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Feldblumen

Feldblumen

Titel: Feldblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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wurden auf einem andern Sirius gesehen - aber es waren zwei Weltkörper, und eine Wucht von Leben trugen sie ungekannt durch ihren öden Weltraum.
    Oft und oft, wenn ich die ewigen Sterne sah, diese glänzenden Tropfen, von dem äußeren, großen Weltenoceane auf das innere blaue Glöcklein hereingespritzt, das man über uns Infusionsthierchen gedeckt hat - wenn ich sie sah und mir auf ihnen dachte dieses Unmaß von Kräften und Wirkungen, die zu sehen und zu lieben ich hienieden ewig ausgeschlossen bin; so fühlte ich mich fürchterlich einsam auf der Insel »Erde« - - und sind denn nicht die Herzen eben so einsam in der Insel »Körper?« Können sie einander mehr zusenden, als manchen Strahl, der noch dazu nicht immer so freundlich funkelt, als der von den schönen Sternen? Wie jene Herzen des Himmels durch ein einziges, ungeheures Band verbunden sind, durch die Schwerkraft, sollten auch die Herzen der Erde verbunden sein durch ein einziges, ungeheures Band - die Liebe - - aber sind sie es immer??
    Noch sind Kriege, noch ist Reichthum und Armuth.
    Was hat denn der unergründliche Werkmeister vor mit dem Goldkorne, Mensch, das er an einen wüsten Felsen klebt, dem gegenüber der glänzende Sand einer endlosen Küste schimmert, der Saum eines unentdeckten Welttheils? und wenn dereinst ein Nachen hinüberträgt, wird da nicht etwa wieder eine neue, schönere Küste herüberschimmern? - -
    Ich weiß nur das Eine, Titus, daß ich alle Menschen, die eine Welle dieses Meeres an mein Herz trägt, für dieß kurze Dasein lieben und schonen will, so sehr es nur ein Mensch vermag - ich muß es thun, daß nur etwas, etwas von dem Ungeheuren geschehe, wozu mich dieses Herz treibt. - Ich werde oft getäuscht sein, aber ich werde wieder Liebe geben, auch wenn ich nicht Liebe glaube - nicht aus Schwäche werde ich es thun, sondern aus Pflicht. Haß und Zank zu hegen oder zu erwiedern ist Schwäche, - sie übersehen und mit Liebe zurückzahlen, ist Stärke.
    Es ist tief in der Nacht, lebe wohl, guter, geliebter Mensch
     
     
     
     

5. Nachtviole
     
    11. Mai 1834.
    Schon wieder muß ich die Nacht zu Hilfe nehmen, und wer weiß es, ob ich sie nicht verschreibe, bis die helle Morgendämmerung durch meine Fenster scheint; in dieser gehobenen Stimmung ist an keinen Schlaf zu denken. Und sollte ich thöricht und lächerlich im höchsten Grade sein, - Titus, Dir muß mein Herz offen liegen - aber es ist geschwellt, schwärmend und genugsam verrückt. Ich spielte und scherzte in Haimbach mit gewissen Wünschen und Verhältnissen, und der Himmel strafte mich mit einer verkehrten Gewährung. Höre nur. Ich weiß nicht, ob damals, als wir beide zugleich in Wien waren, in der Mitte des Paradiesgartens ein schwarzer erhabner Spiegel auf einem Untersatze angebracht war - den Garten kennst Du - kurz, jetzt ist ein solcher Spiegel da und ein Theil der Stadt, die grünen Bäume und der Rasenplatz vor derselben und der Ring der Vorstädte steht in niedlicher Kleinheit darinnen durch die Schwärze des Spiegels in einer Art Dämmerungsdüster schwimmend. An diesem Spiegel stand, als mich heute Mittags, wo fast gar keine Menschen in dem Garten sind, meine gewöhnliche Frühlingsspaziersucht vorbeiführte, ein Weib, durch ihren Bau, den ich nur von rückwärts sah, große Schönheit versprechend, und sah hinein. Ich blieb stehen und zeichnete mit den Augen die wirklich ausnehmend schöne Gestalt - deßhalb war ich fest entschlossen, auch ihr Angesicht zu sehen. Ich stellte mich ruhig hinter sie, um ihr Weggehen zu erwarten; denn mich ihr gegenüber zu stellen, war ich nicht dreist genug.
    Als sie immer und immer stehen blieb, malte ich im Gedanken die lächerliche Gruppe, die wir bildeten, und hiedurch kam mir der Muth, sie zum Umsehen zu zwingen, nämlich ich sagte plötzlich: »Eine wahre Unterweltbeleuchtung schwebt über diesem kleinen Nachbilde.« Sie sah auch um - und ich prallte fast zurück. - - - Von meiner Kindheit an war immer etwas in mir, wie eine schwermüthig schöne Dichtung, dunkel und halbbewußt, in Schönheitsträumen sich abmühend - oder soll ich es anders nennen, ein ungeborner Engel, ein unhebbarer Schatz, den selber die Musik nicht hob - - in diesem Augenblicke hatte ich das Ding zwei Spannen breit meinen Augen sichtbar gegenüber. -
    War sie so unermeßlich schön?
    Ich weiß es nicht, aber es war mir wie einem Menschen, der in dunkler Nacht wandert in vermeintlich unbekannter Gegend - auf einmal geschieht ein Blitz - und

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