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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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ihren leergegessenen Schalen. Melanie hatte den Blick ebenfalls abgewandt und schien nachzudenken.
    „Natürlich dachte ich, ich hätte geträumt“, fuhr Isabel fort und räusperte sich. Ihre Stimme war vom Erzählen rau geworden. „Aber nein. Ich weiß nicht, was es war – nur, ein Traum war es nicht.“ Mit einem wehmütigen Lächeln, drehte sie den Kopf und zeigte ihrem Gegenüber das silberne Kreuz, das sie als Ohrhänger trug – auf dem Kopf stehend. Es hatte an jedem Ende einen winzigen Rubin.
    „Das Erinnerungsstück meiner Mutter“, meinte sie. „Ich hatte es bei mir, als ich in der Diele zu mir kam. Zuerst riss sie es an sich und weinte. Dann behauptete sie, sie brauche es nicht mehr, und gab es mir. Irgendwie war sie erwachsener als vorher. Ich habe später versucht, ihr zu erklären, woher ich es habe, aber sie verstand es nicht. Was man ihr kaum übel nehmen kann.“
    „Du warst also wirklich in dieser ... anderen Welt?“
    „Oder die Welt war in mir. Eine Gothic-Version von Woodstock. Tod statt Liebe. Ich hatte mir immer vorgestellt, wie furchtbar es sein müsse, auch nur fünf Minuten zwischen all den nach Hasch und Schweiß stinkenden Hippies verbringen zu müssen. Aber Wood stake war anders.“
    „Aber es war doch ein furchtbares Erlebnis! Ich verstehe nicht, wie dich so etwas inspirieren konnte, selbst eine ...“
    „Es hat mich geprägt, weil es schlimm war. Auf irgendeine Weise, die ich selbst nicht verstehe, habe ich einigen hunderttausend Menschen das Leben gerettet. Natürlich gibt es diese Menschen nicht, nicht hier, in unserer Realität. Aber ich bin ihnen trotzdem verbunden. Ich habe mich nie so zu Hause gefühlt wie in der kurzen Zeit auf diesem Konzert. Weißt du, was, Melanie? Es gab nie ein Ereignis wie Woodstock für die Grufties, und es wird mit ziemlicher Sicherheit in der Geschichte niemals eines geben. Nur für mich – für mich alleine gab es vielleicht eine Stunde lang etwas Gleichwertiges, und es war kein Traum. Damit trage ich eine Verantwortung. Es ist etwas Religiöses, etwas Tiefes ... Ich könnte mich nicht anders entscheiden, selbst wenn ich es versuchen würde. Ich bin einem Gott begegnet.“
    „Einem blutgierigen Dämon.“
    Isabel hob leicht die Schultern und ließ sie wieder sinken. Nach einer langen Pause sagte sie: „Denkst du, Götter sind weise alte Männer mit langen Bärten, die dir die Wange streicheln, wenn du den Mut verlierst? Ich habe in meinem Leben in dieser Welt hier keinen Gott gesehen oder gespürt – keinen christlichen, keinen heidnischen. Nur in Woodstake. Und dieser Gott war authentisch, das weiß ich, und davon lasse ich mich nicht abbringen.“
    „So, wie ich das verstanden hatte, hast du ihn bezwungen?“
    „Ein Gott ist wie der Tod, Melanie. Tausendmal mächtiger als jeder Mensch, tausendmal ehrlicher und entschlossener als jeder Mensch. Trotzdem kannst du dem Tod manchmal ein Schnippchen schlagen, wenn du leben willst. Einen Monat, nachdem ich das Erlebnis hatte, kratzte ich meine Ersparnisse zusammen und flog nach Mexiko, nach Mitla, in die mixtekische ‚Stadt der Toten’. Dort gibt es ein Bildnis von Xipe Totec. Ich habe mich mit ihm versöhnt.“ Sie atmete tief durch. „Ich glaube, er hat zu mir gesprochen. Er sagte: ‚Der nächste Frühling kommt irgendwann. Dann sehen wir uns wieder.’ Er war mir nicht böse. Götter können Menschen wahrscheinlich gar nicht böse sein, dazu haben sie keinen Grund. Sie haben unendlich viel Zeit.“
    Der Kellner kam an ihren Tisch und meinte: „Entschuldigung, ich habe jetzt Feierabend. Vielleicht könnten sie ...“
    Melanie bezahlte die beiden Eisbecher. Sie war sehr nachdenklich und still geworden.

    ENDE DER EPISODE
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Falkengrund Nr. 11 trägt den Titel „Herrenlose Bestien“.

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