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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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herumgealbert. Man mu ß seine Mitarbeiter motivieren, sonst kann man den Kram gleich hinschmeißen. Das kenne ich aus eigener leidvoller Erfahrung.
    Apropos leidvoll: Es ist natürlich ein frommer Wunsch von mir geblieben, da ß PHARMAROX mich hier ganz ohne Beaufsichtigung werkeln lassen würde. Sie haben mir einen gewissen Dr. Gabriel ins Nest gesetzt, der offiziell als Mediziner fungiert, in Wirklichkeit aber ein schmutziger, kleiner Spion ist. Das weiß er, das weiß ich, das wissen alle. Ich mu ß mich mit der permanenten Kontrolle abfinden.
    Ziebold habe ich aus dem Institut »entführt«. Auf den ersten Blick scheint er seinen Beruf verfehlt zu haben. Denn seine täglich wechselnde modische Kleidung und sein geckenhaftes Gehabe passen eher zu einem Dressman als zu einem Wissenschaftler. Während der Arbeit jedoch geht in ihm eine gespenstische Veränderung vor sich, und er verwandelt sich in einen Besessenen. Dann sprudeln die genialen Einfälle förmlich aus ihm heraus. Ein junger, rotzfrecher Karrierist mit Phantasie, der sein 200 Mark teures After-shave nicht einmal mitten in der Wüste Gobi missen möchte. So sieht wohl die nächste Forschergeneration aus.
    Gray dagegen ist mir ganz und gar unsympathisch. Leider kann ich auf ihn nicht verzichten, da er auf seinem Gebiet so eine Art Magier sein soll. Er weiß jetzt schon alles besser und bekrittelt meine Ideen rhetorisch so geschickt, da ß ich von ihrer Absurdität bald selbst überzeugt bin. Wann werden Wissenschaftler einsehen, da ß Phantasie das Wichtigste in diesem Gewerbe ist? Aber ich beschwere mich nicht, sondern danke Gott für diese einzigartige Chance.
    In zwölf Tagen wollen wir mit dem Mischen der Substanzen beginnen. Wenn der erste Tierversuch gelingt, möchte ich mit Rosalie nach Rom fahren und mich eine Woche lang von nichts anderem als Chianti Classico ernähren. Es wird ein rauschendes Fest!
     
     
    2. März 1980
     
     
    Die Suppe ist zubereitet!
    So bezeichnen wir im Labor scherzhaft das Gemisch: die Suppe. Sie besteht zwar aus sechsundsiebzig Versuchsanordnungen mit jeweils unterschiedlichen Substituenten, doch die Unterschiede sind geringfügig, so da ß es sich im wesentlichen um ein und dasselbe Präparat handelt. In einem Meeting, in dem es sehr laut zuging, haben wir Grays Vorschlag, Bakterienkulturen anzulegen, die die Herstellung von Gerinnungsenzymen beschleunigen, und diese dann in »die Suppe« zu integrieren, angenommen. So wie es augenblicklich aussieht, werden wir tausenderlei Experimente anstellen. Ich bin selbst für den verrücktesten Einfall meiner Mitarbeiter empfänglich, obgleich ich von dem Hauptgedanken, die Sache in erster Linie chemisch anzugehen, nicht abrücken werde. Wie man es auch dreht und wendet, die Kernsubstanz mu ß autopolymerisierender Kunststoff bleiben, denn nur dieser allein vermag auf Grund seiner molekularen Struktur zwei Gegenstände schnell und fest miteinander zu verbinden. Lebende Zellen machen da keine Ausnahme.
    Die Idee zu »der Suppe« kam mir vor zehn Jahren, als ich für mein privates Archiv Artikel aus der Zeitung ausschnitt und mich dabei mit der Schere ziemlich an der Hand verletzte. Ganz in die Schnipselei versunken, blickte ich geistesabwesend auf den blutenden Schnitt im Handteller und dann auf den Papierkleber auf dem Tisch vor mir. Plötzlich hatte ich eine Eingebung. Wie praktisch wäre es doch, so dachte ich mir, wenn ich mit dem gleichen Kleber die leicht klaffende Wunde rasch zusammenkleben könnte, anstatt sie erst mit antiseptischem Pulver und Verbandszeug zu verarzten und dann einen schmerzlichen Heilungsprozess über mich ergehen lassen zu müssen.
    Angestachelt von diesem Geistesblitz machten meine Gedanken nun Luftsprünge, während das Blut aus der Wunde fröhlich auf den Tisch plätscherte und die Zeitung rot tränkte. Ich dachte an diesen Gewebekleber, den sogenannten Zweikomponenten-Fibrinkleber, der bei kleineren Verletzungen und bei solchen Operationen bereits zur Anwendung kommt, bei denen das Nähen unmöglich ist, also bei gewissen Innereien wie der Milz und anderen Organen mit einer nicht strapazierfähigen Zellbeschaffenheit. Der Fibrinkleber ist jedoch niemals das gewesen, was er versprach. Er ist zwar gewebeverträglich und vermag vom Organismus gut aufgenommen werden, versagt aber bei klaffenden und bei mechanisch beanspruchten Wunden. Letztendlich kann man ihn nur in Verbindung mit dem klassischen Nähen verwenden. Und so verwundert es kaum, dass

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