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Falkengrund Nr. 31

Falkengrund Nr. 31

Titel: Falkengrund Nr. 31 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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nichts wusste. Zuletzt soll ein Filmteam dort verschwunden sein. Falkengrund gehört zu den berühmtesten Spukhäusern Ihres Landes.“
    „Dann haben Sie es sich bestimmt schon angesehen.“
    „Ich war stets mit anderen Dingen beschäftigt“, bemerkte Sir Darren ungewöhnlich kleinlaut.
    „Würden Sie mit mir hinfahren? Es sind nur ein paar Kilometer.“
    „Warum interessieren Sie sich dafür, Herr Hotten?“
    Das war eine ausgezeichnete Frage. Ganz genau wusste Werner es selbst nicht. Seit den Vorkommnissen bei der Konfirmation seiner Nichte ließ ihn der Gedanke nicht mehr los, dass die Welt, die wir mit unseren Sinnen erfuhren, nur die Oberfläche von etwas weitaus Komplexerem darstellte. Er begann Bücher über Parapsychologie, Okkultismus und Spiritismus zu lesen und Augen wie Ohren offenzuhalten für ungewöhnliche Ereignisse. „Das Virus hat mich gepackt“, antwortete er nur und hoffte, dass sein Gegenüber verstand.
    „Wo haben Sie dieses Buch her?“ Sie saßen in einem gepflegten Café. Der schwarze Tee, den Sir Darren bestellt hatte, stand unangetastet auf dem Tisch – er hatte nur einmal daran geschnuppert und sich dann davon abgewandt. Offenbar war es nicht seine Sorte.
    Werner berichtete von der Szene auf dem Flohmarkt. „Dr. Schlichter hatte wohl vor, von einem Wohnwagen im Garten aus das Schloss zu untersuchen. Augenzeugen in Wolfach sahen ihn hinauffahren. Es dauerte eine Woche, bis jemand nachsah und die Polizei einschaltete. In dieser Zeit müssen spielende Kinder auf den verlassenen Wohnwagen aufmerksam geworden sein. Das Mädchen vom Flohmarkt ist in den Caravan eingedrungen und hat dieses Notizbuch an sich genommen. Sie ahnt sicher nicht, in welcher Gefahr sie sich befand. Eigentlich müsste ich es der Polizei aushändigen, ich weiß. Aber ich glaube nicht, dass man dort viel damit anfangen könnte. Für die Beamten steht doch nur wirres Zeug drin. Sie, Sir Darren, könnten diesem Text viel mehr entnehmen.“ Werner blinzelte. „Habe ich recht?“
    Der Brite blieb ihm die Antwort schuldig.
    „Wussten Sie, dass Falkengrund Ende des 19. Jahrhunderts für ein paar Jahre eine Art Schule für Okkultes war?“, bohrte Werner weiter.
    „Durchaus“, erwiderte Sir Darren, aber Werner hielt es für möglich, dass er log. Darren spielte den großen Fachmann, doch er war noch zu jung, um zu sein, was er sein wollte. Er musste noch vieles lernen. Das Merkwürdige war, dass Werner sich von diesem arroganten Schnösel mehr angezogen als abgestoßen fühlte. Er sah etwas Großes in ihm. Darren mochte ein Snob sein, aber kein Scharlatan. Sein Interesse an dem Übernatürlichen war zu hundert Prozent authentisch. Mehr noch: Er war bereit, sein gesamtes Leben mit allem Drum und Dran der Erforschung des Okkulten zu opfern, und diese Entschlossenheit umgab ihn wie eine Aura.
    „Ich habe mich gefragt“, meinte Werner nahezu beiläufig, „ob man dort oben nicht wieder so eine Schule einrichten könnte. Natürlich nur, wenn die Gefahr durch den Spuk nicht mehr bestünde …“
    Sir Darren starrte ihn an, und für kurze Zeit verschwand jeglicher Dünkel aus seiner Miene. „Fahren wir“, sagte er.

5
    „Erstaunlich, dass der Wohnwagen immer noch hier herumsteht.“ Sir Darren rüttelte an der Tür des kleinen Caravans. Als sie sich öffnete, spähte er nur kurz hinein.
    „Den Kadett hat man weggefahren“, stellte Werner fest. „Ich habe das Gefühl, wir werden auch noch einige der Messgeräte finden.“
    Es war ein klarer Nachmittag, einer der ersten Boten des nahenden Winters. Die Männer hatten beide die Kälte unterschätzt, trugen zu leichte Kleidung und fröstelten. Sir Darren betrachtete lange die ungewöhnliche, mit mysteriösen Reliefs verzierte Rückseite des Schlosses, und Werner schoss einige Fotos davon.
    „Lorenz von Adlerbrunn wurde 1848 in der Nähe von Straßburg geboren“, erklärte Werner, „als ältester Sohn des Barons Jakob von Adlerbrunn. Er hatte einen Bruder namens Ralf und drei Schwestern.“ Es war ein eigenartiges Gefühl für ihn, an dieser Stelle die Lebensgeschichte eines Menschen wiederzugeben, dessen Geist nur wenige Meter entfernt auf der anderen Seite der Mauer in irgendeiner Weise existierte. Und nicht nur dort. Ronald Schlichters Aufschriebe ließen keinen Zweifel daran, dass die Macht des Spuks sich auf das gesamte Grundstück erstreckte. „Lorenz war ein ernstes, verschlossenes Kind und galt zunächst als ängstlich.“ Werner blickte sich unwillkürlich

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