Fine, die kleine Blumenelfe
TEIL 1
Die Ausbildung
Kapitel 1
Die Versammlung
Dunkelheit hatte sich über den kleinen Garten gesenkt, aber der freundliche Mond stand strahlend hell am klaren Sternenhimmel und betrachtete die kleine Versammlung von Elfen unter sich. Diese trafen sich wie an jedem Vollmond im kleinen Steingarten bei der Vogeltränke. Der Mond hatte diese Versammlungen schon oft beobachtet, denn sie fanden in jedem Garten statt. Schließlich gab es in jedem Garten Elfen. Aber heute beobachtete er wieder seinen Lieblingsgarten, der so schön romantisch war – besonders im Mondlicht. Und weil das sein Verdienst war, war der Mond natürlich besonders stolz.
Mitten zwischen den geöffneten weißen Blütenblättern einer süß duftenden Rose stand die Elfenkönigin. Sie trug ihr glitzerndes eisblaues Gewand aus feiner Seide und Sternenstaub und hielt ihre Ansprache an die Elfenschülerinnen: »Meine lieben fleißigen Elfen«, begann sie mit ihrer silberhellen Stimme zu reden, »ihr wart in den vergangenen Wochen recht eifrig bei der Arbeit. Und ihr habt gelernt, wie man sich um die Blumen und Bäume kümmert. Für eure Abschlussprüfung teile ich nun jeder von euch bestimmte Pflanzen zu. Um diese kümmert ihr euch dann bis zum nächsten Vollmond. Der Elfenrat und eure Lehrerinnen werden mit mir zusammen nach dieser Zeit beurteilen, wie gut eure Pflege war. So finden wir auch heraus, wo wir euch künftig am besten einsetzen können. Ich verlese nun die Liste, bitte tretet vor, wenn ihr aufgerufen werdet.«
Die zehn kleinen Elfenschülerinnen flatterten aufgeregt mit den kleinen Flügeln. Sie waren noch recht jung und hatten beim letzten Vollmond ihre Lehre als Pflanzenbetreuerinnen bei der Elfenlehrerin Lydia begonnen. Mit ihren zarten Händen hatten sie Pflanzen bewässert, gedüngt, getröstet und mit Elfenenergie versorgt. Wenn sie sich nun gut anstellten, würden sie später einem bestimmten Garten oder Gebiet oder Pflanzengruppen zugeteilt werden. Vielleicht waren sie sogar so gut, eines Tages selbst jungen Elfen die Pflanzenpflege zu lehren. Jede der Elfen hatte natürlich schon bestimmte Wünsche, was sie gerne später arbeiten würde. Aber nur die Königin als weiseste und klügste der Elfen würde ihnen nachher eine Arbeit zuteilen. Trotzdem durfte man sich ja etwas wünschen ... Verträumt blickte die kleinste der Elfen, Fine, auf die prächtigen bunten Pflanzen in dem Garten. Wofür man sie wohl einteilte? Für die stolzen Rosen? Die lustigen Veilchen?
»Fine?«, fragte die Stimme der Königin zum dritten Mal. Hörst du mir überhaupt zu?«
Oje! Fine wurde ganz bleich. Sie hatte der Königin nicht zugehört und ihre Aufgabe verpasst! Mit zitternder Stimme und eifrigem Flügelschlagen erhob sie sich ein bisschen über die Köpfe ihrer Freundinnen, die sie kopfschüttelnd anschauten. »Entschuldigung!«, piepste sie verlegen und blickte ängstlich zur Königin hoch.
Diese schaute in gewohnt liebevoller Art auf ihren Zögling und wiederholte, was sie soeben gesagt hatte: »Fine, du darfst die Gänseblümchen betreuen!«
Enttäuscht nickte Fine, denn Widerworte ziemten sich nicht für eine kleine Elfe, und flatterte auf ihren Platz zurück. Gänseblümchen! Pah! Diese kleinen weißen Dinger, die im ganzen Garten wuchsen. Das war sehr anstrengend, keines zu vergessen, und sie würde ständig hin- und herfliegen müssen und sie war doch so klein. Jammervoll blickte Fine zu Boden, während ihre Freundinnen aufgeregt durcheinanderschwatzten. Die großspurige Doria durfte die Rosen pflegen – ausgerechnet! Und die alberne Miria war den Veilchen zugeteilt worden.
»So«, sagte die Königin, »geht jetzt bitte schlafen, damit ihr morgen früh frisch und munter seid.«
Damit war die Versammlung aufgelöst und alle Elfen schwebten voller Vorfreude nach Hause. Da Elfen ja keine Häuser haben, schlafen sie unter ihren Lieblingsblumen oder – büschen, aber für Elfen war das trotzdem ihr Zuhause. Traurig flatterte Fine im Garten herum und konnte sich nicht recht entscheiden, schlafen zu gehen. Sie war viel zu nervös und sie konnte sich so gar nicht freuen. Unschlüssig flog sie auf einen der hohen Äste von ihrem Freund Alfred, dem Apfelbaum. Er hatte schon geschlafen, wurde aber wach, als ihn der Sternenstaub aus Fines Flügelchen an der Rinde kitzelte.
»Was hast du denn, Fine?«, fragte Alfred.
»Ach«, sagte Fine, »wir dürfen morgen mit unserer Arbeit beginnen, aber man hat mir ausgerechnet die Gänseblümchen
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