Tel Aviv setzte Yossi seinen Kampf um weitere Unterstützung des Experimentes fort. Er hatte etwas sehr Erstaunliches entdeckt. Die Sehnsucht, sich eine Heimat zu schaffen, war so stark, daß diese zwanzig Leute bereit waren, die schwerste Arbeit ohne Bezahlung auf sich zu nehmen.
In Schoschana nahmen die Strapazen und Schwierigkeiten kein Ende. Doch nach dem zweiten Jahr war schon so viel Land urbar gemacht, daß man an den Anbau denken konnte. Das war ein kritisches Unternehmen, denn die meisten Angehörigen der Gruppe hatten keine Ahnung von Landwirtschaft, ja sie wußten kaum, was der Unterschied zwischen einer Henne und einem Hahn war. Sie versuchten den Anbau auf gut Glück, und das Ergebnis war in den meisten Fällen ein Mißerfolg. Sie wußten nicht, wie man mit dem Pflug eine gerade Furche zieht, wie man sät oder eine Kuh melkt, oder wie man Bäume pflanzt. Der Boden war für sie ein ungeheures Rätsel.
Doch sie gingen dem Problem der Bodenbestellung mit der gleichen zähen Entschlossenheit zu Leibe wie dem Sumpf. Nachdem der Sumpf entwässert war, mußte der Boden künstlich bewässert werden. Zunächst wurde das Wasser in Kanistern auf Eselsrücken vom Fluß herangebracht. Man experimentierte mit einem arabischen Wasserrad und versuchte es mit Brunnen. Aber schließlich legten sie Bewässerungsgräben an und bauten Dämme, um das Wasser der winterlichen Regenfälle aufzufangen.
Nach und nach gab das Land seine Geheimnisse preis. Oftmals, wenn Yossi nach Schoschana kam, verschlug ihm die unvergleichliche Moral dieser Neusiedler den Atem. Sie besaßen nur das, was sie auf dem Leib trugen, und selbst das war genossenschaftliches Eigentum. In dem gemeinsamen Speiseraum verzehrten sie die denkbar kärglichsten Mahlzeiten, hatten gemeinsame Waschräume und schliefen alle unter ein und demselben Dach.
Die Araber und Beduinen sahen mit Erstaunen, wie die Siedlung Schoschana langsam, aber stetig wuchs. Als die Beduinen feststellten, daß mehrere hundert Morgen Land kultiviert waren, beschlossen sie, die Juden zu vertreiben. Alle Feldarbeit mußte von nun an unter dem Schutz bewaffneter Wachtposten verrichtet werden. Zu der Malaria und dem Überfluß an Arbeit kam nun auch das Problem der Sicherheit. Nach einem unerhört harten Arbeitstag auf den Feldern mußten die ermüdeten Siedler die Nacht über Wache stehen. Doch sie gaben Schoschana nicht auf und ließen sich durch ihre Isoliertheit und Unwissenheit,
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