Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
weißen Kastenwagen Aufmerksamkeit schenkte, in dessen Schatten sie stand.
    Handgeschriebene Lettern bildeten in einem Halbkreis eine Aufschrift. Sie reichten sogar über die Horizontale hinaus nach unten. Der Künstler hatte sich wohl verschätzt. Die Aufschrift war auf den ersten Blick schlecht zu entziffern, da Isabel sehr dicht davor stand.
    Eagle Sundomes.
    Sie schnappte nach Luft.
    Das Auto gehörte dem hageren Indio, den sie in der Woodstock-Dokumentation gesehen hatte! Er verkaufte die schrecklichen Schneekugeln, von denen sie eben eine zerschmettert hatte. In der Diele von ...
    Nein. In ihrem Traum. Es war gut, dass es nur im Traum geschehen war. Es hätte ihr nicht behagt, ihren Eltern wehgetan zu haben.
    Isabel sah an sich herab. Sie trug den purpurroten Hausanzug mit der gelben Sonnenblume auf der Brust ...
    Was um alles in der Welt hatte sie in einem Hausanzug mitten auf einer Wiese zu suchen? Weit und breit waren keine Häuser und Straßen zu sehen, nur Gras, sanfte Hügel und Senken, eine Handvoll Menschen und dieser improvisierte Parkplatz.
    Außerdem hätte sie freiwillig eine solche Kluft niemals angezogen. Was war los mit ihr? Hatte sie das Gedächtnis verloren?
    Oder gleich den Verstand?
    Eagle Sundomes.
    Sie umrundete den Lieferwagen und warf einen Blick ins Fahrerhaus. Von dem Indio, den man im Fernsehen interviewt hatte, war nichts zu sehen. Der Mann, der in dreißig Metern Entfernung aus seinem Wagen gestiegen war, sah jetzt zu ihr herüber, prüfend, wie es schien. Ja, er trug ein Lederoutfit.
    Isabel begriff. Sie machte sich verdächtig, wenn sie um das Fahrzeug schlich. Für ihn musste es so aussehen, als versuche sie etwas zu stehlen.
    Der Mann kam näher, schien es sogar eilig zu haben. Isabel war versucht, die Flucht zu ergreifen. Aber wohin sollte sie sich wenden? Sobald sie sich von dem Parkplatz entfernte, gab es nur das offene Feld. Er konnte bestimmt schneller rennen als sie, und sie würde nicht weit kommen.
    „Seid gegrüßt, Lady! Ein eigenwilliges Kostüm!“ Der Mann hatte einen winzigen Schnurrbart und mehrere Piercings in den Augenbrauen. Und er sprach Englisch – amerikanisches Englisch. „Ein bisschen unpassend für die Gelegenheit, am I right?“
    Ihr fiel keine Antwort ein. Dass ihre Klamotten das Letzte waren, wusste sie selbst. Am liebsten hätte sie gefragt, wo sie sich hier befand. Doch dazu fehlte ihr der Mut. Ihre Erinnerung würde schon zurückkommen. Vielleicht hatte sie ja einen Unfall gehabt. Sie musste unter Schock stehen.
    Erst jetzt warf sie einen Blick auf die Nummernschilder der Autos.
    Amerikanische Kennzeichen!
    „Nein“, entfuhr es Isabel. Sie war ganz sicher, in ihrem Leben niemals in den USA gewesen zu sein.
    Allmählich wurde ihr kalt. Eiskalt. Und das lag nicht an der Temperatur, denn die Luft war heiß und schwül. Die dunklen Wolken schienen ein Sommergewitter anzukündigen.
    Der Lieferwagen, diese Umgebung, die Felder, diese Hügel – sie hatte eine ähnliche Gegend schon einmal gesehen! Auf einem Video. Nicht einmal, nein, hundertmal hatte sie diesen Ort gesehen.
    Die Stimmen wurden lauter, der Wind trug sie her. Und mit ihnen das ekstatische Wummern des Schlagzeugs, das Kreischen der Gitarren.
    Sie konnte nicht verhindern, dass das Wort über ihre Lippen kam, leise, wie ein Hauch: „Woodstock ...?“
    Der Mann machte ein finsteres Gesicht, die ganze Zeit über schon. „Ein ausländischer Gast“, stellte er ernst fest. „An Ihrer Aussprache sollten Sie noch arbeiten, Lady. Es heißt nicht Wood stock , sondern Wood stake . Wo haben Sie Ihren?“
    „Where do I have my what?“ Isabel wich unwillkürlich vor ihm zurück, bis sie den Lieferwagen im Rücken spürte. Dann schob sie sich Stück für Stück an dem Fahrzeug entlang. Der Mann wurde ihr unheimlich.
    „Na, Ihren Woodstake? Verstehen Sie das Wort nicht? Wood - Stake?“
    Isabel verstand. In Englisch hatte sie immer akzeptable Noten geschrieben. Das musste „Holzpflock“ bedeuten, auch wenn sie gedacht hatte, dass man auf Englisch eher „wooden stake“ sagen würde. Was um Himmelswillen meinte er damit? Zu „Holzpflock“ fielen ihr nur die Vampirfilme ein, die sie gesehen hatte.
    Erst jetzt bemerkte sie das Stück Holz, das der Fremde in der linken Hand trug. Es war etwa so lang wie sein Unterarm, aber dünner. Und es hatte eine Spitze am einen Ende.
    In seinen blauen Augen blitzte etwas auf.
    Isabel stieß sich ab und begann zu rennen. Ohne sich umzusehen, hetzte sie hinter

Weitere Kostenlose Bücher