Farm der Tiere - illustriert
Ergreifung Mihailovics. Die britische Presse brachte die Summe für Tito in den Schlagzeilen, aber nur eine Zeitung erwähnte, kleingedruckt, die Summe für Mihailovic, und die Bezichtigungen der Kollaboration mit den Deutschen gingen weiter. Ganz ähnliche Dinge passierten während des Spanischen Bürgerkriegs. Auch da wurden die Parteien auf der republikanischen Seite, die zu vernichten die Russen entschlossen waren, in der linken englischen Presse rücksichtslos verleumdet, und jeder Aussage zu ihrer Verteidigung, und sei es in Briefform, wurde die Veröffentlichung verweigert. Gegenwärtig wird nicht bloß jede ernsthafte Kritik an der UdSSR als verwerflich betrachtet, in einigen Fällen wird sogar die Tatsache verheimlicht, daß es eine solche Kritik gibt. Ein Beispiel: Trotzki hatte kurz vor seinem Tod eine Stalin- Biographie geschrieben. Man darf vermuten, daß es ein ganz und gar nicht unparteiisches Buch gewesen ist, aber offensichtlich ließ es sich verkaufen. Ein amerikanischer Verleger wollte es herausbringen, und das Buch war im Druck - die Rezensionsexemplare hatte man, glaube ich, bereits verschickt -, da trat die UdSSR in den Krieg ein. Das Buch wurde sofort zurückgezogen. In der britischen Presse stand nie ein Wort darüber, obwohl die Existenz eines solchen Buches und seine Unterdrückung eindeutig eine Meldung war, die einige Absätze verdiente.
Die Unterscheidung zwischen der Art Zensur, die sich die englische literarische Intelligenz freiwillig auferlegt, und der Zensur, die manchmal von den Interessengruppen aufgezwungen werden kann, ist wichtig. Berüchtigtermaßen können bestimmte Themen auf Grund »rechtmäßiger Interessen« nicht diskutiert werden. Der bekannteste Fall ist der patentierte Medikamentenschwindel. Auch die katholische Kirche besitzt beträchtlichen Einfluß in der Presse und kann an ihr lautwerdende Kritik zu einem gewissen Grade zum Verstummen bringen. Ein Skandal, in den ein katholischer Priester verwickelt ist, wird fast nie publik gemacht, wohingegen ein anglikanischer Priester in Schwierigkeiten (z. B. der Rektor von Stiffkey) auf der Titelseite erscheint. In den allerseltensten Fällen kommt so etwas wie eine antikatholische Tendenz auf der Bühne oder im Film vor. Jeder Schauspieler kann Ihnen sagen, daß ein Stück oder ein Film, in dem die katholische Kirche angegriffen oder veralbert wird, mit einem Presseboykott rechnen muß und wahrscheinlich eine Pleite wird. Doch so etwas ist harmlos, oder wenigstens doch verständlich. Jede große Organisation wird nach besten Kräften ihre Interessen wahren, und gegen offene Propaganda ist nichts einzuwenden. Man würde vom Daily Worker ebenso wenig erwarten, daß er ungünstige Fakten über die UdSSR publiziert, wie vom Catholic Herald, daß er den Papst denunziert. Aber andererseits weiß jeder denkende Mensch, wofür der Daily Worker und der Catholic Herald stehen.
Das Beunruhigende ist, daß man, geht es um die UdSSR und ihre Politik, keine intellektuelle Kritik, ja in vielen Fällen nicht einmal schlichte Ehrlichkeit von liberalen Autoren und Journalisten erwarten kann, die keinem direkten Druck ausgesetzt sind, ihre Meinungen zu verfälschen. Stalin ist sakrosankt, und gewisse Aspekte seiner Politik dürfen nicht ernstlich diskutiert werden. Diese Regel ist seit 1941 beinahe ohne Einschränkung befolgt worden, aber funktioniert hat sie schon zehn Jahre früher, und zwar in weit größerem Ausmaß, als einem manchmal klar ist. Während dieser ganzen Zeit konnte sich Kritik am Sowjet- Regime von der Linken nur schwer Gehör verschaffen. Es gab eine Flut antirussischer Literatur, doch beinahe alles davon kam aus der Ecke der Konservativen und war ganz offenbar unaufrichtig, überholt oder von niederen Motiven angetrieben. Auf der anderen Seite gab es einen gleich großen und beinahe ebenso unaufrichtigen Strom prorussischer Propaganda und einen Quasiboykott an jedem, der versuchte, hochwichtige Fragen wie ein Erwachsener zu diskutieren.
Man konnte zwar antirussische Bücher veröffentlichen, doch dann hatte man gleichzeitig die Gewähr, fast von der gesamten Intellektuellenpresse ignoriert oder entstellt wiedergegeben zu werden. Öffentlich und privat wurde man gewarnt, daß dies »unschicklich« sei. Was man sage, stimme möglicherweise, doch es sei »inopportun« und »spiele in die Hände« dieses oder jenes reaktionären Interesses. Diese Haltung wurde gewöhnlich mit der Begründung verteidigt, daß die
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