Feindgebiet
oder einen Tahn-Soldaten handelte. Sie hatten die Überreste von Wichmans Armee von hinten angegriffen und sie in alle Winde zerstreut.
Sten und Alex standen im Hof und hörten dem General zu. Er war sehr stolz auf sich und seine Männer.
›Warum auch nicht?‹ fragte sich Sten, dumm vor lauter Müdigkeit. ›Wenn ich erst einmal sechs Monate geschlafen habe, kaufe ich ihm auch ein Bier. Wenn ich genauer darüber nachdenke, kaufe ich jedem in seiner Einheit soviel Alk, wie er trinken kann; oder von mir aus auch irgend eine andere Droge, ganz nach Wunsch‹, verbesserte er sich. Er wandte sich an Kilgour, um ihm vorzuschlagen, sich gemeinsam einen Platz zu suchen, wo man sich endlich hinhauen konnte – in diesem Moment riss der Schotte plötzlich sein Gewehr von der Schulter.
Senior Captain Lo Prek zielte sehr sorgfältig. Er war den Angreifern nach Koldyeze gefolgt, und niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn zu fragen, was er dort eigentlich zu suchen hatte.
In Koldyeze selbst hatte er sich eine geeignete Position gesucht und abgewartet. Vielleicht befand sich Sten innerhalb der Mauern, vielleicht außerhalb. Aber er wusste, dass er seine Chance bekommen würde.
Ihm war es egal, mit ansehen zu müssen, wie Wichmans Armee ausgelöscht wurde, und auch der Anblick der siegreichen Truppen des Imperiums ließ ihn kalt. Das war nicht der Krieg, den er kämpfte.
Jetzt war der Moment gekommen, an dem all seine Mühen belohnt wurden: dort unter ihm stand der Mann, der seinen Bruder ermordet hatte.
Als er Sten im Visier hatte, schlug sein Herz laut; er zielte und wusste, dass er nur einen einzigen Schuss hatte.
Sten und der General des Garderegiments warfen sich zu Boden, als Kilgour einen langen Feuerstoß schräg nach oben schickte, der das Kathedralenfenster über ihnen in tausend Teile zerfetzte.
Kilgour senkte die Waffe.
»Was war –«, brachte Sten mit Mühe heraus. Alex deutete mit dem Lauf auf etwas.
Aus dem Fensterrahmen kippte ein Körper nach vorne und blieb dann regungslos dort oben hängen.
»Blöder Scharfschütze«, sagte Kilgour.
Sten erhob sich mühsam. Für ihn war der Krieg vorbei.
Die Leiche von Senior Captain Lo Prek wurde schließlich von einem Aufräumkommando, das aus Tahn-Zivilisten unter der Führung eines Gesundheitsexperten des Imperiums bestand, eingesammelt, auf einen A-Grav-Gleiter geladen und außerhalb der Stadtgrenzen transportiert, wo sie, zusammen mit vielen tausend ebenfalls anonymen Leichen, verbrannt wurde. Und der Krieg war vorbei.
Kapitel 56
Das Kapitulationsdokument bestand aus einem kleinen Stück schmuddelig weißem Pergament. Das Dokument war relativ kurz, denn es gab keine Konditionen. Die Kapitulation war völlig bedingungslos.
Nachdem das Dokument von beiden Seiten unterschrieben worden war, waren die Tahn dem Ewigen Imperator auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Das Dokument lag auf einem kleinen Tisch mit Leinendecke. Hinter dem Tisch saß Ian Mahoney, der Vertreter des Ewigen Imperators und neu ernannte Generalgouverneur für das Gebiet des ehemaligen Tahn-Reichs. Der Tisch und der Stuhl waren die einzigen Möbelstücke in dem riesigen Bankettsaal der Normandie .
In genau diesem Raum hatte sich die verhängnisvolle Katastrophe ereignet, die den Krieg ausgelöst hatte. An jenem Tag war der Saal voller Tische gewesen, auf denen Delikatessen standen, die darauf warteten, von den höchsten Diplomaten der Tahn verspeist zu werden. Damals hatte man ein ganz anderes Dokument unterschrieben: einen Friedensvertrag. Und der Ewige Imperator selbst hatte den Vorsitz geführt. Leider endete die Zusammenkunft mit Mord und dem Verrat an beiden Lagern.
Heute hielt sich der Ewige Imperator fern. Seine vorsätzliche Abwesenheit sollte die Demütigung der Tahn vorsätzlich vergrößern. An seiner Stelle waren Mahoney, flankiert von seinen beiden höchsten Adjutanten, und die ringsum an den Wänden aufgereihten ranghöchsten Offiziere der Imperialen Flotte erschienen.
Auf der anderen Seite des Saales, nur teilweise von einem notdürftig drapierten Vorhang abgeschirmt, stand das Livie-Team, das das Ereignis zur Ausstrahlung im gesamten Imperium aufnahm.
Das Hauptportal glitt mit einem Zischen zur Seite, und Colonel Pastour kam herein. Er war der einzige Überlebende des Tahn-Rats. In wenigen Augenblicken war er nur noch ein einfacher Bürger. Der Ewige Imperator hatte angeordnet, dass es auf den Welten der Tahn nach der Unterzeichnung der
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