Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
PROLOG
N ac h Haus e
I ch klammerte mich am Ledersitz fest und spürte, wie mein Herz in die Tiefe sank und elend zurückblieb, als das Privatflugzeug in den Himmel stieg und über Indien hinwegschoss. Ich konnte das Loch in meiner Brust spüren. Alles, was von mir übrig war, war eine ausgehöhlte Schale, dumpf und leer.
Das Schlimmste war … Ich hatte mir das selbst angetan.
Wie war es möglich, dass ich mich verliebt hatte? Und in jemanden, der so … kompliziert war? Die vergangenen Monate waren wie im Fluge vergangen. Irgendwie hatte es sich ergeben, dass ich von meinem Ferienjob in einem Zirkus auf einmal mit einem verwunschenen indischen Prinzen in seine Heimat gereist war, in dem Bemühen, ihn zu erlösen, gegen unsterbliche Geschöpfe gekämpft und versucht hatte, eine uralte Prophezeiung zu entschlüsseln. Nun war mein Abenteuer vorüber, und ich war wieder allein.
Ich konnte kaum glauben, dass ich mich erst vor wenigen Minuten von Mr. Kadam verabschiedet hatte. Er hatte nicht viel gesagt. Er hatte mir nur sanft den Rücken getätschelt, als ich ihn fest an mich drückte und ihn nicht mehr loslassen wollte. Schließlich hatte sich Mr. Kadam aus meinem eiserenen Griff gelöst, mir tröstende Worte zugeflüstert und mich dann der Obhut seiner Ur-ur-ur-urenkelin Nilima überlassen.
Glücklicherweise ließ mich Nilima im Flugzeug in Ruhe. Ich wollte keine Gesellschaft. Sie brachte mir Mittagessen, aber ich bekam keinen Bissen herunter. Das Essen war bestimmt köstlich, aber mir war, als befände ich mich am Rand einer Treibsandgrube. Jeden Augenblick könnte ich in den Schlund der Verzweiflung hinabgesogen werden. Das Letzte, was ich wollte, war Essen. Ich fühlte mich ausgelaugt und leblos.
Nilima räumte den Teller ab und versuchte, mich mit meinem Lieblingsgetränk – eiskaltes Zitronenwasser – aufzumuntern, aber ich rührte es nicht an. Ich starrte das Glas eine gefühlte Ewigkeit an, beobachtete, wie sich an seiner Außenseite Wassertropfen bildeten und herabperlten.
Ich versuchte zu schlafen, um alles zumindest für ein paar Stunden vergessen zu können – aber die dunkle, friedvolle Besinnungslosigkeit wollte sich nicht einstellen. Erinnerungen an meinen weißen Tiger und den jahrhundertealten Fluch, der ihn gefangen hielt, gingen mir durch den Kopf, während ich ins Nichts starrte. Ich sah zu dem leeren Sitz mir gegenüber, blickte aus dem Fenster oder betrachtete ein blinkendes Licht an der Wand. Gelegentlich fiel mein Blick auf meine Hand, und ich fuhr mit dem Finger über die Stelle, an der sich Phets unsichtbare Hennazeichnung befand.
Nilima hielt mir einen MP 3 -Player mit indischer und amerikanischer Musik hin. Ich scrollte mich durch die Liste der Songs, um die traurigsten Liebeslieder zu finden. Nachdem ich mir die Kopfhörer ins Ohr gesteckt hatte, drückte ich auf PLAY .
Ich öffnete den Reißverschluss meines Rucksacks, um die Steppdecke meiner Großmutter herauszuholen, da erinnerte ich mich, dass ich Fanindra darin eingewickelt hatte. Als ich den Rand der Steppdecke zurückschob, erspähte ich die goldene Schlange, ein Geschenk der Göttin Durga, und stellte sie neben mich auf die Armlehne. Das verzauberte Schmuckstück lag eingerollt da und ruhte. Zumindest nahm ich das an. Ich strich Fanindra über den glatten goldenen Kopf und flüsterte: »Du bist jetzt alles, was mir geblieben ist.«
Nachdem ich die Steppdecke über meinen Beinen ausgebreitet hatte, klappte ich meinen Sitz zurück, starrte zur Flugzeugdecke und lauschte einem Lied mit dem Titel »One Last Cry« . Ich legte mir Fanindra in den Schoß und streichelte ihr über den eingerollten, glitzernden Körper. Das grüne Schimmern der juwelenbesetzten Schlangenaugen tauchte das Flugzeug in ein sanftes Licht und spendete mir Trost, während die leise Musik die Leere in meiner Seele füllte.
1
W es t ern Orego n U niversit y
V iele zermürbende Stunden später landete das Flugzeug auf dem Flughafen in Portland, Oregon. Als meine Füße die Rollbahn berührten, glitt mein Blick vom Terminal zu dem grau bedeckten Himmel. Ich schloss die Augen und genoss die kühle Brise auf meiner Haut. Sie trug den köstlichen Geruch von Wald zu mir heran. Ein paar letzte Regentropfen von dem Schauer, der gerade eben aufgehört haben musste, trafen meine nackten Oberarme. Es fühlte sich gut an, wieder zu Hause zu sein.
Nach einem tiefen Atemzug spürte ich die beruhigende Wirkung, die Oregon auf mich ausübte. Ich war ein Teil
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